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Ich kenne dein Geheimnis

Titel: Ich kenne dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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kitzeln begann und ihr die Tränen in die Augen stiegen. Wenn er jetzt
     noch ihre Hand nähme oder sie sogar streichelte, dann würde sie sofort eine Diät beginnen, ohne Wenn und Aber. Doch ihr Mann
     fuhr ihr nur mechanisch über die Haare. »Du rauchst zu viel, du isst zu viel. Was denkst du, was die |57| Leute sagen, wenn sie dich so sehen? Sie denken, es ist meine Schuld. Ich würde mich nicht genug um dich kümmern … Wir sind
     nicht wie andere Ehepaare, Anna. Wir stehen im Licht der Öffentlichkeit. Das müsstest du doch besser wissen als ich, denk
     an deinen Vater …«
    »Und genau deshalb nimmst du mich nie mit, nicht wahr?« Anna war außer sich. Das Papiertaschentuch, das sie in Händen gehalten
     hatte, bestand nur noch aus Fetzen. Sie dachte an die Worte ihrer Freundin Amanda, dass Männer ihre öffentlichen Auftritte
     unter rein machtstrategischen Gesichtspunkten betrachteten. »Du nimmst mich nicht mit, weil du dich mit mir schämst! Gib es
     zu!«
    »Anna, bitte, fang nicht schon wieder damit an.« Giampiero vermied es, sie anzusehen, um nicht das bisschen Beherrschung zu
     verlieren, das ihm geblieben war.
    Aber Anna war nicht zu bremsen: »Der großartige Wissenschaftler«, höhnte sie, »merkst du denn nicht, wie lächerlich du dich
     mit deinem Gehabe machst? Der Halbgott in Weiß, der geniale Forscher! Vergiss nicht, dass ich die Wahrheit kenne, mein kleines
     Genie.«
    Giampiero warf ihr einen eiskalten Blick zu. »Was willst du damit andeuten?« Er hatte sich ruhig erhoben, doch seine Hände
     zitterten leicht, ganz untypisch für einen Chirurgen. »Genügt dir das Fressen nicht mehr? Musst du jetzt auch noch saufen?«
    »Ich trinke nicht.«
    »Ach nein? Und was hast du unter deiner Wäsche im Schlafzimmerschrank versteckt? Sprich nie wieder in diesem Ton mit mir,
     Anna, sonst …«
    Anna sah ihn entsetzt an, ihr Herzschlag setzte aus. Die Spannung war mit Händen zu greifen. »Giampiero, ich … ich wollte
     nicht …«
    |58| Giampiero Principini stürmte aus dem Zimmer, außer sich vor Wut.
    Erst als die Tür hinter ihm zuschlug, wagte Anna wieder zu atmen. Dieses Mal war sie zu weit gegangen. Noch nie hatte sie
     so mit ihm gesprochen. Wieder war etwas zwischen ihnen zerbrochen, auf ewig zerstört. Unfähig, sich vom Stuhl zu erheben,
     fragte sie sich, was passieren würde, wenn Giampiero von den anonymen Briefen erführe, die sie seit einigen Monaten bekam.
     In allen stand der gleiche Satz: »Ich kenne dein Geheimnis.« Ihr Geheimnis, das einzige Mal, dass sie sich einem anderen Mann
     hingegeben hatte. Plötzlich bemerkte sie, dass ihr Mund völlig ausgetrocknet war.
     
    »Der Professor ist so weit«, hatte José dem Chauffeur zugerufen. Gino saß bereits am Steuer des schwarzen Mercedes 500, der
     vor dem Gittertor der Villa parkte, und las Zeitung.
    Principini stieg in den Wagen und schloss die Tür.
» Buon
giorno
, professore «
, grüßte Gino und blickte in den Rückspiegel. Heute war es besser, die Fahrt schweigend zurückzulegen, das konnte er am Gesichtsausdruck
     seines Chefs ablesen.
    Giampiero sah aus dem Fenster und dachte über den heftigen Zusammenstoß mit Anna nach. Wenn der drohende Imageverlust nicht
     wäre, hätte er diese blöde Kuh längst verlassen. Diese saufende Matrone hatte nichts mehr mit dem schüchternen, adretten Mädchen
     zu tun, das er geheiratet hatte. Ab diesem Moment war es mit der Karriere aufwärtsgegangen, nicht zuletzt durch die Unterstützung
     seines Schwiegervaters. Aber Principini war selbstbewusst genug, um zu wissen, dass auch er seinen Teil zum Erfolg beigetragen
     hatte. Er war strebsam, hatte einflussreiche Freunde und nicht zuletzt einen guten Riecher. Seine Forschungsergebnisse im
     Bereich Pädiatrische Onkohämatologie, Parkinson und Alzheimer |59| hatten europaweit für Aufsehen gesorgt. Im Verborgenen widmete er sich aber auch einträglicheren Geschäften. In der Kosmetikforschung
     arbeitete er mit der Krüger AG zusammen, einer international operierenden Firma, die mit dem Kauf der Marke Donna Diabla vor
     kurzem auch in die Modeszene eingestiegen war.
    Während Gino den Mercedes vor dem Eingang der Klinik Santa Regina parkte, waren Principinis Gedanken von Anna zu seinem Kollegen
     Caccetti gewandert. Ein lästiger Gedanke. Ich muss ihn zur Räson bringen. Seit geraumer Zeit bringt er nicht die gewohnte
     Leistung und ist viel zu nachgiebig. Aber die Zusammenarbeit jetzt zu beenden, wäre hochproblematisch.
    Wie jeden

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