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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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das stammte, weil wir es in der letzten Woche vor den Ferien in Englisch gelesen hatten und einen Aufsatz darüber schreiben mussten. Das Buch war okay, weil es leicht weihnachtlich angehaucht war und alle in die richtige Stimmung versetzte, und außerdem hatte ich eine gute Note bekommen für meinen Aufsatz, also war es ein sicheres Thema, das man zur Sprache bringen konnte. Und manchmal interessierte sich Donald für so Sachen.
    Das Bild auf der Mattscheibe wechselte rasch von der Musikshow zur Werbung. Der erste Spot war knallgelb und warb für ein nach Sommer duftendes Waschpulver. Die knalligen Farben mussten Donald erschreckt haben, weil er sich etwas bewegte, woraufhin der Teller umkippte und Käsewürfel in seinem Schoß landeten und auf den Teppich fielen. Ich würde das alles saubermachen müssen, und wo blieb eigentlich Barbara, die dort draußen im Hagelsturm den Müll seit ungefähr einer Million Jahren entsorgte?
    Ich machte keine Anstalten, den Käse vom Teppich aufzusammeln, und Donald hatte es gar nicht wahrgenommen, obwohl ein paar Würfel zwischen den Falten seines Hemds und seiner Hose steckten.
    »Das ist vielleicht ein Wetter, was?«
    Ich nickte. »Eine Woche lang jeden Tag Hagel, sieht man vom ersten Weihnachtstag ab. Hast du dieses Jahr gewettet?«
    »Ja, wie immer. Und es ist kein weißes Weihnachten, egal wie weiß es ist, solange in London nicht eine Schneeflocke fällt am ersten Weihnachtstag.«
    »Was ist so toll an London?«
    »Dort wird das Wetter aufgezeichnet. Es zählt nur als Wetter, wenn es unten im Süden schneit.«
    Als keiner von uns etwas sagte, konnte man hören, wie der Hagel gegen die Fenster prasselte.
    »Es schneit sogar unter dem Meer, weißt du«, sagte Donald.
    Das war so eine Sache mit meinem Dad – die Hälfte von dem, was er sagte, klang, als könnte es unmöglich wahr sein und als wäre man dumm, wenn man es glaubte.
    Barbara kam herein, große Hagelkörner in den Haaren, die zu einer Art Rolle am Hinterkopf hochgesteckt waren. Ich stand rasch auf und deutete auf Donald und die Käsewürfel.
    »Mir ist gerade eingefallen, dass ich vergessen habe, den Abfallkorb in meinem Zimmer zu leeren. Da ist noch Papier drin, ein paar Orangenschalen und so. Ich gehe wohl besser und bringe es raus?«
    Barbara blickte zu Donald und machte ganz schmale Lippen, wie ein Briefschlitz. Sie nickte mir kurz zu.
    »Zieh deine Jacke an, wenn du rausgehst. Es ist fies draußen. Und wenn du wieder reinkommst, hängst du sie gleich in der Diele über die Heizung. Und pass auf, dass du das Gartentor richtig verriegelst. Ich möchte nicht, dass es die halbe Nacht auf- und zuknallt.«
    Ich rannte aus dem Wohnzimmer, als gäbe es nichts auf der Welt, was ich lieber täte, als meinen Papierkorb zu leeren. Es war nicht wirklich gelogen. Ich ging tatsächlich nach oben und leerte das Papier und die Orangenschalen in eine Tüte, die ich oben zuknotete. Unten in der Küche auf dem Linoleumboden stand ich abwechselnd auf einem Bein, um in meine gebundenen Turnschuhe zu schlüpfen, die ich niemals aufschnürte; außer wenn Barbara zusah. Barbara, die sich wahrscheinlich wünschte, ich wäre nie geboren worden.
    Und dann schnappte ich mir die grüne Flasche neben dem Herd und goss die Hälfte des Inhalts in eine Tasse und ging mit der Tasse und der Tüte hinaus durch die Hintertür, durch den Hagel und den Sturm und das Schwarz zum Gartenschuppen.
    Im Schuppen würde es bestimmt stockdunkel sein und kalt, vielleicht ein bisschen unheimlich, aber ich hatte das Feuerzeug dabei und schwenkte es ein bisschen hin und her, bis ich den Mut hatte, die Tür hinter mir zuzumachen. Es war gar nicht so schlimm. Drinnen standen ein paar Gartenstühle für den Sommer, und einer war bereits aufgeklappt. Bestimmt war das eins von Donalds heimlichen Verstecken. Der Stuhl stand vor dem kleinen buchdeckelgroßen, staubigen Fenster an der Seitenwand. Ich konnte mich hinsetzen und das hell erleuchtete Küchenfenster sehen und die Flasche auf der Anrichte und mein letztes Zeugnis, das am Kühlschrank mit einem Magneten in der Form einer Coca-Cola-Flasche befestigt war. Und die Küchentür stand auf, sodass ich das Flimmern des Fernsehers sehen konnte und eine kleine Ecke der Couch, wo Barbaras Hand u nd Unterarm auf der Lehne ruhten, die Finger nägel in einem komischen Braun lackiert.
    Die gleiche Wichse wie Weihnachten, dachte ich, während ich das Feuerzeug anschnippte. Ich stellte mir vor, die ganze Welt würde in die

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