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Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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mal außer Rand und Band gerieten, und dann war es vorbei.
    Ihr Begleiter sprang von ihrem heimisch gewordenen Stehplatz hinunter und reichte ihr die Hand. »Wollen wir noch ein Glas Wein zusammen trinken?«
    Liane stimmte zu, obwohl sie angesichts der vielen Menschen skeptisch war, ob ihnen das irgendwo gelingen würde. Doch ihr Begleiter entwickelte ein unglaubliches Organisationstalent. Innerhalb kürzester Zeit hatte er einen kleinen Tisch auf dem Marktplatz aufgetrieben und bestellte nicht nur zwei Gläser Wein, sondern auf Spanisch noch einige Häppchen dazu. Jetzt kam sie zum ersten Mal dazu, ihn genauer anzusehen. Er sah wirklich nicht aus wie ein Mann, den eine Frau gern allein herumlaufen lässt. Groß, breitschultrig, ein offenes, ebenmäßiges Gesicht, das von dichten dunkelblonden Locken eingerahmt wurde. Wenn er tatsächlich allein war, war er entweder auf abendlicher Brautschau, wogegen allerdings sprach, dass Liane für ein solches Abenteuer angesichts der Konkurrenz zu alt war, oder er hatte sonst eine Macke.
    »Schöner Zufall«, sagte er, als der Wein kam, und stieß mit ihr an. »Ich heiße Oliver.«
    »Liane.«
    »Passt zu dir.«
    »Wieso?«
    »Deine Augen, dein Gesicht, deine Figur, deine Bewegungen, eine Liane trifft es perfekt, gute Schwingungen, du wirkst wie ein Mensch, der mit sich selbst im Reinen ist. Der in sich ruht, wie es so schön heißt.«
    »Hm.« Er war zum Du übergegangen und redete von Schwingungen. Ein Aussteiger? Ein Esoteriker, der jeden Sonnenaufgang begrüßte?
    Sie nippte am Wein. Er war vollmundig und schmeckte sehr viel besser als der, der ihr vorhin serviert worden war.
    »Lebst du hier?«, wollte sie wissen.
    So, wie er aussah, das lockere weiße Hemd zur Jeans, passte er nicht so richtig in ihr Bild von einem esoterischen Aussteiger.
    »Nur in den Sommermonaten.«
    »Das hört sich gut an.«
    »Ich bin zweiundfünfzig. Irgendwann muss man mit dem Leben anfangen, habe ich vor zwei Jahren beschlossen.«
    »Und im Winter gehst du Skifahren?«
    »So ähnlich.«
    Liane schwieg und nahm noch einen Schluck. »Der Wein schmeckt gut, man merkt, dass du dich auskennst.«
    »Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. Und du?«, wollte er wissen.
    »Ich bin auf der Flucht«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
    »Vor dir selbst aber nicht, das glaube ich nicht.« Er hatte etwas sehr Gewinnendes, wenn er lächelte.
    »Nein«, sagte sie langsam, »vor mir selbst nicht. Oder vielleicht auch ein bisschen?« Sie überlegte selbst beim Sprechen. »Ich bin fünfundvierzig, stecke noch voll in der Arbeitsmühle, habe manches in meinem Leben durch die Arbeit versäumt, bin heute nicht mehr überzeugt, ob es das wert war«, sagte sie nachdenklich, »ja, vielleicht bin ich im Moment vor allem vor mir selbst auf der Flucht.«
    »Und du denkst, dass du dich ausgerechnet auf Ibiza finden kannst?« Sein Lächeln war liebenswürdig, aber er war ein bisschen schmallippig. Da steckte sicherlich noch ein anderer Oliver dahinter als der zugängliche, liebe, der ihr jetzt gegenübersaß.
    »Ich weiß es nicht. Ganz ehrlich, es hat sich in den letzten Tagen so viel ereignet, dass ich selbst nicht mehr weiß, wer ich bin, was ich bin und wonach ich suche. Ursprünglich war es nach einer langen Beziehung nur das neue schöne Kribbeln im Bauch. Jetzt habe ich ein neues Gefühl im Bauch, nur leider kein gutes.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe leichte Bauchschmerzen wegen …« Sie stockte. Warum erzählte sie das ausgerechnet ihm?
    Der Kellner stellte eine Platte mit einer Auswahl an Meeresfrüchten und zwei kleine Teller auf den Tisch.
    »Gutes Essen hilft gegen Weltschmerz!«, sagte Oliver.
    Liane musste lachen. »Das hast du dir bestimmt anders vorgestellt. Da winkt ein lustiger Abend, und dann leidet die Frau unter Weltschmerz.«
    »Für einen lustigen Abend laufen hier genug andere herum.« Er fuhr mit seiner Gabel einmal im Kreis über seinen Kopf. »Eine interessante Frau, die allein unterwegs ist, um sich selbst kennenzulernen, findet man dagegen seltener.«
    Touché, dachte sie. Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. »Und du bist sicher Psychologe und hattest eine gut gehende Praxis für Weltschmerzpatienten.«
    »Nein.« Er lächelte und zeigte mit seiner Gabel auf die Platte. »Den Ibiza-Hummer musst du probieren, das ist hier zusammen mit dem Tintenfisch eine Köstlichkeit.«
    Liane nickte. Dazu kam ihr auch eine Plattitüde in den Sinn: »Essen und Trinken halten

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