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Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Ich schenk mir taeglich rote Rosen

Titel: Ich schenk mir taeglich rote Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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bist?«
    »Jedenfalls nicht bewußt!« sagte Mayva.
    »Dann schau auf deinen Teller. Wir wollen versuchen, unsere Körpersignale rückgängig zu machen.«
    Ein Schatten kam an unserem Tisch vorbei und verschwand. Mayva sah mich verächtlich an. »Die Körpersprache von dem, der eben vorkam, hab’ ich verstanden. Sie lautet: ›Reg dich ab, ich will nur auf die To.‹«
    Manchmal konnte einem Mayva wirklich den Nerv töten. Sie konnte davon halten, was sie wollte, ich war weiterhin der Ansicht, Körpersprache zu verstehen, sei ein echtes Plus.
    Insbesondere was die Körpersprache von Lehrkräften betrifft. Junge, Junge, diese Sprache brauchte ich. Zwei meiner Kinder gingen noch in die High School, und ohne Dolmetscher war ich offen gestanden verratzt.
    Mir ist unklar, was eigentlich im Schulwesen passiert ist, aber im Lauf der letzten Jahre fiel es mir immer schwerer, die Lehrkräfte zu begreifen. Ich verstand neuerdings kaum noch ein Wort von dem, was sie zu mir sagten. Der Elternsprechtag letztes Jahr war ein echter Alptraum.
    Kaum saß ich neben dem Pult, da putzte Mrs. Vucci ihre Brille und sprach: »Nun wollen wir uns ansehen, wie die Beurteilungen von Bruces Lehrkräften lauten. Dem Bericht von Tutor Weems zufolge ist Begabungspotential vorhanden, die Ansätze für korrigierendes Feedback aber sind in jeder Hinsicht unterentwickelt. Somit haben wir deutlich ein Kind vor uns, dem der Zugang zur sozialen Interaktion fehlt.« Ich nickte stumm.
    »Mrs. Wormstead sagt, daß er durch curriculare Variationen nicht stärker motiviert wird.
    Da sie auf jeden Fall verhindern will, daß er in einem hermetisehen System stagniert, versucht sie seine Eigensteuerung zu stimulieren. Mrs. Rensler schreibt hier, er habe Probleme mit den erforderlichen Modifikationen des Lernverhaltens. Man versucht es jetzt mit einem modularflexiblen Stundenplan, was hoffentlich zu Ergebnissen führt. Ich persönlich finde, wir sollten dieses Phänomen einer ernsten Prüfung unterziehen«, fuhr sie fort, »es ist schwer zu sagen, was für seine Apathie ausschlaggebend ist, aber ehe die Polarisierung der Leistungsebenen eintritt, werden wir Bruce dahingehend beraten, daß er sein Potential aktivieren und greifbare Lernziele erreichen kann.«
    Ich hatte kein Wort verstanden.
    »Haben Sie irgendwelche Fragen?« fragte sie in mein Schweigen hinein.
    Ich schüttelte den Kopf. Sie würde die Fragen, ich die Antworten nicht verstanden haben.
    Wir ergänzten uns großartig.
    Bei der Körpersprache blieb mir wenigstens noch eine letzte Chance. In ein paar Wochen war wieder Elternsprechtag, da wollte ich vorbereitet sein.
    Um halb acht war ich bestellt. Ich kam zu früh. Als ich den Kopf ins Zimmer streckte, sagte Mrs. Lutz, ohne von ihrem Katheder aufzublicken »Ich weiß, man fürchtet sich immer ein bißchen vor diesen Sitzungen, hab’ ich recht?«
    »Woran merken Sie das?« sagte ich und lächelte.
    »An der Art, wie Sie zögern, voll in die Tür zu treten, und sich vorsichtig ins Zimmer zu schleichen versuchen.«
    Ich setzte mich auf den Rand des Stuhls. Sie blickte über ihre Halbgläser und meinte: »Sie brauchen sich nicht zu verkrampfen, lehnen Sie sich an, und seien Sie gemütlich.«
    »Ich bin gemütlich«, sagte ich rasch.
    »Kein Mensch ist gemütlich, der auf der Stuhlkante sitzt.
    Machen Sie sich keine Sorgen, so schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
    »Ich glaube ja gar nicht, daß es schlimm ist.«
    »Doch, doch«, verbesserte sie. »Ich sehe es an der Art, wie Sie die Füße um die Stuhlbeine schlingen.«
    Hier lief offensichtlich etwas verkehrt! Nicht sie sollte meine Körpersprache deuten, sondern ich ihre. Aber ich konnte es nicht ändern. Je mehr sie redete, desto schwerer fiel es mir, meinen Körper vom Reden abzuhalten. Als sie den Aufsatz meines Sohnes »Anatomie eines Rülpsers« herauszog, sank ich in Embryostellung in mich zusammen und ließ den Kopf hängen.
    Als sie mir mitteilte, daß er nicht nur vorschriftswidrig vor der Schule geparkt, sondern auch noch zu den Aufsichtsbeamten gesagt hatte, er halte dies für den Lieferanteneingang, machte ich mir eine Halskette aus ihren Büroklammern und kaute meine Nägel blutig.
    Als sie mir endlich mitteilte, die Tests zeigten deutlich, daß der künftige Beruf meines Sohnes der eines Schafhirten sei, hatte ich sämtliche Vokabeln der Körper spräche aufgebraucht.
    Es war sinnlos, sich etwas vorzumachen. Sie fragte mich, ob mein Sohn und ich eine enge Bindung zueinander hätten.

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