Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
vierjähriger Neffe für mich in die Bresche. Er zerrte an Mikes T-Shirt. »Dad, den Vogel da musst du dir unbedingt anschauen.« Die Kinder beobachteten einen Pelikan, der sich nur zehn Meter von der Terrasse entfernt niedergelassen hatte.
»Ich glaube, ich muss meinen elterlichen Pflichten nachkommen«, grinste Mike. »Kommst du mit?«
»Klar«, sagte ich. Er setzte sich seinen Sohn auf die Schultern, und wir schlenderten zum Geländer, um einen besseren Ausblick zu haben.
Fünfzehn Minuten später kam Elle. Sie trug ein blauweißes, ärmelloses Sommerkleid und glühte vor Aufregung und Vorfreude auf ihren Lebenstraum, der kurz vor der Verwirklichung stand. Mit leisem Lachen musterte sie uns. »Eigentlich stehen mir nur ein paar Tage Arbeit bevor – also wirklich keine allzu große Sache.«
Ich nickte ihr zu. Sie hielt meinen Blick fest und lächelte verschmitzt, als teilten wir ein Geheimnis, von dem niemand sonst etwas wusste. So war es schon immer gewesen. Trotz des Familiengewusels um uns herum waren wir nur zu zweit.
Jeder hob sein Glas und prostete ihr zu, bis die Reihe an ihren Bruder kam, der seine Freundin mitgebracht hatte. Christopher stand auf und hielt sein Glas hoch. »Auf meine große Schwester, die immer für mich da gewesen ist. Ich möchte dich bitten, mir noch einmal einen riesengroßen Gefallen zu tun.«
Sie blinzelte. »Auch noch riesengroß? Ich glaube, ich möchte lieber erst wissen, um was es sich handelt. Als du mich das letzte Mal um einen riesengroßen Gefallen gebeten hast, musste ich eine Hausarbeit für dich schreiben.«
Alle lachten. Christopher war ein heller Kopf, aber seine intellektuellen Kapazitäten reichten nie an die von Elle heran. Er schaute seine Freundin an, als wolle er sich entschuldigen. »Darauf bin ich nicht gerade stolz«, sagte er. Er fasste seine Freundin um die Schulter. »Das hier ist Arianne, die ich demnächst heiraten möchte. Elle, wärst du bereit, meine Trauzeugin zu sein?«
Elle sperrte zunächst nur den Mund auf, dann sprang sie auf, fiel Christopher um den Hals und nahm Arianne gleich mit in die Arme. »Oh mein Gott! Ehrlich?«
Vielleicht war ich einfach nur ein bisschen neidisch, aber mir fiel auf, wie ähnlich dieser Auftritt Christopher wieder einmal sah. Elle hatte ihr ganzes Leben lang auf diesen Moment gewartet. Sie hatte die Schule abbrechen müssen, um sich um ihn zu kümmern, als sie selbst noch ein halbes Kind gewesen war. Und jetzt zog Christopher wieder einmal auf egoistische Weise alle Aufmerksamkeit auf sich.
»Ich wünsche mir, dass du mir zur Seite stehst«, sagte er.
»Im Weltraum, so ganz ohne Schwerkraft, dürfte mir das allerdings nicht gerade leichtfallen«, witzelte Elle.
»Mir ist egal, wie du dich hältst und ob du im Raumanzug kommst – Hauptsache, du bist da.« Er küsste sie auf die Wange. »Bitte, Elle!«
Elle knuddelte ihren Bruder. »Weißt du, Kleiner, das lasse ich mir auf gar keinen Fall nehmen.«
Vielleicht wollte Christopher ihr nur den Schwur abnehmen, auf jeden Fall wieder zurück auf die Erde zu kommen – ein Versprechen, das auch ich unbedingt erfüllt wissen wollte –, aber nach dieser Ankündigung sprach niemand mehr über Elle. Jetzt wurde ihm zugeprostet. Alle redeten wild durcheinander.
Ich brach als einer der Letzten auf, wartete mit dem Abschied und staubte eine rasche Umarmung ab. »Wenn ich dich das nächste Mal sehe, stehst du in den Geschichtsbüchern, Peep.«
Sie versetzte mir einen Stoß. »Die NASA veröffentlicht solche Bücher nur noch nach Katastrophen. Wünsch mir lieber einfach Glück.«
»Viel Glück«, flüsterte ich, aber in Wirklichkeit war es ein Gebet.
»Hast du Lust, mir noch ein bisschen Gesellschaft zu leisten und einen Strandspaziergang zu machen? Ich darf jetzt noch nicht schlafen gehen, weil unser Biorhythmus dem Flug angepasst wird.«
»Aber gern!«
Wir überquerten die Straße und stiegen die Stufen zum Strand hinunter. Sie zog ihre Sandalen aus und hielt sie an den Riemen. »Es war eine tolle Party. Kaum zu glauben, dass deine ganze Familie gekommen ist.«
Ich folgte ihrem Beispiel und zog meine Schuhe aus. Der raue Sand kratzte unter meinen Zehen. »Immerhin bist du jetzt bald Astronautin. Alle wollten mitfeiern. Ich war ein bisschen überrascht, das Adam nicht aufgekreuzt ist.«
Sie blieb einen kurzen Augenblick stehen, ehe sie weiterging. »Ich sehe ihn natürlich noch bei der Arbeit. Aber er hat inzwischen jemanden kennengelernt; das macht die Sache
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