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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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»Ach, die blöde Kuh! Warum finden die alle so toll?«
    »Keine Ahnung. Weil sie … Macht hat, vielleicht?«
    Silja schnauft. »Das kann sich schnell ändern.«
    »Darf ich dich was fragen?«
    »Was?«
    »Warum gibst du dich mit Line ab? Also, mir ist schon klar, dass sie sich an dich rangehängt hat, ob du es nun willst oder nicht, aber du setzt dich neben sie, obwohl es noch andere freie Plätze gibt.«
    Silja betrachtet mich ein paar Sekunden, dann zieht sie die Schultern hoch.
    »Line ist wahrscheinlich der einzige ehrliche Mensch in der Klasse«, sagt sie. »Alle anderen sind verlogen und scheinheilig. Alle versuchen etwas darzustellen, was sie nicht sind.«
    Alle? Meint sie damit auch Tonja und mich? Oder hat sie sich nur unklar ausgedrückt? Ich weiß nicht, wie ich sie danach fragen soll, und unser Gespräch gerät ins Stocken. Ich gehe zurück in die Kabine und ziehe meine eigenen Klamotten wieder an.
    »Ich muss los«, sage ich schließlich.
    »War ja nicht zu überhören«, sagt Silja.
    »Aber … Wir sehen uns dann Montag …«
    Silja nickt. »Klar«, sagt sie und verschwindet mit ihrem türkisfarbenen Nylonkleid in der Kabine.
    Ich gehe mit einem unangenehmen Gefühl nach Hause. Gerade hatten wir noch solchen Spaß. Und sie hat gefragt, ob wir uns treffen wollen. Wieso will sie was mit mir unternehmen, wenn sie mich für scheinheilig und verlogen hält? Silja ist nicht einfach zu verstehen. Sie ist anders. Im einen Augenblick ganz nah und im nächsten endlos distanziert.
    Da ist Tonja viel einfacher zu verstehen. Sie ist angesäuert, als ich bei ihr ankomme.
    »Das ist vielleicht der größte Tag in meinem Leben«, sagt sie. »Vielleicht verliere ich heute meine Unschuld und da verabredest du dich mit Silja in der Stadt!«
    »Ja und? Du hast noch geschlafen. Was ist schlimm daran?«
    »Aber … warum ausgerechnet mit ihr? Hättest du nicht Madeleine oder Ellen anrufen können, wenn ich dir zu lange schlafe?«
    »Silja hat mich angerufen, wenn du’s wissen willst.«
    »Warum?«
    »Das weiß ich doch nicht.«
    »Ich finde sie merkwürdig.«
    »Ja, ja. Kümmern wir uns jetzt um deine Garderobe?«
    Tonja nickt und wir gehen in ihr Zimmer.
    »Findest du, dass es eine schlechte Idee ist?«, fragt sie. »Das mit Lukas, meine ich? Es ist plötzlich so verdammt … ernst.«
    In den nächsten Stunden dreht sich alles ausschließlich um Tonja und Lukas und den bevorstehenden Abend. Wir suchen Kleider aus und diskutieren über Richtig und Falsch beim Sex und wie kompliziert es werden kann, wenn man mit jemandem aus der eigenen Klasse zusammen ist. Besonders, wenn dann Schluss ist und man sich für den Rest des Schuljahres jeden Tag sehen muss. Ich mache mehrere Ansätze, ihr zu erzählen, dass ich abends mit Nils verabredet bin, aber irgendwie komme ich nicht dazu. Als ich mich später von Tonja verabschiede, habe ich plötzlich ungewollt zwei Geheimnisse vor ihr. Zum einen, dass ich gestern bei Silja zu Hause war, zum anderen, dass ich heute Abend eine Art Date mit Nils habe. Wie ist es dazu gekommen? Ein merkwürdiges Gefühl ist das. Aber sie hat auch nicht gefragt. Was ich zum Beispiel gestern gemacht habe, als sie mit Lukas im Kino war, oder wie ich den heutigen Abend ohne sie verbringe. Na ja, bislang habe wir so was nie fragen müssen, wir haben uns von uns aus immer alles erzählt. Und ich will es ihr ja auch erzählen. Später, wenn sie den Kopf wieder etwas freier hat. Wenn sie nicht mehr so komplett von ihrem Jungfernhäutchen absorbiert ist.
    Bei der Formulierung muss ich lachen. Und plötzlich kommt mir in den Sinn, noch mal einen Abstecher in die Stadt zu machen, statt direkt nach Hause zu gehen. Ich mache Halt beim Secondhandladen und kaufe das Siebzigerjahrekleid. Als ich wieder rauskomme, ist es viertel vor fünf. Ich beeile mich, nach Hause zu kommen. In einer guten Stunde will ich im Akropolis sein. Eine kitzelnde kleine Schlange windet sich beim Gedanken daran mein Rückgrat hoch. Er wollte, dass ich komme. Zumindest hat es sich so angehört.

Das Akropolis liegt in einem etwas tristen Viertel in der Weststadt, zwischen einem ehemaligen Juwelierladen und einem chinesischen Souvenirshop mit einer dicken Staubschicht im Schaufenster. Es ist ziemlich weit vom Zentrum entfernt, aber die Leute finden trotzdem hierher. Die Fassade ist mit weiß-blauen Kacheln verkleidet und über der Tür steht in dunkelblauen Lettern Akropolis . Auf dem Bürgersteig lockt eine Tafel mit »Echte griechische

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