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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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hinterher noch keinen Ton rausgebracht. Und dabei hat er das nur gemacht, um Nils zu demonstrieren, was er verpasst.
    In der nächsten Stunde haben wir Chemie. Ich beobachte Emil mit einer ganz anderen Neugier als vorher. Er ist groß und breitschultrig, und obwohl er noch ziemlich jung ist, wirkt er unglaublich erwachsen. Ein Mann, kein Junge. Ich versuche, mir ihn und Silja vorzustellen, nackt und eng umschlungen.
    Silja beobachtet Emil auch. Sie sieht ihn die ganze Zeit an, und sobald er in ihre Richtung schaut, lächelt sie. Er schaut schnell woandershin, ist ganz offensichtlich angespannt.
    Björn bekommt davon nichts mit. Er erzählt was über Nerven und Signalsubstanzen, ohne etwas von den Signalen aufzuschnappen, die zwischen seinem Referendar und einer Schülerin hin- und hergeschickt werden.
    In der letzten Stunde haben wir Sport. Die Jungs spielen draußen Fußball, die Mädchen drinnen Hockey. Ich lande in Tonjas Mannschaft und spiele ihr sogar einen Pass zu, den sie in ein Tor verwandelt, woraufhin sie mir seit letztem Samstag den ersten freundlichen Blick zuwirft. Das macht mir Hoffnung. Hinterher unter der Dusche fragt sie, ob sie mein Shampoo benutzen darf. Ich reiche ihr die Flasche, und sie schäumt ihr kakaobraunes Haar ein, während ich mir in der Kabine neben ihr extra viel Zeit unter dem heißen Wasserstrahl lasse.
    Tonja kommt aus der Dusche, wickelt sich in ihr großes, blaues Frotteetuch und kommt zu mir.
    »Ich halte das nicht länger durch, sauer auf dich zu sein«, sagt sie und gibt mir die Shampooflasche zurück. »Danke fürs Leihen.«
    »Gern«, murmele ich mit einem dicken Kloß im Hals.
    Sie bleibt stehen, bis ich die Dusche abgestellt habe und mein Handtuch vom Haken schnappe.
    »Machst du heute Nachmittag was mit denen?«, fragt sie schließlich.
    »Ich … bin um fünf mit Sven verabredet«, sage ich und höre selbst, wie surrealistisch das klingt.
    Aber ich bin tatsächlich heute Nachmittag mit Sven verabredet. Wenn auch unter anderen Vorzeichen, als Tonja wahrscheinlich denkt.
    »Verstehe«, sagt sie. »Dagegen kann ich natürlich nicht anstinken.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst«, sage ich. »Ich ruf dich später an. Wenn ich darf?«
    Sie nickt. »Klar.«
    Und dann lächelt sie.
    »Ich hab dich vermisst«, sagt sie.
    Ich lächele auch und überlege, ob ich sie auch vermisst habe. Irgendwie schon, aber nicht so intensiv, wie ich vielleicht gesollt hätte. Das liegt nur daran, dass in der Zwischenzeit so viel passiert ist, da hatte ich gar keine Zeit, sie zu vermissen. Aber in diesem Moment fühlt es sich an, als müsste ich platzen wegen der vielen Dinge, die ich ihr erzählen will.
    In der Hoffnung, dass sie mich versteht.
    In der Hoffnung, dass ich es ihr verständlich machen kann.
    Aber – vorher treffe ich Sven. Kurz vor fünf vor der alten Vegaschule. Ich bin ganz kribbelig vor Vorfreude, umso mehr, nachdem der dräuende Schatten von Tonjas Zorn sich etwas gelichtet hat. Egal, wie es weitergeht, egal, was Emelie sich ausdenkt und wie ich den Balanceakt zwischen Tonja und Silja hinkriegen soll, jetzt treffe ich erst einmal Sven. Und das lasse ich mir von nichts und niemandem madig machen.
    Ich wühle eine Weile in meinem Schrank. Ich werde es nie schaffen, meine Klamotten so zusammenzustellen wie Silja, aber ich gebe mir redlich Mühe. Nicht das Selbstverständliche kombinieren, so viel habe ich mir gemerkt. Aber was zieht man an, wenn man erst beim Tanztraining zuguckt und dann mit dem bestaussehenden Jungen der Schule ins Miranda geht? Nach längerem Hin und Her lande ich bei einer schwarzen Hose mit tiefer Taille und Adidasstreifen an einem Hosenbein. Dazu ein dünnes, lila Baumwolltop, das einen Streifen sommerbraune Haut über dem Hosenbund zeigt. Und zuletzt ein schwarzes Lederband mit einer Silberkugel.
    Blöderweise ist es zu kalt, um nur in dem Oberteil zu gehen. Ich ziehe die schwarze Kapuzenjacke über, die meine Kreation entschieden ordinärer aussehen lässt. Sobald ich drinnen bin, kann ich sie ja wieder ausziehen.
    Nun noch etwas Schminke, nicht zu viel, dann muss ich los.
    Papa kommt gerade aus dem Fahrstuhl, als ich die Wohnungstür hinter mir zuziehe. Er mustert mich von Kopf bis Fuß. An meinem nackten Bauch bleibt sein Blick kurz hängen.
    »Was hast du vor?«, fragt er.
    »Mich betrinken und randalieren«, sage ich.
    »Mach dich nicht lustig«, sagt er. »Das ist nicht komisch.«
    »Ich bin zum Kaffeetrinken verabredet.«
    »Mit

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