Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
angeordnet hatten – also Flugplätze in einem Umkreis von achtzig Kilometern –, überprüft worden, aber diese Nummer ist nicht dabei. Sie ist laut Dienstanbieter überhaupt nicht registriert, könnte also jedem gehören, auch dem Bastard, der Amy aus dem Flugzeug gestoßen hat.«
Ein erregtes Kribbeln machte sich zwischen Daniels’ Schulterblättern bemerkbar. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz vor Mitternacht. Zu spät, um anzurufen und die Graingers zu fragen, ob ihre Tochter jemals Interesse an Extremsport bekundet hatte. Aber nicht zu spät, um ihre brillante, junge Kollegin zu beglückwünschen. Carmichael hatte eindeutig eine Spur gefunden.
65
Daniels schlief schlecht, heimgesucht von Mädchen, die aus der Luft fielen, Mädchen, die unter der Erde gefangen saßen, Mädchen, die in die Prostitution gezwungen wurden. Als sie um fünf Uhr morgens nicht mehr einschlafen konnte, quälte sie sich aus dem Bett, duschte und machte sich fertig. Unten machte sie Toast und aß ihn in der Küche, wobei sie über den Skydiving-Flyer nachdachte, den Carmichael unter den Gegenständen gefunden hatte, die die Kriminaltechnik in Freeks Wagen sichergestellt hatte. Jessica Finch hatte mit Sicherheit die Mittel, um für einen solchen Kurs zu bezahlen, Amy Grainger hingegen nicht. Oder doch? Nach dem, was ihr Vater gesagt hatte, hatte sie mit dem vermissten Mädchen einen unabhängigen Charakter gemeinsam. Sie hatte ihren Eltern nicht auf der Tasche liegen oder sich mit einem Kredit belasten wollen und hatte hart gearbeitet, um ihre Universitätsausbildung zu finanzieren. Aber trotzdem … War es wahrscheinlich, dass sie genug zusätzliches Geld gespart hatte, um das Abenteuer zu finanzieren, das schließlich zu ihrem Tod führte?
Es waren schon merkwürdigere Dinge geschehen.
Daniels entschied, die Möglichkeit im Hinterkopf zu behalten, und konnte gar nicht schnell genug zur Arbeit kommen. Das Morgengrauen war ihre liebste Tageszeit. Dann konnte sie die Einsatzzentrale betreten, bevor es darin zuging wie im Zirkus. Zeit zum Nachdenken, Zeit, um den vorigen Tag zu überdenken und den vor ihr liegenden zu planen, um aufzulisten, was getan werden musste, von wem und in welcher Reihenfolge. Von Anfang an hatte der Tatort in diesem Fall nur wenig hergegeben. Keine bekannten Spuren an dem toten Mädchen. Nichts Bedeutsames, das bei der Haus-zu-Haus-Befragung zutage gekommen wäre. Keine verdammten Zeugen. Sie brauchten eine Zusammenfassung der Reihenfolge der Geschehnisse, die zum Verschwinden der beiden Mädchen geführt hatten. Auf diese Weise konnte Daniels den Zeitablauf genauer bestimmen, bevor sie Freek ein weiteres Mal verhörte, ein Vorgang, von dem sie annahm, dass er zu wer weiß wie vielen Folgeermittlungen führen würde.
Aufspüren.
Anklagen.
Ausschalten.
Sie dachte noch darüber nach, als sie den Einsatzraum betrat. Plötzlich blieb sie stehen und sah auf die Uhr. Die wichtigsten Teammitglieder waren bereits da. Gormley, Carmichael, Brown und – um Himmels willen – sogar Maxwell drängten sich um einen Schreibtisch und diskutierten die Undercover-Aktion des vergangenen Abends und Carmichaels Entdeckung des Flyers.
Gormley machte laute Schnarchgeräusche, um anzudeuten, dass sie spät dran war. Daniels grinste, zog den Mantel aus und warf ihn auf einen Stuhl, wobei sie allen sagte, wie froh sie war, sie zu sehen. Sie fügte hinzu, dass sie eine Mordsarbeit vor sich hatten, und erklärte ihnen dann, was sie vorhatte. Sie holte sich einen Kaffee, lud alle ein, es sich bequem zu machen, und bat sie, ihre Aufmerksamkeit auf die elektronische Fallwand zu richten.
Sie drückte einen Knopf auf der Fernbedienung, erweckte den Bildschirm zum Leben und scrollte durch ein paar Optionen, bevor sie fand, was sie suchte: einen geteilten Bildschirm, der eine detaillierte Analyse der letzten bekannten Aufenthaltsorte von Amy Grainger und Jessica Finch enthielt, zusammen mit einer Karte, die die Orte zeigte, an denen sie verschwunden waren.
»Ich würde gern mit Amy anfangen, die, wie ihr alle wisst, von ihren Eltern am Mittwoch, dem fünften Mai, um halb acht abends zum letzten Mal gesehen wurde, gerade als Coronation Street im Fernsehen anfing. Sie wollte nach Durham, um sich mit Freunden zu treffen …« Daniels benutzte einen Zeiger auf dem Bildschirm, während sie sprach. »Sie hat also diese Bushaltestelle benutzt, direkt bei ihrem Zuhause, weniger als fünfhundert Meter entfernt. Nun«, Daniels holte Luft, »der
Weitere Kostenlose Bücher