Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Titel: Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Hannigan
Vom Netzwerk:
würde mich doch nicht extra zurechtmachen, nur damit ich anschließend kopfüber in die »Opfergrube unendlicher Qualen« geworfen werden konnte. Aber darüber sprach ich natürlich nicht.
    Ich ging ins Bett, und ein paar Minuten später klopfte Mama an die Tür und fragte: »Darf ich reinkommen?«
    »Einverstanden«, erklärte ich.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und schaute mich bloß eine Weile an, aber ich starrte zur Decke, als ob ich dort oben etwas von allerhöchster Wichtigkeit sehen würde.
Sie beugte sich herüber, legte ihre Hand auf meinen Kopf und fuhr dann mit den Fingern durch die Haare bis nach unten. Und ich beschloss, dass ich dieses ganz besondere Gefühl zu diesem ganz besonderen Zeitpunkt auf keinen Fall genießen würde.
    Mein Herz lenkte mich ab, indem es mir immer wieder in Erinnerung rief: »Sie hat ihr Versprechen gebrochen. Sie hat Daddy zugestimmt. Sie schicken dich zurück.« Und so klappte es.
    Kurz darauf spürte ich ein Plopp-plopp-plopp auf meiner Pyjamajacke und mitten auf meiner Brust bildete sich ein nasser Fleck. Ich schaute Mama an. Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen und fielen auf mich herab.
    »Es tut mir so Leid, Ida B«, sagte sie.
    Und trotz meines steinharten Herzens und meines Entschlusses spürte ich, wie ein Kloß der Traurigkeit aus meiner Brust durch die Kehle hochstieg. Irgendwie hatte sich, während mein neues Herz geistesabwesend war, eine ganze Tränenflut in meinen Kopf zurückgeschlichen und drückte nun gegen die Rückseite der Augen.
    Mit Weinen hatte ich allerdings abgeschlossen, besonders vor Mama und Daddy. Mein neues Herz erklärte der Traurigkeit und den Tränen: »Nein, ihr könnt nicht raus! Geht zurück, wo ihr herkommt!«
    Aber Traurigkeit ist ein mächtiger Feind - vielleicht noch schwerer zu bezwingen als Glück -, und es war ein harter Kampf. Meine Kehle schmerzte, und meine Augen fühlten sich an, als wollten sie jeden Moment explodieren, doch ich erklärte ihr immer wieder: »NEIN! NEIN!
NEIN!«, und schließlich spürte ich, wie die Traurigkeit langsam zurückwich.
    Und ich gebe zu, dass es, obwohl ich mich entschieden hatte, Mama nicht mehr zu mögen, schwer war, ihre Traurigkeit mit anzusehen. Ein Teil von mir wollte etwas dagegen tun. Aber ich wusste, wenn ich jetzt irgendwas sagte, sie berührte oder mich nur ein kleines bisschen bewegte, würde die ganze Traurigkeit in mir sofort die Gelegenheit nutzen, wieder nach oben zu steigen und herauszufließen, und dann gäbe es kein Halten mehr. Wir wären für immer in ihr verloren.
    Deshalb sah ich Mama nur an.
    Schließlich beugte sie sich herunter, küsste mich und sagte: »Gute Nacht, Kleines.« Dann ging sie hinaus.

14. KAPITEL

    »Der Bus hält pünktlich um halb acht am Ende der Zufahrt, Ida B«, sagte Daddy am andern Morgen beim Frühstück, obwohl er mir das schon am Tag vorher dreimal gesagt hatte.
    »Hmm«, antwortete ich, und es klang mehr nach Knurren als nach Zustimmung, aber auch wieder nicht so deutlich, dass es mich hätte in Schwierigkeiten bringen können.
    »Ida B…«, fing Mama zweimal an, doch weiter kam sie nie. Und ich reagierte nicht.
    Nach dem Frühstück putzte ich mir die Zähne, nahm meine Schultasche, ging zur Haltestelle und wartete dort. Ich war weit vor der Zeit losgegangen, um nicht mit Mama und Daddy reden zu müssen und ja nichts zu hören, was nur im Entferntesten wie »Alles wird gut« klang.
    Es regnete und war windig, aber ich ließ den Schirm, den mir Mama mitgegeben hatte, in der Tasche. Der
Regen zog in meine Beine und prasselte auf mein Gesicht und die Augäpfel, bis sie schmerzten, aber ich war glücklich, denn es machte mich nur noch böser und entschlossener, vollends schlechter Laune in der Schule anzukommen. Als der Bus hielt, stieg ich sofort ein, ohne mich noch mal umzudrehen und zu schauen, ob Mama vom Fenster aus winkte oder Daddy mich von der Scheune aus beobachtete.
    »Guten Morgen«, sagte der Busfahrer lächelnd und gut gelaunt.
    »Morgen«, gab ich mit einer Stimme wie Metall zurück - kalt, hart und flach.
    Ich ging die Stufen hinauf und blieb am Anfang des Gangs stehen. Ich zog die Augen zu Schlitzen zusammen, damit ich so gemein aussah, wie ich mich fühlte. Aber wenn du die Augen zu Schlitzen zusammenziehst, wird alles unscharf, deshalb wurden die Leute im Bus zu gesichtslosen Niemanden. Zu niemand, den ich kennen wollte. So ging ich den Gang entlang, niemanden sehend, nur nach einem Sitzplatz Ausschau haltend.
    Ungefähr

Weitere Kostenlose Bücher