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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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großen Stadt, ungefähr eine Stunde von hier entfernt.«
    »Verstehe. Sag bloß, du begleitest die Schriftstellerin?«, fragte Ginger.
    Ich ließ Jeeves und Wooster nicht aus den Augen und stieß lediglich einen viel sagenden Seufzer aus. Was hätte ich diesem anbetungswürdigen Exemplar von einer Hündin auch sagen sollen? Die da, auf der Bank, die die ganze Zeit redet, isst und raucht und alles gleichzeitig; die, die sich über die beiden Clowns auch noch amüsiert und den Ernst der Lage nicht versteht und mir in den Rücken fällt – das ist meine Begleitung? Es wäre immerhin die Wahrheit gewesen. Aber wie Ginger das Wort Schriftstellerin aussprach, schien sie diesem Berufsstand einigen Respekt entgegenzubringen.
    Also sagte ich: »Hm … ja. Sie schreibt Kriminalromane. Nichts wirklich Bedeutendes. Meine Interessen liegen eher bei Fernando Pessoa.«
    »Aha? Den kennen die meisten hier nicht. Aber  ihre  Krimis werden gern gelesen«, gab Ginger zur Antwort und legte ihren Kopf auf die Pfoten. »Es muss ja nicht jeder ein Philosoph sein, nicht wahr?«
    Ein traumhafter Anblick, Alfonso. Ich wünschte mir, sie würde ewig so weiterreden. Ihre sanfte Stimme, Alfonso, erreichte ohne Umwege direkt mein Herz, und ich war bereit, jedes Wort zu glauben, das von ihren Lefzen kam.
    »Du hast bestimmt ein sehr schönes Leben in der Stadt. Nimmt sie dich mit auf ihre Lesungen? Sie macht doch Lesungen? Ich hörte jedenfalls davon.«
    »Natürlich. Und ich gehe mit. Was glaubst du denn wohl, wer das Publikum aufwärmt und im Griff hat? Und wer dafür sorgt, dass sie ihre Brille findet, dass wir pünktlich sind … und so weiter. Sie ist sehr schusselig im Großen und Ganzen. Und wenn sie arbeitet, bin ich derjenige, der ihr sagt, wann es Zeit ist, Pause zu machen und nach draußen zu gehen, um frische Luft zu schnappen. Also, du siehst, ich habe einen echten Fulltimejob bei ihr.«
    Ginger legte ihren Kopf schief. Ich hätte alles dafür gegeben, um den eleganten Schwung ihres Halses und diese kohlenfarbene, perfekt feuchte Nase weiter betrachten zu dürfen.
    »Und, glaub mir, sie braucht Schutz in der großen Stadt. Weißt du, sie ist so … so vergeistigt in einer Art. Wie gesagt, nicht wie Pessoa, aber die Leute mögen sie trotzdem. Sie lachen viel, wenn sie ihnen vorliest. Obwohl … ich helfe manchmal etwas nach. Du weißt schon … ein bisschen gebe ich den Clown. Die Leute mögen das.«
    »Ach ja. Das klingt so vertraut. Ich vermisse das Publikum sehr. Die Menschen sind so dankbar, wenn man sie zum Lachen bringt.«
    »Bist du auch aufgetreten?«
    »Ja, im Zirkus. Ich ritt auf einem Schimmel. Jeden Abend.«
    »Dein Anblick muss wundervoll gewesen sein …«
    »Ja, wir bekamen viel Applaus. Ich vermisse ihn bis heute. Er wärmt, aber leider nicht für lange. Sobald der Vorhang fällt und es still wird, ist man wieder nur ein Hund.«
    Alfonso, mir traten die Tränen in die Augen. Diese Wehmut in ihrer Stimme … Ich suchte fieberhaft in meinem Hirn nach einem passenden Zitat von Pessoa, fand aber keines und brachte nur ein peinliches: »Oh, und warum trittst du jetzt nicht mehr auf?«, hervor.
    »Das Pferd ist tot … der gute alte Rodolfo. Er starb im letzten Jahr. Kurz vor dem Ende unserer Nummer strauchelte er und fiel, getroffen von einem Herzinfarkt.«
    »Oh.«
    »Ich kam mit knapper Not davon. Beinahe hätte er auch mich unter sich begraben. Meine Chefin hatte nicht so viel Glück – ihr Schienbein ist zertrümmert. Und deswegen haben wir uns vom Zirkus verabschiedet. Wir haben uns hierher zurückgezogen. Meine Chefin träumt noch immer davon, dass ihr Bein heilen wird … aber ich weiß es besser. Träume sind für Menschen gut – wir leben im Jetzt, aber wem sag ich das.«
    »Oh.«
    »Rodolfo starb, wie er es sich immer gewünscht hat. In der Manege.«
    »?!?«
    »Na, hat es dir die Sprache verschlagen?«, fragte Ginger mit einem Augenzwinkern.
    »Wem hat bei deinem Anblick noch nicht der Atem gestockt, meine Schöne«, sagte ich und hätte mich im Anblick ihrer samtweichen Ohren verlieren können.
    Sie lächelte. Alfonso, sie hat mich angelächelt. Tatsächlich hat sie das. Und ich hätte auf der Stelle die beiden Vollidioten vergessen können, wenn sie denn endlich Ruhe gegeben hätten. Aber Jeeves und Wooster kugelten auf der Wiese herum und keuchten. »Ist er nicht voll lustig, der kleine portugiesische Bastard mit seiner Augenklappe aus dem Spielzeugladen?«
    Der schöne Augenblick verpuffte mit einem

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