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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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hielten diese Einzelheiten bis auf Weiteres vor der Presse zurück. Die Zettel erwähnte er nicht. Die waren sein Ass im Ärmel.
    Seine Männer sahen aus, als wäre ihnen schon jetzt warm in ihren dunklen Uniformen. Es würde ein heißer Tag werden. Einer erkundigte sich, ob sie bei der Arbeit die Jacke ausziehen dürften, und Reynolds wollte schon »Nein« sagen, als Elizabeth Rice sagte: »Ja, natürlich.« Er würde sich später mit ihr unterhalten.
    Fünf Minuten, bevor es offiziell losgehen sollte, begannen Autos auf dem Parkplatz vorzufahren und Dutzende weitere Insassen aus den umliegenden Dörfern auszuspucken. Um acht Uhr mussten es alles in allem an die achtzig Leute sein, meist rotgesichtige Männer und halbwüchsige Jungen, einige mit Hunden an einem Strick. Sie tippten sich grüßend an die Mütze, beugten sich vor, um Hände zu schütteln, die Stimmen leise und gedämpft, aus Respekt vor dem Anlass, aus dem sie hier waren. Eine erregte Unterströmung eines gemeinsamen Zieles waberte unter dem Ganzen. Sie erinnerten Reynolds an einen Lynchmob, und er hätte ihnen die Füße küssen mögen, dafür, dass sie überhaupt gekommen waren.
    Rice schritt durch die Menge, hielt Namen und Adressen fest und ignorierte scherzhafte Bemerkungen, man könne ja mal bei ihr was festhalten. Es bestand immer die Chance, dass der Kidnapper sich der Schar der Suchenden anschloss – entweder, um sich Einblick darüber zu verschaffen, wie die Ermittlungen geführt wurden, oder um dafür zu sorgen, dass sie die Spur verloren, wenn sie ihrem Ziel zu nahe kamen. Oder einfach nur um des Kicks willen, mittendrin zu sein, Schulter an Schulter mit den Verzweifelten und den Bedürftigen, in einem warmen Kokon aus Wissen und Kontrolle.
    Reynolds stieg auf einen Stuhl aus dem Pub und von dort auf den niedrigen Kohlenbunker, damit jeder ihn sehen und – hoffentlich – hören konnte.
    Er klopfte die Kanten seiner Notizen gerade und ging im Kopf noch einmal seine Eröffnungsworte durch.
    Ladys und Gentlemen. Sie alle wissen, warum wir hier sind, und ich danke Ihnen dafür. (PAUSE). Jemand hat sich bei Ihnen eingeschlichen und Ihre Kinder geraubt. (PAUSE ). Unsere Aufgabe – IHRE Aufgabe – ist es heute, sie zu finden und sie ihren Familien zurückzubringen …
    Es war eine gute Rede. Und Gott sei Dank waren jetzt Leute da, um sie zu hören. Was für ein zwanzig Mann starkes Publikum vielleicht zu pompös gewesen wäre, würde vor einer Menge von fast hundert Menschen geradezu an Winston Churchill erinnern. Und dann auch noch im Fernsehen …
    Er räusperte sich, und als er den Mund öffnete, um anzufangen, ging ein Raunen der Überraschung und dann des Willkommens durch die Menge. Reynolds schaute auf und erblickte Jonas Holly.
    Ihm wurde flau.
    Sollte der nicht krankgeschrieben sein?
    Er sah zu, wie sich die Leute umdrehten, um Jonas die Hand zu schütteln. Es hatte den Anschein, als hätten sie ihn in den letzten achtzehn Monaten ebenso selten zu Gesicht bekommen wie Reynolds. Auf jeden Fall gab es da deutlich weniger zu sehen. Reynolds war verblüfft, wie stark Jonas abgenommen hatte, wo er doch ohnehin kaum etwas auf den Rippen gehabt hatte. Seine Wangenknochen waren zu hoch und seine Augen zu groß. Er sah gequält aus.
    Hi, Sie haben die Nummer von Jonas und Lucy gewählt …
    Reynolds fragte sich, ob dieser Text wohl noch immer auf dem Anrufbeantworter war und jeden Tag weniger tragisch und dafür ganz einfach immer seltsamer wurde.
    Jonas hatte aufgehört zu zittern.
    Den Hügel hinunter ins Dorf zu gehen – mitten unter die Menschen, von denen er wusste, dass sie ihn bestimmt verachteten –, war ein beklemmendes Erlebnis gewesen. Das hier war nicht dasselbe, wie zu Mr Jacobys Laden zu fahren, um Baked Beans zu kaufen, wo er sich hinter Jeans und Pullover und dem alten Angelhut seines Vaters verstecken konnte, den er im Schrank unter der Treppe gefunden hatte. Das hier war er, höchst öffentlich in Uniform – und im Begriff, wieder jene Autoritätsperson zu werden, als die er in dem Dorf, in dem er geboren und aufgewachsen war, so spektakulär gescheitert war.
    Auf dem Weg zum Red Lion hatte er am Fußballplatz haltgemacht. Am Sportplatz mit der Skateboardrampe und den Schaukeln und dem kleinen Bach, wo Yvonne Marsh umgekommen war. Um den Augenblick aufzuschieben, wo er vor dem Red Lion wieder der Gemeinschaft der Menschen beitreten musste, hatte er das Spielfeld überquert. Der Rasen hatte vor Dürre fast ebenso laut

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