Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
sagte sie: »Also, bis dann.«
Sie wollte ihn nicht einmal durch das Tor lassen. Er war am Boden zerstört.
»Bis dann«, sagte er unbeholfen und fügte dann ein »Danke« hinzu, weil er das auch so meinte.
»Wir sehen uns in der Schule.«
»Wir sehen uns in der Schule.«
Er tätschelte Skips warmen Hals, wandte sich zum Gehen und hörte, wie sich das Tor hinter ihm öffnete.
»Hast du … Lust, irgendwann mal wieder mit mir wegzugehen?«
Überrascht blickte er sich um.
Em sah nervös aus, ganz untypisch für sie. »Nur wenn du möchtest.«
»Ich möchte.«
»Gut.« Sie lächelte. »Ich auch.«
Sie winkte.
»Bis dann«, sagte er noch einmal und hob die Hand als Erwiderung.
Sie führte Skip die Auffahrt hinauf, und Steven ging nach Hause. Zumindest nahm er an, dass er nach Hause gegangen sein musste, denn dort fand er sich wieder, als er endlich aufhörte, innerlich Luftsprünge zu machen und vor Freude zu brüllen.
Hundertsiebenundzwanzig Autos und Pferdetransporter standen auf dem Turnierplatz, und um sechs Uhr abends waren alle bis auf drei durchsucht worden, als sie durch das Tor hinausfuhren, vorbei an einem gähnenden Graham Nash und einer emsigen Elizabeth Rice.
Nur der Kleinbus sowie der Ford Focus und der Renault Megane, bei denen die Scheiben eingeschlagen worden waren, blieben zurück, während drei Männer vom forensischen Labor in Portishead sich mit ihnen abmühten.
Ihre ausquartierten Insassen, mitsamt diversen Kindern und Hunden, wurden immer hungriger, müder und reizbarer, bis Jonas sich schließlich erbot, sie alle persönlich nach Hause zu fahren, nur um des lieben Friedens willen. Er nahm sie in zwei Fuhren mit – zuerst Alison Marks, die höchst gesprächige Besitzerin des Ford Focus, und ihre Familie; sie lebten in Exford. Mit Barbara Moorcroft kam es auf dem Rückweg nach Loxhore zu keinem Gespräch. Ihre beiden hysterischen Patterdale Terrier bellten ohne Unterlass, und ihre drei Kinder saßen die ganze Fahrt über in gequältem Schweigen da; anscheinend waren sie es gewöhnt, niedergekläfft zu werden.
Auf dem Nachhauseweg hielt Jonas auf dem höchsten Punkt der Straße an, die sich über den Dorfanger von Withypool zog. Er machte den Motor aus und lauschte darauf, wie die Stille wie Balsam um ihn herum aufstieg.
Seit Lucy umgekommen war, hatte er sich so sehr an Stille gewöhnt, dass er vergessen hatte, wie belastend Lärm sein konnte. Wie belastend Reden und Menschen sein konnten. Dass er früher einmal jeden Tag mit allen möglichen Leuten gesprochen hatte, erschien ihm jetzt unmöglich. Und der Gedanke, dass er sich von Neuem daran würde gewöhnen müssen, war ernüchternd.
Er war sich nicht sicher, ob er das konnte.
Lang und zittrig stieß er die Luft aus, Luft, von der er das Gefühl hatte, er hätte sie vielleicht schon vor Stunden eingeatmet, als Charlie Peach verschwunden war. Alles, was nach diesem Zeitpunkt kam, erschien ihm verschwommen – ein schemenhafter Rummel aus Panik und Geschrei und Bewegung und Schuld.
Jetzt aber – hier oben auf dem Moor, mit heruntergelassenem Fenster und der Sommerbrise, die seinen Verstand zur Ruhe brachte – konnte er wieder anfangen nachzudenken. Er trank die Stille in sich hinein, noch während er begann, ihre einzelnen Komponenten auszumachen: eine Amsel irgendwo ganz in der Nähe, das Wispern des hohen Grases und das trockene Rasseln des Ginsters, das Kommen und Gehen der Luftwellen an seinem Ohr – ein verschlüsseltes Flüstern in gehauchtem Morsecode.
Jonas saß da und ließ sich vom Moor zu einem klaren Kopf verhelfen.
Er wollte nicht an den gerade vergangenen Tag denken, doch die eingeschlagenen Autofenster ließen ihm keine Ruhe.
Er war sich sicher, dass ein paar der Wagen bei Tarr Steps, wo Pete Knox entführt worden war, ebenfalls mutwillig beschädigt worden waren. Er würde Reynolds fragen müssen, wie es am Dunkery Beacon gewesen war. Wenn dort auch Scheiben eingeschlagen worden waren, bestünde ein unbestreitbarer Zusammenhang mit dem Kidnapper.
Doch das beantwortete noch immer nicht die Frage warum ?
Die Antwort blieb im Schatten, wie ein Wolf, der um ein Lagerfeuer herumschleicht.
17
Drei Kinder waren innerhalb von vierzehn Tagen verschwunden.
Die Sun nannte ihn den Rattenfänger, diesen Mann, der die Kinder vom Exmoor fortzauberte, direkt vor der Nase ihrer Eltern und Betreuer, und die anderen Boulevardblätter stürzten sich frohlockend auf diesen Namen. Sogar die seriösen Zeitungen griffen ihn
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