Ihr wahrer Name
mit, Ralph könne mich mittags für fünf Minuten dazwischen quetschen, vorausgesetzt, ich käme pünktlich. »In Ordnung«, sagte ich, legte auf und wandte mich den Hunden zu. »Das heißt, daß wir nach Hause fahren, wo ihr im Garten rumliegen könnt, während ich eine Strumpfhose anziehe. Ich weiß, daß ich euch fehlen werde, aber seid mal ehrlich - wer von uns wird den größeren Spaß haben?« Inzwischen war es halb elf. Einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, mich in Morrells Bett zu legen und ein bißchen zu schlafen, doch ich mußte ja Tim Streeter noch die Fotos von Radbuka bei Max vorbeibringen. Und außerdem wollte ich in meine eigene Wohnung, um meine Jeans aus-und etwas Passenderes für ein Geschäftstreffen anzuziehen. »Life's just a wheel and I'm caught in the spokes« sang ich, während ich die Hunde in den Wagen scheuchte. Bei Max war alles ruhig, als ich die Fotos von Radbuka vorbeibrachte. Danach fuhr ich nach Belmont, ließ die Hunde bei Mr. Contreras und rannte die Treppe zu meiner eigenen Wohnung hinauf.
Am Abend war das Essen bei den Rossys, bei dem ich Bertrands von Heimweh geplagte Frau mit meinem Italienisch aufmuntern sollte. Ich zog einen weichen schwarzen Hosenanzug an, der sowohl für die geschäftlichen Treffen als auch für den Abend paßte, und dazu einen Pullover mit hohem Kragen, den ich ausziehen konnte, bevor ich zu den Rossys fuhr, so daß das rosefarbene Oberteil darunter zum Vorschein kam. Die Diamantohrhänger meiner Mutter verstaute ich in einer Tasche. Dazu kamen meine Aktentasche mit meinen Pumps und die Schuhe mit den Kreppsohlen, die ich am Morgen in Fepples Büro getragen hatte... Ich schob den Gedanken beiseite und hastete die Treppe hinunter. Die Flipperkugel war wieder in Aktion.
Dann fuhr ich zu meinem Büro und nahm von dort aus die Hochbahn in den Loop. Vor dem Ajax-Eingang an der Adams Street ging immer noch ein kleines Häufchen Demonstranten im Kreis herum. Ohne ihren Anführer Alderman Durham wirkten sie ein wenig verloren. Hin und wieder gaben sie einen Spruch zum besten, wenn Leute auf dem Weg vom Büro zum Mittagessen vorbeikamen, aber die meiste Zeit unterhielten sie sich untereinander und ließen die Plakate auf ihren Schultern ruhen. Es schien sich um dieselben Plakate wie am Freitag zu handeln: keine Entschädigungszahlungen für Sklavenbesitzer, keine Wolkenkratzer auf den Leichen von Sklaven und so weiter, aber auf dem Flugblatt, das ein beharrlicher junger Mann mir am Eingang reichte, waren die Bemerkungen über mich verschwunden. Sie waren herausgeschnitten. Die mittlere Überschrift, die mich fragte, ob ich keine Scham kenne, fehlte, so daß eine Lücke zwischen der unbarmherzigen Ajax-Gesellschaft und den mitleidlosen Birnbaums entstand. Auch der restliche Text sah merkwürdig aus:
Die Ajax Insurance hat die Versicherung ihres Mannes vor zehn Jahren ausgezahlt. Als er letzte Woche starb, haben sie ihre Stardetektivin geschickt, um Schwester Sommers zu beschuldigen, sie hätte sie gestohlen.
Vermutlich konnten sie so meinen Namen einfach wieder eintragen, falls ich als Schurke noch einmal aktuell werden sollte. Ich steckte das Flugblatt in meine Aktentasche. Um Punkt zwölf brachte die Empfangsdame der Chefetage mich zu Ralphs Vorzimmer. Ralph befand sich noch in einer Konferenz, doch seine Sekretärin teilte ihm mit, daß ich da sei, und schon kurze Zeit später tauchte er auf. Diesmal begrüßte er mich mit einem grimmigen Nicken, nicht mit einem Grinsen und einer Umarmung.
»Bringst du eigentlich immer Probleme, Vic?« fragte er, als wir in seinem Büro waren und die Tür sich hinter uns geschlossen hatte. »Oder tauchen die bloß zufällig auf, wenn du in der Gegend bist?«
»Wenn du wirklich nur fünf Minuten Zeit hast, solltest du die nicht verwenden, um mir die Schuld für Durhams Protestaktionen zu geben.« Ich setzte mich auf einen der unbequemen Chromstühle, während Ralph sich gegen die Kante seines Schreibtischs lehnte. »Ich wollte dir vorschlagen, der Sommers-Familie entgegenzukommen. Dann kannst du hinterher ein großes Presse-Statement darüber rausgeben, daß dein Mitgefühl mit der trauernden Witwe... «
Er fiel mir ins Wort: »Wir haben der Familie 1991 zehntausend Dollar gezahlt. Ich bin nicht bereit, eine Versicherung doppelt auszuzahlen.«
»Die Frage ist nur, wer 1991 das Geld gekriegt hat. Ich persönlich glaube nicht, daß irgendein Angehöriger der Sommers' es je zu Gesicht bekommen hat. Der Scheck ist
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