Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Htoo angeführt wurde, einem Zwillingspaar, das gerade einmal elf Jahre alt war. Ihre Anhänger glaubten, sie wären mit magischen Kräften ausgestattet, darunter Unsichtbarkeit. Auf allen Fotos, die von den beiden publiziert wurden, sind sie mit einer Zigarette im Mundwinkel zu sehen.
Doch die Armee Gottes wurde nach einigen Monaten besiegt, und zu weiteren Terroranschlägen kam es in Burma nicht.
Zwar erhielt die Junta für ihre angeblichen Probleme mit dem Terrorismus keine Unterstützung aus den USA oder von der EU , konnte aber dennoch die Veränderungen im internationalen Klima, die der Krieg gegen den Terrorismus nach sich zog, zu ihren Gunsten ausnutzen. Wieder einmal wurde die Welt in die Logik des Kalten Krieges gestürzt. Burma verschwand teilweise von den Radarschirmen, da der »kleine« Konflikt in Burma von dem »großen« Konflikt mit dem radikalen Islamismus überschattet wurde. Darüber hinaus konnten Länder wie Russland und China die Terroristenkarte ausspielen, wenn sie sich im Rahmen der UN oder anderer internationaler Zusammenhänge auf die Seite der Junta stellten.
Die Konfliktlinie nach dem 11. September hatte außerdem eine neue Form der Zusammengehörigkeit zwischen den Ländern geschaffen, die von den USA in der Bush-Ära unter dem Sammelbegriff »Achse des Bösen« zusammengefasst wurden. Burma, Iran, Nordkorea, Eritrea und einige weitere Länder begriffen, dass sie durch Zusammenarbeit an Stärke gewinnen konnten. In ihrem Widerstand gegen demokratische Reformen erreichten diese Länder eine Zusammengehörigkeit, die für Regime, welche ihre Identität auf Nationalismus und Angst vor der restlichen Welt aufbauen, eigentlich unmöglich sein sollte.
Daher kann man durchaus sagen, dass die Strategie der Junta in dieser Hinsicht aufgegangen war. Sie stand nicht länger im internationalen Scheinwerferlicht und hatte durch die Isolation Aung San Suu Kyis die Opposition im eigenen Land stark geschwächt. Ausländische Gruppen und Diplomaten in Rangun, die einen verstärkten Handel mit Burma befürworteten, äußerten sogar, die Welt müsse die Militärführung akzeptieren, mit der Junta zusammenarbeiten und aufhören, sich auf Aung San Suu Kyi zu verlassen. Immerhin seien seit der Wahl im Jahr 1990 fast 20 Jahre vergangen. Wie lange sollte das Wahlergebnis eigentlich gültig sein? Hatte die Junta inzwischen nicht sogar stärkeren Rückhalt in der Bevölkerung?
Umso hoffnungsvoller erschien daraufhin die Safran-Revolution der Mönche. Sie erinnerte die ganze Welt daran, was in Burma auf dem Spiel stand.
Wenngleich sie eigentlich gar nicht mit den Mönchen begann.
Im Herbst 2004 wurden einige der Studentenführer freigelassen, die die Demonstrationen von 1988 angeführt hatten – darunter auch Min Ko Naing und Ko Ko Gyi. Die meisten von ihnen waren im Frühjahr 1989 ins Gefängnis gekommen und hatten fast 16 Jahre in Gefangenschaft verbracht. Als ich im Frühjahr 2005 nach Burma flog, traf ich mit einigen der ehemaligen Studentenführer zusammen. Die Begegnungen mussten unter größter Geheimhaltung stattfinden. Es war mitten in der Nacht, wir saßen bei Kerzenlicht auf dem Fußboden einer Wohnung im zentralen Rangun. Die Sicherheitspolizei bewachte die freigelassenen Studenten rund um die Uhr. Ich musste also zwei Stunden vor den anderen am verabredeten Treffpunkt erscheinen, damit niemand meine Anwesenheit bemerkte. Sie berichteten von ihrem Leben im Gefängnis und erzählten mir, wie man die Jahre der Isolation übersteht und wie es sich anfühlte, einen so großen Teil seines Lebens verloren zu haben.
»Wir waren auf diese Möglichkeit vorbereitet«, sagten sie. »Wir hatten gesehen, wie schon frühere Generationen von Aktivisten ihr Leben geopfert hatten oder ins Gefängnis geworfen wurden.«
Einer von ihnen erzählte, dass er jeden Tag seiner Gefangenschaft so betrachtet hatte, als befände er sich noch immer in Freiheit. Wenn das Frühstück durch eine Luke in der Tür hereingeschoben wurde, dachte er an die Küche zu Hause bei seinen Eltern. Wie sie dort zusammensaßen, Tee tranken und Reis aßen. Abends phantasierte er über Begegnungen mit Verwandten und Freunden, ihre Unterhaltungen, ihr Gelächter und ihre Streitereien. Alltag.
Und so wie Aung San Suu Kyi während ihrer Zeiten im Hausarrest, meditierten sie jeden Tag mindestens eine Stunde. Auf diese Weise ließen sich die Gedanken klären, und man konnte sich auf die Teile des Daseins konzentrieren, die sich beeinflussen
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