Im Bann der Dämonin
hatte.
Carlotta trug ein tief ausgeschnittenes, blutrotes Kleid und betrachtete das Spektakel von einer Galerie aus. Sie lächelte und entblößte dabei ihre weißen, haiartigen Zähne, die noch spitzer geworden zu sein schienen seit ihrer letzten Begegnung.
„La lucciola!“
„La tenutaria!“ Luciana erwiderte die Begrüßung mit demitalienischen Wort für „meine Dame“.
„Ich hasse dieses Wort. Ich habe dir gesagt, du sollst mich nie so nennen.“
„Danke gleichfalls.“
Alle Dämonen in Hörweite lachten, denn alle verstanden, worauf Luciana sich bezog. Luciana beachtete sie nicht, sondern erklomm die Treppe. Dabei sah sie die Kurtisane an. „Ich muss augenblicklich mit dir sprechen.“
Doch Carlotta lächelte nur. „Woher wusstest du denn, dass wir eine Party feiern, la lucciola ? Wir haben so viel Spaß! Mach doch mit! Du hast in dem Geschäft ja nie dein volles Potenzial ausgeschöpft. Du hättest so viel besser sein können.“
„Ich mache so etwas nicht mehr“, presste Luciana hervor. „Schon lange nicht mehr.“
Um dem Lärm zu entgehen, zogen sich die Frauen in Carlottas Büro zurück, wo sich jedoch gerade ein Paar auf dem Schreibtisch vergnügte. Carlotta scheuchte sie weg und setzte sich in einen Sessel, während die beiden ihre Sachen zusammensammelten und rasch das Zimmer verließen.
„Also, wieso bist du hier? Wolltest du nur mal sehen, wie es mir geht? Oder willst du mich niedermachen, weil ich diesem großen starken Engel den Weg zu deinem Haus gezeigt habe? Ich hoffe, er hat gefunden, wonach er suchte.“
„Wie viel hat er dir gegeben?“
Carlotta lächelte und klimperte mit den Wimpern. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“
„Wie viel hat der Engel dir bezahlt, damit du mich verrätst?“
Die Kurtisane seufzte. „Es war eine geringfügige Summe im Spiel. Aber ich hätte es ihm auch so gesagt, weißt du. Du bist ein solches Miststück. Du kommst nur zu mir, wenn du dich beschweren willst. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wieso du ihn überhaupt hierhergebracht hast. Du hast uns damit alle in Gefahr gebracht, während dein eigener Haushalt schön in Sicherheit blieb.“
„Das hast du ja nun geändert, nicht wahr? Dir habe ich es zu verdanken, dass die Casa Rossetti nicht länger sicher ist. Vergiss nicht, was für dich auf dem Spiel steht, wenn mein Haus infiltriert wird“, drohte Luciana ihr. „Oder muss ich dich daran erinnern, was sich dort alles zugetragen hat?“
„Nein. Aber wieso musstest du mit ihm ausgerechnet hierherkommen?“
„Mich hierherzuflüchten war das Einzige, was mir einfiel, als der Engel hinter mir her war. Ich hatte vorgehabt, ihn zu verführen, und hier wäre der ideale Ort dafür gewesen.“
Es war tatsächlich der ideale Ort gewesen. In seinem Traum. Aber das brauchte Carlotta nicht zu wissen.
„Ihn zu deinem Haus zu führen war die einzige Möglichkeit, ihn loszuwerden“, konterte Carlotta. „Das war eine echte Befriedigung für mich, obwohl ich wusste, dass du sofort hier aufkreuzen und herumschnüffeln würdest.“
Luciana lagen eine Million Beleidigungen auf der Zunge. Doch sie schluckte sie herunter, denn es hatte einfach keinen Wert, zu streiten.
„Und was willst du jetzt mit ihm machen? Es sollte nicht allzu schwierig sein, ihn zu verführen, falls du das immer noch vorhast. Betritt seine Gedankenwelt – das sollte dir nicht allzu schwerfallen. Du treibst dich doch sicher immer noch in den Träumen von Männern herum?“
„Von Zeit zu Zeit kann das vorkommen.“ Luciana lächelte herablassend.
„Wie machst du das?“
„Ich kann es nicht erklären. Wie kann man sehen? Fühlen? Schmecken? Berühren? Hören? Die Träume anderer Personen sind für mich wie eine Sinneswahrnehmung. Ich spüre dieselben Dinge wie in der wachen Welt. Ich weiß nicht, wie das geht. Ich weiß nur, dass es geht“, erklärte Luciana. „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich allerdings vom Unterbewusstsein dieses Mannes fernhalten. In der Tat habe ich vor, ihnüberhaupt zu entsorgen.“
„Wenn du ihn nicht willst, bring ihn hierher zurück. Hier gibt es eine Menge Mädchen, die ihm voll Freude zur Verfügung stehen würden. Ich selbst nicht ausgenommen.“
„Ach ja. Ich hatte vergessen, wie sehr du magst, was anderen Frauen gehört.“ Luciana richtete den Blick ganz offensichtlich auf die feinen Smaragdohrringe, die Carlotta trug.
Die Ohrringe, die Carlotta ihr gestohlen hatte.
Die Smaragde, die Luciana von ihrer Mutter zur
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