Im Bann der Dämonin
Unterarm.„Komm mit mir!“
„Ich will meinen Schmerz lieber behalten, vielen Dank.“ Seine Worte waren der reinste Hohn, denn am liebsten hätte er sie gepackt und sofort genommen.
„Wenn du nicht kooperieren willst, auch gut. Ich brauche deine Erlaubnis nicht. Wo waren wir stehen geblieben, als wir das letzte Mal zusammen waren?“ Luciana drängte sich eng an ihn. „Wenn ich mich richtig entsinne, standen wir in einem Türeingang in der Nähe des Markusplatzes, als dein Boss uns unterbrach.“
Der dunkle Nebel um sie herum begann sich zu verdichten, und die Kulisse wurde zu dem Ort, an dem sie in der Nacht zuvor gewesen waren. Sie presste sich an ihn, und diesmal war sie es, die ihn gegen die Tür drängte.
„So war es doch, nicht wahr?“, sagte sie verführerisch und streichelte seinen Oberkörper mit der flachen Hand.
„Lass mich“, knurrte er, schnappte sich ihr Handgelenk und zerrte sie von sich weg. Michaels Warnung fiel ihm wieder ein. „Nicht so.“
Sie zögerte, ließ von ihm ab. „Was willst du dann? Ihr Engel seid so langweilig! Deine geheime sexuelle Fantasie ist wahrscheinlich ein Dreier im Heu mit zwei Cowgirls! Lass mich dir doch einfach zeigen, welche Möglichkeiten sich dir auftun könnten!“
Um sie herum veränderte sich wieder die Kulisse, die Farben von Venedig verschwanden in einem Wirbel.
Als die Szene wieder konkreter wurde, sah man einen Strandabschnitt, der sich zu einer langen, weiten, von Palmen gesäumten Bucht öffnete. Zwei junge Frauen, eine blond, die andere rothaarig, tollten oben ohne im Meer und winkten Brandon zu, hereinzukommen. Als er keine Anstalten machte, sich zu ihnen zu gesellen, kamen sie aus dem Wasser. Kichernd liefen sie auf ihn zu. Auf ihrer nackten Haut glitzerte in der Sonne das Salzwasser.
„Das ist keine meiner Fantasien.“
Luciana neigte den Kopf und beäugte ihn neugierig. „Ach nein? Was willst du dann? Mehr Frauen?“
Aus dem Nichts tauchten plötzlich weitere Frauen in der Brandung auf.
Brandon verschränkte die Arme. Er wollte nichts von diesen Frauen.
Wieder veränderte sich die Szenerie. Diesmal hatte Luciana ihn in ein üppig dekoriertes Schlafzimmer gebracht, in dem eine Frau und zwei Männer auf einem Bett lagen. Die Männer waren durchtrainiert und knackig, und als sie Brandon sahen, lächelten sie einladend.
„Willst du mitmachen?“, fragte einer der beiden. „Oder soll ich euch Jungs alleine lassen?“
Luciana stand im Hintergrund und hob fragend die Brauen. „Tut mir leid, schon wieder falsch.“
„Was ist es denn dann?“ Luciana blickte ihn frustriert an. „Sag es mir!“
Alles, was ich will, bist du .
Die unausgesprochenen Worte hingen zwischen ihnen, so sichtbar, als hätte er sie schwarz auf weiß niedergeschrieben. So laut, als er hätte er sie durch ein Megafon gebrüllt. Er wusste, dass diese Worte ihr Angst einjagten. Nur deshalb hatte sie ihm so viele Personen präsentiert, die ihm Lust bereiten sollten.
„Hast du solche Angst vor dem, was passieren könnte, wenn wir zwei miteinander allein sind? So wie beim letzten Mal?“
Als du davongelaufen bist?
„Nein, natürlich nicht.“ Doch ihr Zittern sagte das Gegenteil.
„Mir reicht es. Bring mich zurück nach Venedig!“
„Va bene.“
Sie schluckte. Ihre Entschlossenheit schien zu wanken, das konnte er in ihren Augen lesen.
Ein letztes Mal wandelte sich die Szenerie. Als der Nebelverschwunden war, begann Brandons Herz so stark zu klopfen, dass es fast in seiner Brust zersprungen wäre.
Denn er hatte nach unten geblickt, und der Boden befand sich mindestens neunzig Meter unter ihm.
Und er hing in der Luft.
10. KAPITEL
D er Blick vom Campanile um Mitternacht war immer beeindruckend.
„Du bist wohl immer für eine Überraschung gut?“ Brandon schaute sich etwas irritiert um.
Doch mittlerweile hatte sich der Backsteinsims des Glockenturms materialisiert, auf dem sie jetzt standen.
„Wo sind wir?“
„Zurück in Venedig.“ Luciana hielt ihr Gesicht in die Brise. Und Venedig ist selbst die halbe Verführung.
Unter ihnen glänzten die fünf Kuppeln des Markusdoms hell im Mondlicht. Im Umkreis von mehreren Kilometern erstreckte sich ein Gewirr aus braunen Dächern und mäandernden Sträßchen. Wo die Stadt endete, begann das Meer. Die dunkle Adria erstreckte sich in die Unendlichkeit der Nacht. Über ihnen funkelten die Sterne und bildeten einen leuchtenden Kontrast zum dunklen Samtblau des Himmels.
Venedig von oben, das war
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