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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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siebenundfünfzig Wege, eine Weinflasche zu öffnen.
    »Lado …«
    Der Händler blickte mit dem Korken im Mund in den tadelnden Gesichtsausdruck seiner Frau und zog unwillkürlich die Schultern ein.
    »Draußen stehen zwei Dutzend Fuhrwerke, die nicht weiterkommen, und du –« Seine Frau sah ihn an, als wären ihm gelbe Glunzhaare aus der Nase gewachsen.
    »Was?« Ladomir blickte hinter sich. »Sprich, Weib!«
    »Dein Gesicht, Lado! Das ist … modriger Mummatsch! Das ist ja … widerlich!«, sagte Lavina voller Abscheu und tippte Ladomir vorsichtig auf die Wange. »Da ist eine Beule und sie ist blau und … und … sie wölbt sich immer mehr!«
    Entgeistert starrte ihr Gatte auf den grellblauen Schleim, der über seinen Wangenknochen hinweg auf den Boden tropfte.
    »Deine Haut zieht sich nach hinten. Und sie … platzt auf!«, krächzte seine Frau.
    Dem Händler glitt vor jähem Entsetzen die Flasche aus der Hand.
    »Blattern!«, hustete er und kroch zurück in seine Röhre. Ihn beschlich eine furchtbare Ahnung: Blattern holte man sich nicht. Mit Blattern wurde man belegt!
    Mehr rutschend als kriechend plumpste er rittlings in sein Büro zurück und sah sich suchend um. Wo hatte er …? Sein Blick fiel auf den Jutesack, auf dem unberührt die beiden Pergamentrollen lagen. Mit einer Hand riss Ladomir das Band von dem Schriftstück, während er mit der anderen den unablässig tropfenden Schleim aus seinem Gesicht wischte.
    Schnell überflog er die ersten Zeilen:
    VERANSTALTUNGEN IM VIERTEN MOND
Verrückter Bart-Wettbewerb ~ auf der Plaza
Beginn: sobald der Eimer kippt
Altweibermarkt
Teilnahme: Lemurinnen ab tausendachthundert Annoten
Lemurische Spiele in Zompan ~ Ende des vierten …
    Ladomir las nicht weiter. Stattdessen riss er das andere Pergament auf. Er erkannte die saubere Handschrift sofort wieder.
    Es ist nachlässig von Euch , diese abgelegene Räumlichkeit ohne Wächter zu lassen …
    Hektisch drehte der Händler sich um. War er allein?
    Alles schien unverändert, obgleich ein Vine sich so tarnen konnte, dass er nicht auszumachen gewesen wäre, zumindest nicht, so lange er nüchtern war.
    Ängstlich sank Ladomir tiefer in seinen Sitzsack, tastete mit zittrigen Händen nach der Karaffe, nahm einen tiefen Schluck zur Beruhigung und las die nächste Zeile.
    Grüne r Bargamond ei gnet sich hervorragend zum Anreichern seltener Substanzen, die Trutzenanische Blattern hervorrufen können .
    Prustend spuckte er den Bermond wieder aus. Einen Moment starrte er entgeistert auf die Karaffe. Dann las er die letzte Zeile:
    Nicht selten verlaufen sie tödlich.
    Mit einem Satz war der Händler bei seinem Schreibpult, auf dem unberührt das Schreiben an den Ältestenrat lag. Der Tintenfleck war inzwischen eingetrocknet. Er wischte das Pergament beiseite und griff nach der silbernen Unterlage.
    »Bei den Hexen …«, flüsterte Ladomir.
    Verschwommen blickte ihn ein vollkommen aus der Form geratenes Gesicht von der mattspiegelnden Fläche entgegen. Es sah aus, als hätte jemand mit Gewalt seine Haut nach hinten gezogen und dabei vergessen, dass sie irgendwo nachgeben musste. Ladomir befühlte seine Nasenwurzel, unter der sich etwas Fremdartiges zu bewegen schien. Wie eine fette Made, die sich den Weg durch ihren Kokon bahnte. Mit einem sprotzenden Geräusch brach die Hülle auf, um im hohen Bogen den bläulichen Schleim auszuhusten.
    Ladomir versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren. Waren Blattern wirklich tödlich? Er wusste es nicht. Er kannte niemanden, der Blattern gehabt hatte. Genau genommen war er sich nicht einmal sicher, ob es welche waren, denn sie galten seit Dekaden als ausgestorben. Früher nannte man sie »den Fluch der Hexen«. Stimmte das? Ein Hexenfluch?
    Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.
    Mit einem raschen Blick in die Röhre versicherte sich der Color, dass seine Frau nicht mehr in der Nähe war, nahm einen der vielen Schlüssel von seinem Bund und schloss die zweite der elf Ketten auf, an denen die Hexenbücher baumelten.
    Vorsichtig wog er das Buch in seinen Händen. Dieser Band war besonders alt, einer der ältesten überhaupt, die Ladomir je besessen hatte. Daher ging er davon aus, dass er am meisten wusste. Viele der Bücher enthielten triviale Inhalte, die nur hetzten und schimpften. Doch die alten bargen so manches Geheimnis, für das der eine oder andere seinen Bart abgeschnitten hätte.
    »Verzeihung«, murmelte Ladomir. »Es war keine … entschuldigt bitte.

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