Im Bannkreis Des Mondes
Pferd.«
»Vielleicht solltest du diese Ansicht noch mal überdenken.« Sie zögerte und blickte unter gesenkten Lidern zu ihm auf. »Schließlich sind deine Krieger mit Wildbret zurückgekommen. Du nicht.«
Alle Männer ums Feuer wurden mit einem Schlag still. Jeder hatte die Bemerkung Abigails gehört und wartete gespannt auf Talorcs Antwort.
Er würde keinesfalls zugeben, dass sein Wolf den ganzen Morgen damit verbracht hatte, über eine Frau nachzudenken, die auf seine Wolfsgestalt mit blankem Entsetzen reagiert hatte. Talorc blickte sie finster an und ließ sie dadurch wissen, dass er sich auf keinen Fall dafür rechtfertigen würde, ohne Fleisch zurückgekommen zu sein.
»Vielleicht ist an deinem mangelnden Jagdglück ja dein Plaid schuld, das du vergessen hast anzulegen? Du hast deine Beute einfach mit deinem nackten Anblick verscheucht.« Ihre Mundwinkel gingen nach oben, obwohl ihr Blick nach wie vor brav war.
Sie neckte ihn! Seine schüchterne kleine Menschenfrau wagte es, den Laird der Sinclairs zu verspotten! Der verblüffte Ausdruck auf Earcs Gesicht und die versteckte Heiterkeit in Nialls Miene verrieten Talorc, dass ihnen dieser Scherz ebenso wenig entgangen war. Die anderen Männer zeigten eine Mischung aus Sorge und Verlegenheit. Sie missverstanden die Worte seiner Frau als offene Kritik.
»Highlander jagen ohne Bekleidung, seit sie dieses Land in Besitz genommen haben.«
»Hmmm«, machte sie unverbindlich.
»Hast du etwa Angst, ich kann nicht für dich sorgen?«, fragte er und starrte sie finster an.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen spitzbübischen Blick zu, bei dem er fast rückwärts vom Baumstamm fiel. »Vielleicht!« Sie kaufte ihm den gespielten Ärger nicht ab.
Einer der Sinclair-Krieger keuchte entsetzt auf. Die Männer nahmen die Auseinandersetzung ernst.
»Ihr braucht Euch nicht um Euer Wohl zu sorgen, Lady. Unser Clan sorgt für den Laird, wie er für uns sorgt«, sagte Niall und setzte der scherzhaften Auseinandersetzung die Krone auf.
»Ja, ich denke, das ist eine gute Vereinbarung«, bemerkte sie trocken und biss herzhaft in die knusprige Kaninchenkeule.
Talorc warf Niall einen gespielt finsteren Blick zu und schüttelte leicht den Kopf. Circin runzelte die Stirn. »Du nimmst eine so schamlose Beleidigung aus dem Mund deines Kriegers einfach so hin?«
»Niall hat mich genauso wenig beleidigt wie meine Frau.« Er schaute Abigail an, die jetzt eindeutig breit grinste. »Oder hast du mich beleidigt?«
»Nein, mein Laird. Das würde ich niemals tun.«
Circin schien nicht vollends überzeugt zu sein. Aber …«
»Tatsächlich habe ich vollstes Vertrauen in meine Frau. Sie verspricht mir bestimmt, in der kommenden Woche nur das zu essen, was ich für sie erlege.«
»Ganz bestimmt«, pflichtete Abigail ihm bei.
Erst jetzt merkte der Donegal-Junge, was hier los war. »Ihr habt Euren Laird gehänselt.«
Sie kicherte nahezu lautlos. »Ja.«
»Niemand hänselt den Laird der Donegals.«
»Nicht mal seine Frau?«, fragte Abigail.
»Unsere Lady ist vor zehn Jahren gestorben.«
»Das erklärt alles. Er ist vermutlich noch in Trauer«, bemerkte Abigail.
Der junge Soldat nickte sehr ernst. »Aye. Das ist er. Der größte Teil seines Herzens ist mit ihr gestorben. Sie waren wahrhaftig gute Gefährten füreinander.«
»Für einen Mann und seine Frau ist es wichtig, wenn sie befreundet sind«, erklärte Abigail. Sie missverstand eindeutig die Bedeutung des Wortes Gefährten .
Circin warf Abigail einen verwirrten Blick zu, der ihr aber entging, da sie jetzt konzentriert Talorc anblickte. Er erwiderte ihren Blick.
»Findest du nicht auch?«, fragte sie. Etwas Sehnsüchtiges lag auf ihrem hübschen ovalen Gesicht.
»Es wäre schon genug, wenn man hofft, keine Feinde zu sein«, war alles, was er zuzugeben bereit war.
Wie konnte er mit einer Frau befreundet sein, die als Sassenach geboren und aufgewachsen war? Jetzt, da er sie mit in sein Bett genommen hatte, blieb ihm eine Gefährtin auf ewig verwehrt. Es wäre ihm unmöglich, Kinder zu bekommen, denn ein Chrechte konnte keine Nachkommen mit einer Menschenfrau haben, solange nicht mit ihr die Verbindung bestand, die wahre Gefährten einte. Ihm, der so sehr darum kämpfte, das Überleben der Chrechte zu sichern, blieb das Glück verwehrt, sein eigenes Wolfswesen an die nächste Generation zu vererben.
Der Gedanke ließ ihn aufspringen. »Ich übernehme die erste Nachtwache.«
Abigail lief auf und ab.
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