Im fernen Tal der Hoffnung
darüber zu sprechen? Wie zum Teufel bist du überhaupt auf die Idee gekommen? Hast du dir gar keine Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen das auf Wangallon hat? Wir können uns so eine riesige Veränderung nicht leisten, abgesehen davon, dass ich kein Interesse daran habe, Weizen anzubauen!«
» Wir können es uns nicht leisten, es nicht zu tun«, erwiderte Anthony ruhig. » Wir müssen Wangallon besser managen, damit die Farm überleben kann.«
» Verdammt, Anthony, was ist nur in dich gefahren? Du kannst doch nicht einfach losgehen und so etwas tun. Mir kommt es so vor, als ob dir Wangallon ganz egal ist. Und meine Meinung scheint dich ja nicht zu interessieren.«
Anthony hielt einen Umschlag hoch. » Ich denke ständig nur an dich und Wangallon.« Er reichte ihr den Brief. Er war zerknittert und mit einem Fettfleck verziert. Zwar war er nicht geöffnet, aber anscheinend hatte er ihn schon eine ganze Weile mit sich herumgetragen. » Wir haben Schulden, Sarah. Das weiÃt du, aber du scheinst unter dem Eindruck zu stehen, dass es auf Wangallon immer so weitergehen kann wie in der Vergangenheit.«
» Alle groÃen Farmen arbeiten auf Kredit. Aber wir machen in den meisten Jahren Profit und zahlen unsere Zinsen immer. Selbst wenn wir ein schlechtes Jahr haben, lässt uns die Bank nicht im Stich. Wangallon ist wie ein groÃes Schiff, das unabhängig vom Wetter immer voransegelt.«
» Ja.« Anthony nickte zu dem Brief hin. » Hier ist dein Eisberg.«
Sarah blickte auf den Luftpost-Brief. Er kam aus Schottland. Ihr drehte sich der Magen um.
» Eine gute Weizenernte würde uns eine gewaltige Finanzspritze verpassen«, sagte Anthony langsam. » Wenn der Preis bei zweihundert Dollar bleibt, könnten wie die Entwicklungskosten für dieses Jahr auf einen Schlag zurückzahlen. Wenn wir die Fläche von achthundert auf zweitausend Hektar erweitern könnten, kämen wir auf eine Tonne Weizen, und das würde einen Gewinnâ¦Â«
Erneut blickte Sarah auf die schottische Briefmarke. » Abzüglich Steuern, abzüglich Kosten für Chemie, abzüglich die erforderliche Infrastruktur.« Sie öffnete den Brief. » Abzüglich der Tatsache, dass du es nicht für nötig befunden hast, vorher mit mir darüber zu sprechen.« Sie las den Brief.
Sarah,
zuerst habe ich überlegt, die ganze Angelegenheit einem Anwalt zu übergeben, aber jetzt habe ich doch beschlossen, selbst nach Australien zu kommen. Ich tue dies weder leichtherzig noch mit besonderer Freude, aber ich möchte Wangallon einen Besuch abstatten, nachdem ich mich jetzt mit der Tatsache abgefunden habe, dass wir dank des Fehltritts deines Vaters Halbgeschwister sind. Wenn Du meine aufrichtigen Gefühle jemals erwidert hast, hoffe ich, Du heiÃt mich willkommen. Du hast das ärmliche Cottage meiner Eltern gesehen und die Frau kennengelernt, die Dein Vater verlassen hat. Ich glaube, ich kann mit meinem Erbe das Unrecht, das ihr geschehen ist, wiedergutmachen. Ich treffe am 8. des nächsten Monats ein und habe einen Charterflug zu dem kleinen Flughafen in Wangallon Town gebucht. Zwar wird es keine glückliche Wiederbegegnung sein, doch ich will das Beste hoffen.
Jim
» Aufrichtige Gefühle?« Anthony hatte den Brief über ihre Schulter mitgelesen. » Hatte er sich in dich verliebt?«
Sarah zerknüllte den Brief. » Das war nur ein Flirt.«
» Ich verstehe.«
Aber Anthony konnte das nicht verstehen. Ihre Reise nach Schottland vor zweieinhalb Jahren, die sie angetreten hatte, um zu sich selbst zu finden, hatte sie auch an den Ort geführt, an dem ihr Vater Ronald vor fünfundzwanzig Jahren eine Affäre gehabt hatte. Sarah und Jim hatten sich durch Zufall kennengelernt und eine Woche an der nördlichsten Spitze von Schottland verbracht. Und während Jim sich in sie verliebt hatte, hatte Sarah sich einfach nur an ihrer Freiheit gefreut.
» Also, irgendwann hat dieser Typ entdeckt, dass die Frau, auf die er scharf ist, eigentlich seine Halbschwester ist, dass sein Vater nicht sein wirklicher Vater ist und seine Mutter ihm untreu war.« Anthony blickte mit ausdrucksloser Miene in den Garten. » Und dann stellt er fest, dass man ihm einen Anteil an einer groÃen Farm in Australien hinterlassen hat.« Anthony wandte sich Sarah zu um. » Nun, Jim Macken ist im Testament deines GroÃvaters erwähnt.
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