Im Feuer der Nacht
Ihrer Mutter zurück. Dann muss ich gehen.«
Genauso geschah es auch. Als er das Empfangszimmer verließ, schaute er mit einer gewissen Befriedigung auf die abendliche Unterhaltung zurück - was auch er ganz bestimmt nicht erwartet hätte.
Penelope hatte den Blick auf seine breiten Schultern gerichtet, bis er nicht mehr zu sehen war. Erst dann machte sie sich die Mühe, ihre Nerven zu beruhigen und die Lage zu taxieren.
Und als sie es tat ... »Verdammt'.«, stieß sie atemlos hervor. Es gelang ihr beim besten Willen nicht, einen Fehler an Barnaby Adair zu entdecken. Weder an seinen detektivischen Fähigkeiten, und, zu ihrer größten Überraschung, noch weniger an seinen Eigenschaften als Gentleman. Das war kein gutes Zeichen. Denn gewöhnlich verschwendete sie spätestens dann keinen Gedanken mehr an einen Gentleman, wenn sie das zweite Mal mit ihm gesprochen hatte.
Aber Barnaby Adair ließ sich nicht aus ihren Gedanken verjagen; es lag nicht zuletzt daran, dass sie ihn nicht fortschicken durfte.
Penelope hatte keine Ahnung, was sie unternehmen sollte. Aber es war vollkommen klar, dass etwas geschehen musste. Entweder würde sie sich darum kümmern müssen, seine Wirkung auf sie zu neutralisieren - oder sie würde weiterhin unter ihren launisch kribbelnden Nerven und elenden Gefühlen zu leiden haben.
Letzteres kam überhaupt nicht infrage. Und solange sie Ersteres nicht erledigt hatte, würde sie eindeutig nicht fähig sein, so mit ihm umzugehen, wie sie es sich wünschte.
5
Am nächsten Morgen stand Inspektor Basil Stokes in der St. John’s Wood High Street und starrte auf die Tür des kleinen Ladens. Nach ein paar Sekunden nahm er die Schultern zurück und ging hinein.
Die Glocke über der Tür bimmelte. Zwei Mädchen, die auf einer Bank im hinteren Teil des engen viereckigen Raumes arbeiteten, schauten auf und wechselten schnelle Blicke. Ein Mädchen -Stokes hielt es für das ältere - legte die Haube beiseite, die es gerade getrimmt hatte, und kam nach vorn an den schmalen Tresen.
»Kann ich Ihnen helfen, Sir?«, fragte sie zögernd.
Er konnte ihre Irritation nur zu gut verstehen. Schließlich gehörte er nicht zur Kundschaft, die üblicherweise den Laden einer Putzmacherin frequentierte. Stokes schaute sich um, zuckte beinahe zusammen, als er die Fülle der Federn, Spitzen, Bänder und allerlei Tand entdeckte, der über kleine Pflöcke und Musterhüte in verschiedenen Formen geschlungen war. Er fühlte sich vollkommen fehl am Platz, so als ob er ungebeten das Boudoir einer Lady betreten hatte.
Schließlich wandte er den Blick wieder auf das runde Gesicht des Mädchens. »Ich bin gekommen, um Miss Martin zu sprechen. Ist sie anwesend?«, wollte er wissen.
Das Mädchen musterte ihn nervös. »Wen darf ich melden, Sir?«
Er war kurz davor, seinen Titel zu nennen, als ihm einfiel, dass Griselda - Miss Martin - es gar nicht schätzen würde, wenn ihre Angestellten erfuhren, dass die Polizei bei ihr zu Besuch war. »Mr. Stokes. Ich wage die Behauptung, dass sie sich an mich erinnern wird. Ich würde gern einen Augenblick ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen, wenn sie es einrichten kann.«
Wie viele andere konnte auch das Mädchen seinen gesellschaftlichen Rang nicht einordnen. Vorsichtshalber knickste sie. »Ich werde fragen.«
Sie verschwand hinter dem schweren Vorhang, der den hinteren Teil des Ladens abtrennte. Stokes schaute sich um. An einer Wand hingen zwei Spiegel, und in einem fing er sein Bild auf, eingerahmt von Federn und Spitzen, künstlichen Blumen und Flitterkram an der Wand hinter ihm. Rasch schaute er weg.
Hinter dem Vorhang murmelten Stimmen, kamen näher. Er fixierte den Blick auf den Vorhang, als der sich teilte - und eine Erscheinung, die genauso zauberhaft war, wie er sie in Erinnerung hatte, schritt in den Laden.
Griselda Martin war weder groß noch klein, weder plump noch schlank. Ihr Gesicht war rund mit angenehmen Zügen - und großen, kornblumenblauen Augen, umrandet von dichten schwarzen Wimpern, einer hohen Stirn und einer nach oben gebogenen Nase, auf der ein paar Sommersprossen zu finden waren, blühenden Wangen und Lippen wie Rosenknospen. Obwohl sie alles andere als eine Salonschönheit war, war sie für Stokes in jeder Hinsicht perfekt.
Ihre Augen sahen aus, als müssten sie eigentlich funkeln, aber als sie ihn anschaute, wirkten sie ernst, vorsichtig und einen Hauch wachsam. »Mr. Stokes?«
Sie vermied ebenfalls, ihn bei seinem Titel zu nennen. Er neigte den
Weitere Kostenlose Bücher