Im Herzen der Nacht - Roman
zurückgeschleudert.
»Um das mal klarzustellen«, schrie Camulus, »wir wollten Acheron töten, Apollymi befreien und unseren göttlichen Status zurückgewinnen. Ich persönlich will nirgendwo regieren. Aber wenn dieser Kerl so weitermacht, wird er mit
diesem mythischen Gesang alles Leben beenden, das wir kennen, und die Welt ins Chaos stürzen.«
»Was sollen wir tun, Talon?«, fragte Sunshine.
Es gab nur eine einzige Möglichkeit, man musste Acheron zur Vernunft bringen. Talon küsste Sunshine, dann wandte er sich von ihr ab. Er war nicht ins Totenreich und wieder zurück gereist, um sie zu retten und noch einmal zu verlieren. Er sammelte seine restlichen Kräfte, die ihn wie ein schützender Kokon einhüllten. Obwohl er nicht mehr unsterblich war, besaß er immer noch die übersinnlichen Fähigkeiten eines Dark Hunters. Hoffentlich würden sie genügen.
Langsam erhob er sich, wehrte einen Blitzstrahl ab und ging vorsichtig durch den Strom der Elemente, bis er Acheron erreichte. Wenn er Ruhe bewahrte, würde Ashs Zorn ihm nichts anhaben. »Hör auf, T-Rex.«
Ash antwortete in einer unverständlichen Sprache, und Styxx übersetzte, was sein Bruder gesagt hatte. »Wenn du nicht zurückweichst, wirst du sterben. Nun wird er die Zerstörerin rufen.«
»Das kann ich nicht zulassen«, erwiderte Talon.
Ohrenbetäubendes Gelächter erfüllte den Raum. Um Acheron von seinem Gesang abzulenken, und weil Talon nicht wusste, was er sonst tun sollte, warf er sich auf ihn und stieß ihn zu Boden.
Kreischend bäumte sich der Drache auf. Sunshine hielt den Atem an, als sie den Kampf beobachtete. Unter ihren Füßen bebte der Boden, heftige Erschütterungen drohten das ganze Haus zu zerreißen. Wie zwei große urtümliche Bestien rangen die beiden miteinander, und das Schicksal der Welt hing davon ab, wer gewinnen und wer verlieren würde.
Während Sunshine das grausige und zugleich faszinierende Geschehen verfolgte, flüsterte sie ein Gebet.
Artemis versuchte erneut an Acheron heranzukommen und fiel auf den Rücken.
»Eins muss man dem Jungen lassen«, meinte Camulus, »er war schon immer ein tüchtiger Kämpfer.«
Als Talon diese Worte hörte, hielt er inne.
»Niemals hast du gelernt, welchen Platz du in dieser Welt einnimmst, Speirr! Niemals wusstest du, wann es besser gewesen wäre, deine Waffe niederzulegen und dein Los hinzunehmen!«
Ja, Camulus hatte recht. Bis jetzt hatte Talon nicht gewusst, wann er kämpfen und wann er den Rückzug antreten sollte. Dank seiner inneren Ruhe war es ihm gelungen, Acheron zu erreichen.
Und dann erinnerte er sich an Acherons Worte in jener Nacht, in der er ein Dark Hunter geworden war. »Ich kann die Qualen so tief in deinem Inneren vergraben, dass sie dich nicht mehr peinigen. Aber lass dich warnen - nichts wird jemals umsonst gewährt, nichts ist von endloser Dauer. Eines Tages wird etwas geschehen, das deine Gefühle und den Schmerz der Vergangenheit wachruft. Alles, was in dir verschüttet war, taucht wieder auf und vernichtet dich und alle in deiner Nähe.«
Waren diese Worte für ihn bestimmt gewesen? Oder für Ash? Talon schaute zu seinem Gegner auf und erkannte Acherons Zorn. Ja, das hatte der Atlantäer in jener Nacht gemeint. Beide hatten ihre Gefühle so lange gezügelt, bis sie vor lauter Wut blind für die Vernunft geworden waren. Sie attackierten blindlings, statt sich zurückzuziehen und den Sinn eines Kampfes zu überdenken.
Mit geschlossenen Augen beschwor Talon die besänftigende innere Ruhe herauf, die Ash ihn gelehrt hatte.
Acheron stürzte sich wieder auf ihn. Diesmal wehrte Talon ihn nicht ab. Stattdessen umarmte er ihn wie einen Bruder.
Von einer Macht erfüllt, von der er bisher nichts geahnt hatte, nahm er Ashs Gesicht in beide Hände und versuchte den Blick des alten Freundes auf sich zu lenken. Die Züge des Griechen waren nicht mehr menschlich, nicht mehr attraktiv, sondern dämonisch, die Augen blutrot und gelb, kalt und gnadenlos. Böse. Nie zuvor hatte Talon so etwas gesehen, niemals geahnt, welch übergroße Macht der Atlantäer besaß.
Dieser Raserei musste er ein Ende bereiten. So oder so. »Acheron, es ist genug«, sagte er langsam.
Zunächst glaubte er, Ash hätte ihn nicht gehört.
Doch dann drehte Acheron den Kopf zur Seite und sah Sunshine am Boden liegen. »Talon«, stieß er heiser hervor. Seine Augen flackerten, dann starrte er ihn an.
Plötzlich erschütterte eine neue elektrische Woge den Raum, diesmal in entgegengesetzter
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