Im Herzen der Zorn (German Edition)
werden, Em, verstehst du das nicht? Ich brauche das.«
»Das verstehe ich«, erwiderte Em. »Und es tut mir leid, dass es mit dem Komitee nicht gut läuft. Aber meinst du nicht, du solltest der Sache vielleicht nicht so viel Bedeutung einräumen? Ich meine …« Sie sagte es vorsichtig, wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. »Es ist doch nur ein Ball. In zwanzig Jahren wirst du dich an nichts davon mehr erinnern. Weder an die Dekoration noch die Musik oder sonst irgendwas, das dir jetzt den Schlaf raubt. Lass uns am Wochenende einfach was im Party Shop aussuchen.«
»Im Party Shop ?« Gabby sprach jedes einzelne Wort aus, als handelte es sich um eine sexuell übertragbare Krankheit. »Em, das ist nicht wie unsere Einschulungsfeier auf der Middleschool. Weißt du was?« Ihre Stimme bebte erneut. »Da diese Sache offensichtlich das Allerletzte ist, was dich interessiert, suche ich mir eine andere zweite Vorsitzende. Jemanden, der versteht, dass die Deko nicht von diesem bescheuerten Party Shop kommen darf.« Und dann legte sie auf.
Em versuchte zurückzurufen, aber es klingelte nur zwei Mal und schaltete dann auf die Mailbox. Super. Ein toller Start in ihren Samstag.
Der Streit mit Gabby hing Em noch den ganzen Tag lang nach (was zumindest einen positiven Effekt hatte: Sie dachte einmal nicht dauernd an die Furien), während sie sich ehrlich bemühte, für die College-Aufnahmeprüfung zu lernen. Nachdem sie wieder eine Probeklausur verbockt hatte, schleuderte sie ihr Vorbereitungsbuch frustriert gegen die Wand. Da stand sie nun, mutterseelenallein an einem Samstagabend, vermisste Gabby und hatte nur den einen Wunsch, es irgendwie wiedergutzumachen.
Ihr fiel nur eine todsichere Lösung ein.
Sie rief bei Chinese Dragon Palace an und bestellte eine Lieferung.
»Wir haben noch Essen im Kühlschrank«, sagte Ems Mom mit hochgezogenen Brauen, als Em schließlich die Treppe herunterpolterte, um die Bestellung entgegenzunehmen. »Ich freue mich, dass dein Appetit zurückgekehrt ist, aber ich fände es besser, du würdest in etwas anderem schwelgen als in frittiertem Hühnchen und Frühlingsrollen.«
»Ich weiß, Mom.« Em zog einen zerknitterten Zwanziger hervor und drückte ihn dem Boten in die Hand. »Aber Gabby und ich sind … Gabby und ich hatten heute einen kleinen Streit. Und ich möchte ihr unbedingt etwas Gutes tun. Ich will ihr ein Friedensangebot unterbreiten«, erklärte sie und zeigte auf die Tüten. »Beziehungsweise in diesem Fall ein Frühlingsrollenangebot.«
»Und wie willst du das machen? Du kennst die neue Regel, was die Benutzung des Wagens am Wochenende betrifft. Es ist zu deiner eigenen Sicherheit, mein Schatz.«
Nach Ems Autounfall auf der Peaks Road und ihrem heimlichen Ausflug zur Baustelle des neuen Einkaufszentrums, der damit geendet hatte, dass JD verletzt worden war, hatten ihre Eltern ein Machtwort gesprochen.
»Bitte, Mom, es ist doch praktisch um die Ecke. Ich bin in ein paar Stunden wieder zu Hause.«
Mit einem Seufzer gab ihre Mutter nach. »Bis zehn solltest du aber wieder zurück sein, Em.«
Em war schon halb aus der Tür.
Als sie zum Auto trabte, hörte sie in JDs Einfahrt Werkzeug klappern. Sie sah gerade noch rechtzeitig hinüber, um JD unter Mr Founts Mustang hervorgleiten zu sehen, das Gesicht von seiner verrückten Pilotenmütze eingerahmt wie von einem Astronautenhelm. Er hatte die Jacke ausgezogen, vermutlich, um sie als Unterlage zwischen sich und den kalten Asphalt zu legen, und Em fiel unweigerlich auf, wie sich sein nackter Bizeps anspannte, als er mit den Armen gegen den Kotflügel drückte.
»Hey, du!«, rief sie aus alter Gewohnheit über den schmalen Rasenstreifen hinweg, der ihre Einfahrten trennte. Beinahe genauso schnell fiel ihr wieder ein, dass sie ja eigentlich kaum noch miteinander sprachen.
Als JD sich erhob und seinen groß gewachsenen, schlaksigen Körper aufrichtete, zuckte sein Blick über Ems Gesicht. Einen kurzen Moment sah er aus, als würde er sie glattweg ignorieren und ins Haus gehen. Aber dann fiel sein Blick auf die Tüten in ihrer Hand.
»Lass mich raten«, sagte er. »Frittierte Schweinefleischbällchen.«
»Und Sesamnudeln – dein Lieblingsessen«, brach es aufgeregt aus ihr heraus. »Speziallieferung für Gabby.«
Er schwieg und fuhr mit der Stiefelspitze über den verkrusteten Schnee. Um ein Haar wäre Em zu ihm hinübergestürmt und hätte die Arme um seine Hüfte geschlungen. Und hätte Bitte, bitte verzeih mir
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