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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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an.
    »(d) …«, verkündete er in festem Ton.
    Jane schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, wenn ich Sie unterbreche, aber könnten wir jetzt anfangen? Ich habe wirklich noch eine Menge Arbeit vor mir, mit der ich eigentlich umgehend weitermachen sollte.« Sie verstummte und gab dann ein Geräusch von sich, das wie ein Lachen klang, das man durch einen Fleischwolf hindurchdringen hört. »Obwohl ich darin beim besten Willen keinen Sinn sehen kann«, fügte sie hinzu. »Sie vielleicht?«
    Gänger senkte den Kopf und rührte seinen Kaffee mit einem Kugelschreiber um. Der Personalchef drehte irgendwas Knuspriges, Goldenes zwischen den Fingern und starrte in das Salzfäßchen.
    »Sie vielleicht?« wiederholte Jane.
    Einen Moment lang herrschte vollkommene Stille, abgesehen von dem Lärm, den 163 essende und lauthals miteinander redende Menschen im Hintergrund veranstalteten. Gänger zog den Kugelschreiber aus dem Kaffee, trocknete ihn sorgfältig in der Papierserviette ab und steckte ihn in die Innentasche zurück.
    »Vielleicht sollten wir es Ihnen erklären«, schlug er in bedächtigem Ton vor.
    Jane kniff die Augen zusammen, sagte »Aha« und griff unwillkürlich nach einem Kartoffelstäbchen. Allerdings war Gängers Ellbogen im Weg. Nun ja, die Reichweite des Menschen muß bei weitem seine Auffassungsgabe übertreffen, denn wozu gäbe es sonst einen Himmel?
    »Fahren Sie fort«, bat sie mit vollem Mund.
    Der Personalchef legte das knusprige goldene Etwas hin, aus dem ihm eine klebrige gelbrote Soße über den Handrücken lief, wodurch er wie ein verwundeter Marsbewohner aussah. Dann blickte er Jane in die Augen.
    »Es ist folgendermaßen«, begann er. »Was wir Ihnen über die Verwaltung erzählt haben – daß die in der Klemme steckt und den Überblick eines Außenstehenden und frischen Wind braucht –, war absolut offen und ehrlich gemeint. Das wissen Sie ja, Sie haben es schließlich selbst gesehen. Aber das ist noch nicht alles.«
    »Nein?«
    »Ganz und gar nicht.« Gänger, der sich vorbeugte, um die Bedeutung seiner Worte zu unterstreichen, erstarrte; dann hob er langsam einen Arm, untersuchte den Ellbogen und blickte angewidert drein. »Aber ehrlich, das hängt alles miteinander zusammen. Ich meine, gut, die Verwaltung befindet sich in einem furchtbaren Zustand. Aber wie ist es Ihrer Meinung nach dazu gekommen?«
    Jane dachte nach. »Durch das allgemeine Chaos«, antwortete sie.
    »Also von selbst, meinen Sie?« fragte der Personalchef. »Der Entropiesatz und seine Bedeutung für die behördliche Verwaltungspraxis. Was das betrifft, ist da natürlich was dran …«
    »Das können Sie laut sagen«, unterbrach ihn Jane. »Fragen Sie jemanden, der einmal für die Ausgabe von Büroklammern verantwortlich gewesen ist. Ich habe nie an Schwarze Löcher und Zeitkrümmungen geglaubt, bis man mir für eine Woche die Verantwortung für den Schrank mit dem Büromaterial übertragen hat.«
    »Aber das ist nicht die ganze Wahrheit«, fuhr der Personalchef fort. »Dinge, die sich im Naturzustand befinden, verfallen nämlich nicht von Natur aus in Unordnung. Wenn man aus einem Eimer Sand auf den Boden schüttet, bildet er einen makellosen hübschen Kegel. Gießt man Wasser aus, erhält man eine wunderbare Pfütze mit schön gleichmäßigen Rändern und einer vollkommen ebenen Oberfläche. Nur Arbeit verteilt sich überall, wenn man sie fallen läßt.«
    »Und zwar deshalb, weil Arbeit nicht natürlich ist«, warf Gänger mit vollem Mund ein. »Das gehört zur elementaren Wärmelehre.«
    »Ach, wirklich?«
    Gänger nickte und wischte sich die fettigen Lippen ordentlich mit einer Ecke der Serviette ab. »Arbeit«, erläuterte er, »ist als das Resultat einer auf eine ruhende Masse einwirkenden Kraft definiert …«
    »Also das Ablegen von Akten, ganz klar«, murmelte Jane. Gänger überhörte ihre Bemerkung.
    »… die dazu führt, daß die Masse Stoßkraft gewinnt«, fuhr er fort, »was Bewegung erzeugt, die wiederum Reibung hervorruft …«
    »Kommt drauf an, was man bewegt. Einmal habe ich eine Topfpflanze wegbewegt, die jemand anderem gehörte, weil ich von ihr Heuschnupfen bekommen habe, und danach hat es noch wochenlang Reibungen zwischen uns gegeben.«
    »… durch die Energie verlorengeht, was Entropie zur Folge hat.« Gänger nahm ein mit Zitronenduft parfümiertes Papierhandtuch und faltete es geistesabwesend in immer kleiner werdende Quadrate. »Wegen der Entropie franst die Arbeit sozusagen an den Rändern aus«,

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