Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
fuhr sie fort, »übten ihre Zauberkunst aus und schadeten niemandem. Kam jemand aus dem Dorf mit Schmerzen oder Kummer hierher, so wurde ihm Hilfe geboten. Kinder wurden hier geboren«, sagte sie, während sie durch einen Torbogen hindurch wieder in die Sonne hinaustrat. »Die Alten starben.«
Sie ging über einen breiten Brustwall zu einer Steinbalustrade, die sich hoch über der wilden See erstreckte.
»So vergingen die Jahre, im ewigen Kreislauf von Jahreszeiten, Geburt und Tod. Es geschah, dass manche, die hier lebten, ins Land hinauszogen. Um eigene Heimstätten zu errichten. Auf den Hügeln, in den Wäldern, hoch droben in den Bergen, wo schon seit Urgedenken die Elfen wohnten.«
Die Aussicht schlug ihn in den Bann, erfüllte ihn mit
Ehrfurcht und atemlosem Staunen. Doch er drehte sich wieder zu ihr um und hob eine Augenbraue. »Elfen.«
Lächelnd lehnte sie sich gegen die Balustrade.
»Ein Mensch blieb. Eine Frau, die wusste, dass hier, an diesem Ort, ihre Bestimmung lag. Sie sammelte ihre Kräuter, sprach ihre Zaubersprüche, spann ihre Wolle. Und wartete. Eines Tages kam er, kam auf einem edlen schwarzen Pferd über die Hügel geritten. Der Mann, auf den sie gewartet hatte. Er war ein Krieger, mutig und stark und wahrhaftig. Als sie hier stand, genau an dieser Stelle, sah sie die Sonne auf seiner Rüstung aufblitzen. Sie bereitete sich für ihn vor, entzündete Kerzen und Fackeln, die ihm den Weg zeigen sollten, bis die ganze Burg hell wie eine Flamme erleuchtet war. Er war verletzt.«
Zart strich sie mit der Fingerspitze über Cals Oberschenkel. Er zwang sich, nicht zurückzuweichen, nicht an die Halluzination zu denken, die ihn auf dem Weg hierher heimgesucht hatte.
»Er hatte eine grimmige Schlacht hinter sich. War vollkommen erschöpft. Sie gab ihm Nahrung und Entspannung und die Wärme ihrer Feuerstelle. Und ihre Liebe. Er nahm die Liebe, die sie ihm schenkte, und gab ihr seine Liebe.Von diesem Augenblick an bedeuteten sie einander alles. Sein Name war Caelan, Caelan aus dem Geschlecht der Farrells. Und ihr Name war Bryna. Ihre Herzen waren miteinander verbunden.«
Er trat zurück, versenkte die Hände in den Hosentaschen. »Du erwartest, dass ich dir das abkaufe?«
»Was ich dir anbiete, ist unentgeltlich. Und die Geschichte ist noch nicht zu Ende.« In ihrer Miene spiegelte
sich die Enttäuschung über seine Abwehr. »Willst du sie hören oder nicht?«
»Na gut.« Er zuckte mit der Achsel. »Red weiter.«
Sie drehte sich um, umklammerte die Steinbalustrade, gab sich dem Donnern des Meeres hin. Mit dunklen Augen blickte sie auf diesen endlosen Kampf zwischen Wasser und Stein, der am Fuß der Klippe tobte.
»Sie liebten einander und gelobten sich ewige Treue. Doch er war ein Krieger, und es gab weitere Schlachten zu kämpfen. Wann immer er sie verließ, saß sie vor dem Feuer, das sie entfacht hatte, und beobachtete darin, wie er sein Pferd durch Rauch und Tod jagte und sein Schwert für die Freiheit zog. Und immer kehrte er zu ihr zurück, kam auf einem edlen schwarzen Pferd über die Hügel geritten. Sie webte ihm einen Umhang aus dunkelgrauer Wolle, der Farbe seiner Augen. Und webte einen Zauber mit hinein, der ihn in der Schlacht beschützen sollte.«
»Willst du damit sagen, dass sie eine Hexe war?« »Eine Hexe war sie wohl, ja, mit der Macht und der Zauberkunst, die durch das Blut vererbt werden. Und ihr Schwur, niemandem zu schaden, lag ihr ebenso am Herzen wie der Mann, den sie liebte. Sie benutze ihr Kräfte nur zum Helfen und Heilen. Doch nicht alle, die über Macht verfügen, sind lauteren Herzens. Es gab einen, der einen anderen Weg gewählt hatte. Einen, der seine Macht für den eigenen Vorteil benutzte und Freude darin fand, sie wie ein blutiges Schwert einzusetzen.«
Sie erschauderte am ganzen Leib. »Dieser Mann, Alasdair, verlangte nach ihr – nach ihrem Körper, ihrem Herz, ihrer Seele. Und ebenso nach ihrer Macht – denn sie war
stark, war Bryna, die Weise. Er kam in ihre Träume, stahl sich wie ein Dieb hinein und versuchte, ihr das zu nehmen, was einem anderen gehörte. Versuchte, ihr das zu rauben, was sie ihm verwehrte. Er kam in ihr Heim, doch sie verweigerte sich ihm. Er war von schöner Gestalt, sein Haar war golden und seine Augen waren so schwarz wie der Pfad, den er gewählt hatte. Er dachte, er könne sie verführen, doch sie stieß ihn zurück.«
Ihre Finger verkrampften sich auf dem Stein, und ihr Herzschlag begann zu stolpern. »Sein Zorn war
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