Im Namen Caesars
gehalten haben. Wenn er also immer sieben Gäste geladen hatte und er selber der achte Tischpartner war, stellt sich die Frage: Wer war der neunte Mann?«
»Das dürfte uns wohl noch einiges Kopfzerbrechen bereiten«, vermutete Julia. »Hat denn dein Besuch in den Thermen irgendwelche erhellenden Neuigkeiten gebracht?«
Ich berichtete ihnen von meinem kleinen Badeausflug und davon, was Sallustius mir über das Treffen in Fulvius' Haus erzählt hatte.
»Sallustius hat dir nicht alles erzählt«, stellte Julia fest. »Die Namen der anderen Essensgäste hat er für sich behalten.«
»Selbst Sallustius kann seine Zunge hin und wieder im Zaum halten«, entgegnete ich. »Ihm ist natürlich klar, dass, wenn er Namen genannt und ich davon vor Gericht Gebrauch gemacht hätte, jeder der anderen Teilnehmer des Abendessens wüsste, wer geplaudert hat. Das könnte seinen Tod oder mindestens sein dauerhaftes Exil bedeuten. Außerdem war er nur zu einem Treffen geladen und kann daher nicht wissen, dass es bei diesen Abendessen einen Stammgast gegeben haben muss. Diese Besonderheit muss ihm also entgangen sein.«
Julia nahm sich noch einmal die Seiten vor und studierte die Gästelisten, wobei sie jeden einzelnen Namen deutlich, aber kaum hörbar mit den Lippen formte. »Weil wir gerade bei den fehlenden Kleidungsstücken so erfolgreich in negativen Kategorien gedacht haben - welche Namen erscheinen denn nicht auf diesen Einladungslisten? Ich vermisse zum Beispiel Curio oder Manilius. Immerhin wurden diese Briefe geschrieben, bevor Curio sich öffentlich auf Caesars Seite geschlagen hat, und seine hohen Schulden waren allgemein bekannt. Warum also taucht sein Name auf diesen Listen nicht auf? Und was ist mit Manilius? Er ist doch Volkstribun, und wer könnte den Mob besser gegen die Geldverleiher aufhetzen als er? Die beiden müssten den Verschwörern doch genau ins Konzept gepasst haben.«
»Ich glaube Fulvia einfach nicht, dass sie mit ihrem Bruder seit dessen Aufkreuzen in Rom nichts zu tun hatte. Sie könnte schon länger von Curios Bekenntnis zu Caesar gewusst und Fulvius davon erzählt haben. Und Manilius war bisher nicht gerade für radikale Ansichten bekannt. Wie Curio mir erzählt hat, hat er mit Manilius während dessen Tribunat reibungslos zusammengearbeitet.«
»Vergiss nicht, dass er plötzlich Eigentümer dieses Anwesens in Baiae geworden ist«, warf Julia ein.
»Die Claudii Marcelli haben natürlich politische Pläne«, entkräftete ich ihren Einwand, »und einige von ihnen dürften sogar mit der Verfassung im Einklang stehen. Es hat noch niemandem geschadet, einen Volkstribun auf seiner Seite zu haben - und sich die Unterstützung eines Tribuns durch ein großzügiges Bestechungsgeschenk zu sichern ist seit Menschengedenken gängige Praxis.«
»Aber vielleicht«, sagte Callista, »war auch einer der beiden der neunte Mann.«
Julia strahlte sie an. »Jetzt fängst du an, wie eine Römerin zu denken.« »Im nächsten Jahr«, spann ich meine Gedanken fort, »oder vielleicht auch erst im übernächsten wollen sie Caesar und Pompeius meiner Überzeugung nach zu Staatsfeinden erklären lassen und den Senat dazu bringen, einen der ihren zum Diktator zu ernennen.«
»Wie sollten sie das anstellen?«, fragte Julia aufgebracht.
»Das weiß ich auch nicht«, erwiderte ich. »Aber sie könnten Caesar provozieren. Sie könnten ihn derart demütigen, dass er sich zum Handeln genötigt sieht, und ihn zu einer Aktion zwingen, die sie dem Senat als Angriff auf den Staat verkaufen, und ihn so dazu bringen, ein Senatus consultum ultimum zu beschließen.«
»Da komme ich nicht mehr mit«, beklagte sich Callista. »Ich dachte immer, ein Diktator ist ein Usurpator, also so eine Art unrechtmäßiger Machthaber wie ein griechischer Tyrann.«
»Bei uns gibt es die Diktatur als verfassungsmäßiges Amt«, setzte Julia zu einer Erklärung an. »In Zeiten des Staatsnotstands oder wenn dem Staatswesen wie etwa durch eine feindliche Invasion tödliche Gefahr droht und das System der Gewaltenteilung sich als zu schwerfällig erweist, die Gefahr abzuwehren, kann der Senat die Konsuln auffordern, einen Diktator zu ernennen.«
»Ein Diktator verfügt über das volle Imperium«, setzte ich die Erklärung fort. »Die Diktatur ist das einzige Amt, in dem der Inhaber der Amtsgewalt nach seinem Ausscheiden nicht für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden kann. Ein Diktator kann anordnen, was er will, sogar die Hinrichtung
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