Im Netz des Teufels
sich um. Abby versuchte, in die Richtung zu spähen, doch die Handschellen hinderten sie daran, sich ganz umzudrehen.
»Er wird mir meine Tochter nicht wegnehmen!«, brüllte Aleks.
Jetzt lief jemand in die Gasse hinein. Am Ende der Gasse parkten zwei Autos. Ein Lieferwagen, der das Geschäft für Autozubehör an der Ecke belieferte, und ein ziemlich neuer Lincoln.
Es war ein Mann mittleren Alters, der eine Tasche mit Einkäufen trug. Er blieb stehen und starrte Aleks an. Vielleicht überlegte er, ob er sich einmischen und diesen verrückten Kerl ansprechen sollte, der die Frau und das Kind anbrüllte.
Blitzschnell überquerte Aleks die Gasse. Der Mann erblasste und ließ die Tasche mit den Einkäufen fallen.
»Was glotzen Sie so?«, schrie Aleks. »Wollen Sie was von mir?«
»Ich hab nicht ... Ich wollte nicht ...«
»Nein, das wollten Sie nicht.« Aleks blickte die Gasse hinunter bis zur Straße, schaute dann wieder den Mann an und zeigte auf den Lincoln. »Ist das Ihr Wagen?«
Der Mann starrte ihn an. Aleks zog sein Messer heraus und drückte es ihm unters Kinn. Abby sah ein paar Tropfen Blut aus der Wunde sickern.
»Nein!«, schrie sie.
»Zum letzten Mal. Ist das Ihr Wagen?«
Die Augen des Mannes rollten nach hinten. Abby kannte dieses Symptom. Sie befürchtete, dass er einen Schock erlitt. »Ja«, sagte er leise.
»Geben Sie mir die Schlüssel.«
Der Mann griff langsam in die Hosentasche und zog ein paar Dinge heraus: ein Taschentuch, ein Päckchen Kaugummi, ein paar Dollars, aber keine Schlüssel.
Aleks wirbelte herum, holte Schwung und versetzte ihm einen kräftigen Tritt auf den Brustkorb. Der Mann prallte gegen die Mauer und brach auf der Erde zusammen. Nachdem Aleks die Taschen des Mannes mit dem Messer aufgeschnitten hatte, fand er sofort die Schlüssel und zerrte ihn hinter einen Müllcontainer. Er kehrte zum SUV zurück, nahm alle Taschen von der Rückbank und stellte sie in den Lincoln. Dann schloss er Abbys Handschellen auf und hob Emily aus dem Wagen.
Als die beiden in dem Lincoln saßen, kettete Aleks Abby wieder an die Tür und setzte sich ans Steuer. Er startete den Motor und starrte auf das Display des Navigationsgerätes in der Mittelkonsole. Offenbar hatte er eine Idee. Er riss die Tasche auf dem Rücksitz auf und zog die Akten heraus, die er im Arbeitszimmer gefunden hatte. Abby sah die großen Ereignisse ihres Lebens an sich vorüberziehen: den Kauf des Hauses, ihr Examen, die Hochzeit. Schließlich nahm Aleks ein Foto aus einem Umschlag, betrachtete es und gab sein Ziel in das Navi ein.
Er fädelte sich in den Verkehr ein.
Abby wusste, wohin sie fuhren. Aleks würde nicht aufgeben. Das würde sie auch nicht tun. Es würde sich eine Gelegenheit bieten, und die würde sie nutzen.
47. Kapitel
Sie fuhren mit der U-Bahn zur Station in der Zweiundachtzigsten Straße, und dort winkte Michael ein Taxi heran. Als sie an ihrem Ziel in Ozone Park ankamen, bezahlte Michael die Fahrt und spähte die Straße in beide Richtungen hinunter. Es war ihnen niemand gefolgt.
Er nahm Charlotte an die Hand. Ehe sie aus dem Taxi stieg, steckte sie etwas in die Tasche ihrer rosafarbenen Fleecejacke, was sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte.
»Was hast du da?«, fragte Michael.
Charlotte nahm es wieder aus der Tasche und gab es ihrem Vater. Es war ein Marmorei mit einer Gravur. Michael hielt es in die Sonne, um das gravierte Bild besser erkennen zu können. Es war ein sonderbares Bild, das eine Ente, einen Hasen und eine Nadel darstellte.
»Woher hast du das?«, fragte Michael, obwohl ihm sein ungutes Gefühl sagte, dass er die Antwort bereits wusste. Aleks hatte es ihr geschenkt.
Charlotte zuckte nur mit den Schultern.
»Ich behalte es vorerst, okay?«
Charlotte nickte. Michael schloss die Tür.
Michael und Charlotte näherten sich dem Seiteneingang eines Hauses in der Hundertsten Straße. Es war ein zweigeschossiges Haus aus den 1920er Jahren im Kolonialstil mit einer braunen Verkleidung über sandfarbenen Steinen. Michael drückte auf die Klingel. Eine kleine Überwachungskamera über ihren Köpfen beobachtete sie ebenso wie zwei kräftige Männer, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite an einem Wagen lehnten. Die Männer rauchten, sprachen leise miteinander und beobachteten Michael und seine Tochter.
Nach wenigen Sekunden wurde die Tür geöffnet, und Solomon Kaasik bat sie herein.
Michael hatte Solomon fast ein Jahr nicht gesehen. Als Solomon aus dem Gefängnis in
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