Im Rausch dieser Nacht
Seufzer ein.
„Nicht unbedingt.“ Greg schwieg einen Moment, räusperte sich umständlich und fuhr dann fort: „Hör mir bitte zu, was ich dir zu sagen habe, bevor du mich unterbrichst, okay?“
Sie antwortete nichts darauf und blickte ihn nur schweigend an.
„Ich habe noch einmal mit Joan gesprochen, und wir sind beide der Meinung, dass du unmöglich in deiner Wohnung bleiben kannst. Der Arzt hat mir ausdrücklich gesagt, dass in nächster Zeit unbedingt jemand bei dir sein sollte, und Joan wird in Kürze weg sein.“
„Ich weiß. Sie plant diese Reise schon seit zwei Jahren.“
„Ja, aber du willst doch nicht, dass sie ihre Pläne aufgeben muss.“
„Natürlich nicht. Aber das braucht sie auch gar nicht. Egal, was der Arzt sagt. Ich brauche niemanden, der mich bemuttert.“
„Darum allein geht es nicht. Wenn du deinen Anteil an der Miete nicht aufbringen kannst, müsste sie das Geld, was sie für die Reise gespart hat, dazu verwenden, die Wohnung allein zu bezahlen.“
Sherri sank in ihrem Sitz zusammen.
„Ich habe ihr deshalb den Vorschlag gemacht, sich nach einer anderen Mitbewohnerin umzusehen. Das hat sie inzwischen auch schon getan.“
Sie starrte ihn entsetzt an. „Bist du noch bei Trost? Ich bin meinen Job los. Mein Auto ist Schrott – und jetzt habe ich nicht einmal mehr eine Bleibe. Das hast du ja fein hinbekommen. Du kannst mich gleich bei der Heilsarmee abliefern. Oder bei der Bahnhofsmission.“
Sie wandte sich ab und starrte aus dem Seitenfenster. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Immer wieder sagte sie sich, dass sie das alles durchstehen würde, aber sie merkte selbst, wie wenig überzeugend diese Durchhalteparolen in Wirklichkeit waren.
„Hörst du mir weiter zu?“, fragte Greg, nachdem er eine Weile schweigend gewartet hatte.
„Ja“, sagte sie kaum hörbar.
„Ich glaube, es wäre das Beste für dich, wenn du zu mir kommst und dort bleibst, bis du im buchstäblichen Sinne wieder auf die Beine gekommen bist.“
Sie fuhr zu ihm herum. Der Vorschlag war so ungeheuerlich, dass es ihr die Sprache verschlug. Wusste er überhaupt, was er da redete? War er tatsächlich so unsensibel, dass er nicht schon in den letzten Tagen bemerkt hatte, was für eine Qual es für sie bedeutete, ihn jeden Tag um sich haben zu müssen?
In ihrer Fassungslosigkeit fiel ihr nichts Besseres ein als das Argument, das er selbst vorgebracht hatte. „Und was soll das bringen?“, sagte sie. „Du wohnst doch selbst im zweiten Stock – ohne Aufzug.“
„Nicht mehr. Ich bin umgezogen.“
„Wann? Gestern?“
„Vor drei Monaten“, beantwortete er ihre sarkastische Frage.
„Wie schön für dich.“ Nachdenklich ließ sie ihren Blick über den Park schweifen. Sie konnte das Lachen und Planschen der Menschen vom nahe gelegenen See her hören und hätte viel darum gegeben, einfach aussteigen und sich unter die vergnügte Menge mischen zu können. Noch lieber wäre sie allerdings vor Greg und seinen absurden Ideen geflohen.
„Der Anlass des Umzugs ist weniger schön. Ich bin in das Haus meiner Großtante gezogen. Du erinnerst dich doch an sie? Sie ist gestorben und hat mir das Haus hinterlassen.“
„Millie ist tot? Oh mein Gott, das tut mir leid. Ich weiß, wie nahe ihr euch gestanden habt.“
„Nun ja, sie war über neunzig. Wenigstens hat sie nicht leiden müssen. Sie ist einfach eines Morgens nicht mehr aufgewacht.“ Er schwieg eine Weile. Dann sagte er: „Ich wollte dir folgenden Vorschlag machen: Du kennst das Haus ja. Es gibt dort Platz genug für uns beide, selbst wenn wir uns aus dem Weg gehen. Und wenn du später deinen Gips los bist, kannst du im Pool sogar noch etwas für deine Muskulatur tun. Außerdem hat der Doktor wirklich dringend dazu geraten, dass du die nächste Zeit jemanden in deiner Nähe hast. Also, ich finde, es spricht eine Menge dafür.“
Ganz nüchtern betrachtet musste Sherri ihm recht geben. Gerade in den nächsten Wochen würde sie ohne fremde Hilfe kaum auskommen. Das fing morgens mit dem Anziehen an. Aber gerade bei solch intimen Dingen wollte sie sich bestimmt nicht ausgerechnet von Greg helfen lassen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß deine Großzügigkeit zu schätzen, Greg. Aber es geht nicht. Es ist egal, wie groß das Haus ist, es liefe doch darauf hinaus, dass wir wieder zusammenleben. Und das kann ich nicht.“ Sie wandte sich ab. „Das kann ich wirklich nicht“, wiederholte sie leise.
„Gut. Wohin soll ich dich dann bringen?“
Sie
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