Im Schatten der Akazie
zuverlässige ersetzt werden, verwende einen Trank, der jene, die sich nicht bestechen lassen, krank macht … Sei erfolgreich, und ich überhäufe dich mit Gold.«
»Das Wagnis …«
»Du hast keine andere Wahl mehr, Kaufmann, denn du bist bereits mein Komplize.«
Wieder allein, betrachtete der Syrer die Beutel mit Goldklumpen und kostbaren Steinen, welche die Hethiterin ihm als Angeld auf sein künftiges Vermögen gegeben hatte, und sann lange nach. Manche behaupteten, Maat-Hor werde nie mehr das Vertrauen des Königs erlangen, andere waren vom Gegenteil überzeugt, und einige Priester von Karnak, die Bakhen seinen Aufstieg neideten, waren sicher willens, ihm eins auszuwischen.
Alle Träger der heiligen Barke zu dingen war undurchführbar, aber es reichte ja, die kräftigsten Arme zu kaufen. Der Gott würde zögern, schwanken zwischen vor und zurück und dann deutlich seine Ablehnung zum Ausdruck bringen.
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Es könnte gelingen … Und Reichtum war so verlockend!
Ganz Theben war in Aufruhr.
Nicht nur in allen Vierteln der Stadt, sondern auch in den sie umgebenden ländlichen Regionen wußte jeder, daß »das schöne Fest der göttlichen Audienz« begangen werden sollte, in dessen Verlauf Amun und Ramses einmal mehr unter Beweis stellen würden, wie sehr sie im Einklang miteinander standen.
Im Hof des Tempels, in dem das Ritual stattfand, fehlte keine wichtige Persönlichkeit der großen Stadt des Südens, denn der Bürgermeister, die Verwalter oder die Vorsteher hoher Ämter wollten sich um keinen Preis dieses außerordentliche Ereignis entgehen lassen.
Als Amun aus dem überdachten Teil des Tempels ins grelle Tageslicht getragen wurde, hielt jeder den Atem an. In der Mitte der Barke aus vergoldetem Holz ragte der Schrein auf, der die Statue des Gottes enthielt, sie aber vor den Blicken der Menschen verbarg. Und dennoch war es dieses lebendige Bildnis, das die Entscheidung treffen würde.
Auf dem mit Silber belegten Fußboden schritten die Träger langsam voran. Zwar bemerkte Bakhen, der neue Oberpriester des Amun, mehrere neue Gesichter, aber hatte man ihm nicht erzählt, daß eine von verdorbenen Nahrungsmitteln ausgelöste Unpäßlichkeit mehrere Amtsinhaber daran hinderte, an der Zeremonie teilzunehmen?
Die Barke hielt vor dem Pharao, und Bakhen ergriff das Wort.
»Ich, Diener des Gottes Amun, frage ihn im Namen von Ramses, dem Sohn des Lichts: Tut der Pharao von Ägypten recht daran, wenn er den König und die Königin von Hatti in dieses Land kommen läßt?«
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Sogar die Schwalben hatten aufgehört, wie toll herumzuflattern. Sobald der Gott zustimmend geantwortet hatte, würden aus allen Kehlen die Jubelrufe für Ramses erschallen.
Von dem syrischen Kaufmann gedungen, sahen die stämmigsten Barkenträger einander fragend an, dann versuchten sie, einen Schritt nach hinten zu tun.
Vergebens.
Sie dachten, der Widerstand ihrer nach vorne zu schreiten entschlossenen Amtsbrüder könne nur von kurzer Dauer sein, deshalb entfalteten sie noch größere Kraft, die den Ausschlag geben würde.
Doch da zwang sie eine sonderbare Macht dazu, sich ebenfalls nach vorn zu bewegen, und als ein vom Allerheiligsten ausgehendes Licht sie blendete, gaben sie ihren Kampf auf.
Der Gott Amun hatte die Entscheidung seines Sohnes Ramses gutgeheißen, das Freudenfest konnte beginnen.
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ZWEIUNDFÜNFZIG
R WAR ES tatsächlich. Leicht gebeugt, mit ergrautem H
E aar, aber immer noch streng forschendem Blick, sah er zunächst eher unscheinbar aus, ein Mann, vor dem man sich nicht sogleich in acht nahm: Hattuschili, der König von Hatti, in einen dicken, wollenen Mantel gehüllt, um gegen das Kältegefühl anzukämpfen, das ihn winters wie sommers nicht verließ.
Er, der Anführer eines kriegerischen und eroberungslüsternen Volkes, der Oberste Befehlshaber der hethitischen Truppen bei Kadesch, aber auch der Unterhändler des Friedensvertrages; er, Hattuschili, der unangefochtene Herr über ein rauhes Land, in dem er jedweden Widerstand ausgemerzt hatte!
Und dieser Hattuschili hatte soeben seinen Fuß auf ägyptischen Boden gesetzt, gefolgt von zwei Frauen: seiner Gemahlin Puducheba und einer jungen, etwas eingeschüchterten hethitischen Prinzessin.
»Das ist unmöglich«, murmelte der König von Hatti, »ganz und gar unmöglich … Nein, das kann nicht Ägypten sein.«
Dennoch träumte er nicht: Das war wirklich Ramses der Große, der da auf seinen ehemaligen Feind zukam und ihn umarmte.
»Wie geht es
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