Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Onkel Roden.«
»Respekt«, bemerkte der ältere Mann. »Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr das schon herausbekommen habt.«
»Ein bisschen Raten war auch dabei. Worum geht es bei dem Transport?«
»Was habt Ihr in der Nacht gesehen?«
»Der Wagen war voller Geröll.« Er nahm den kleinen Stein aus seiner Weste und zeigte ihn seinem Gegenüber.
»Wisst Ihr, was Ihr da in den Händen haltet?«
Das war ja genau sein Problem. Was war an dem Gestein so wertvoll, dass man solch eine heimliche Fuhre riskierte? »Erst dachte ich an Brauneisenstein. Aber das findet man doch nur in Eisenschmitt.«
»Im Salmtal gibt es einige Ecken, wo nach dem Eisenstein gegraben wird. Aber was wäre, wenn man ihn noch woanders finden könnte?«
Jetzt ging dem jungen Mann ein Licht auf. »Das wäre natürlich ein wertvoller Besitz.«
Der Köhler lächelte befriedigt. »Natürlich.«
»Und woher kommt der Stein jetzt?«
»Der Roden hat ein Waldstück bei Dierfeld gepachtet. Dort zwischen den Felsen hat er das Gestein gefunden. Seine Knechte holen es aus einer Felsspalte.«
»Aber dann gehört es doch eigentlich Dietrich von Manderscheid.«
Der Köhler zuckte mit den Schultern. »Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.«
Nikolaus konnte es kaum fassen. Was Onkel und Neffe da trieben, war schon ein starkes Stück. Sie klauten dem Burgherrn seinen wertvollen Schatz fast genau unter seiner Nase weg. Dazu gehörte eine gehörige Portion Gerissenheit und Unverschämtheit. »Und dann fahren sie in der Nacht auch noch genau an Dietrichs Burg vorbei. Haben die denn keine Angst, gesehen zu werden?«
»Roden hat ein paar Wachen bestochen. Immer wenn die Dienst haben, macht er seine Fuhre.«
»Eine Hand wäscht die andere.«
Der Köhler lächelte breit. Es gefiel ihm sichtlich, mit seinem Wissen den jungen Burschen beeindrucken zu können. »Damit habt Ihr wohl nicht gerechnet. Oder?«
Nikolaus schüttelte den Kopf. »Ganz schön dreist, das Erz dem Herrn zu stehlen und dann heimlich nach Obermanderscheid zu schaffen.«
Der Ältere lachte leise auf. »Habe ich gesagt, die würden das Zeug nach Obermanderscheid schaffen? Nein. Die Ladung geht über Obermanderscheid weiter nach Eisenschmitt.«
»Das gehört doch auch den Manderscheider Herren!«
»Genau! Wird dort aber als Trierer Stein verkauft.«
»Natürlich vom Amtmann Thies.«
Der Köhler lächelte triumphierend.
»Kein Wunder, dass Ihr um Euer Leben fürchtet. Wenn das Geschäft auffliegt, gibt es einigen Aufruhr.«
»Und es werden Köpfe rollen.«
Nikolaus war ganz aufgeregt. Damit war das Geheimnis des nächtlichen Transports gelüftet. Und wie er schon vermutet hatte, hatte der arrogante Amtmann seine dreckigen Finger im Spiel. Der Kurfürst musste schnellstens davon in Kenntnis gesetzt werden. Man durfte nicht riskieren, dass es durch die Gaunereien noch zu einem Konflikt zwischen Trier und Luxemburg kam. Nachher hieß es noch, Thies wäre von Otto von Ziegenhain höchstpersönlich beauftragt worden.
»Woher wisst Ihr dies alles?«
»Ein Freund von mir, der auch Köhler ist, hatte von Rodens Buddelei bei Dierfeld und den nächtlichen Fahrten gehört. Und ich habe mir die Sache in jener Nacht einmal selbst angesehen. Ich wollte nur mal wissen, ob die Geschichte auch stimmt.«
»Eine gefährliche Sache, wenn man entdeckt wird.«
»Sicherlich. Aber wenn die jedem kleinen Mann, der zufällig etwas mitbekommt, die Kehle durchschneiden würden, hätten die schon längst eine nicht zu übersehende Blutspur hinterlassen. So ein unbedeutendes Nichts wie mich ließen die wahrscheinlich wieder laufen.«
Da hatte der Köhler sicherlich recht. Vielleicht gönnten es die unterdrückten Leibeigenen dem Großbauern sogar, dass er dem Burgherrn eins auswischen konnte. Andererseits hatten die kleinen Leute eine Familie zu versorgen: den Ehepartner, die Kinder, die betagten Eltern. Da riskierte man nicht zu viel. Man schaute lieber weg und schwieg, anstatt sich ungefragt in die Sachen anderer einzumischen. Wenn allerdings ein ebenbürtiger Gegner zu Thies und Roden auf den Plan träte …
Einem plötzlichen Gedanken folgend, fragte Nikolaus: »Wo liegt Dierfeld, wo das Erzlager sein soll?«
Der Köhler zeigte mit seinem Finger etwa in westliche bis südwestliche Richtung. »Da ungefähr liegt Pantenburg.«
»Ja, das kenne ich.«
»Ein ganzes Stück dahinter ist dann Dierfeld. Dorthin gelangt man entweder über Wallscheid«, sein Arm zeigte nun genau nach Westen, »oder
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