Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
bewaldete Schlucht erreicht hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite nach Laufeld hin hatte die Alte die Schreie gehört. Also hatte der Wald verhindert, dass die Heckens etwas gehört hatten. Hier musste er suchen. Er wusste zwar nicht genau wonach, aber er hoffte, es zu erkennen, wenn er es sah. Irgendwo musste es einen Baum oder Stamm geben, an den Wilhelm gefesselt worden war.
Der Weg durch die kleine Schlucht machte ein paar Windungen. Schließlich stand Nikolaus wieder auf der Hochfläche zwischen Feldern. Sollte er jetzt links oder rechts am Waldrand entlanggehen? Er ging den Weg ein Stück weiter, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Linker Hand reichte der Wald fast bis an die nächste Ansiedlung – offensichtlich Laufeld – heran. Aber auf der anderen Seite zogen sich die Äcker weiter hin. Nikolaus schlug diese Richtung ein und folgte einem Pfad am Feldrain, auf dem sich auch Spuren von Rädern zeigten. Das konnte ein Hinweis sein, denn die beiden Toten mussten mit einem Fuhrwerk oder Karren abtransportiert worden sein.
Ein Ehepaar mit drei Kindern – zwei Mädchen und ein Junge – hackte Unkraut in einem Rübenfeld. Der Bauer beobachtete den Fremden, der sich ihnen langsam näherte. Schließlich nahm er seine Hacke und ging ihm entgegen.
Nikolaus grüßte den Mann freundlich.
»Was sucht Ihr? Ihr seid ziemlich weit ab von der Straße. Nach Laufeld geht es da hinten entlang.« Mit der Hacke zeigte er die Richtung an.
Der junge Mann erklärte, dass er nach Hinweisen suchte, wo der Sohn des Herrn von Manderscheid umgekommen sein könnte.
»Aha. Ich habe schon gehört, dass der auf der Pantenburger Seite ermordet wurde. Warum sucht Ihr dann bei uns in Laufeld? Und außerdem – man hat die Mörderin doch schon.«
»Die Tochter des Müllers Rüth sitzt im Kerker. Aber sie war es nicht. Oder wenigstens nicht allein. Wir suchen deshalb den Platz, wo er getötet wurde; denn dort drüben hinter dem Waldstück wurde er lediglich gefunden.«
»Kein Wunder, dass Ihr hier sucht«, brummte der Mann missmutig und hackte energisch einen vergessenen Löwenzahn aus.
Nikolaus war überrascht. »Wie meint Ihr das?«
»Auf den Äckern hier am Wald lastet ein Fluch. Ich kann kaum noch was von dem Zeug verkaufen, wenn die Leute hören, dass es hier geerntet wurde. Schon so oft habe ich beim Herrn nach einer anderen Pacht gefragt.«
»Wieso glaubt Ihr, dass Euer Land verflucht ist?«
»Bis vor drei Jahren bearbeitete dieses Land der Berger, der ertrunken ist. Dann bekam eine zugezogene Familie das Land. Aber die starben alle schon im folgenden Winter am Fieber. Und schließlich teilte man uns dieses Land zu, weil ein Großbauer unser bisheriges Stück haben wollte. Wer weiß also, wann wir dran sind? Und die alte Scheune dahinten zwischen den Bäumen will auch keiner mehr betreten.« Grimmig zeigte er auf eine Stelle ein Stück weiter weg. »Einige wollen dort schon den Teufel gesehen haben.«
Das waren doch nur unglückliche Zufälle, ging es Nikolaus durch den Kopf. Wie sollte eine Parzelle ihren Besitzer umbringen können? Nur weil einige Pächter frühzeitig verstorben waren, hieß das doch nicht, dass auch ihre Nachfolger eines unnatürlichen Todes sterben mussten. Oh, heilige Einfalt! War denn nicht einmal die Kirche in der Lage, den einfachen Menschen solche Flausen aus dem Kopf zu schlagen? Andererseits förderte Pater Ruprecht mit seinen Ansichten gerade diese Vorstellungen; das hatte er im Verlauf der bisherigen Gespräche mit den Einheimischen schon so manches Mal erfahren müssen.
Nikolaus erinnerte sich an den Mann namens Berger, den er gestern bei der Arbeit mit dem Pferd im Wald getroffen hatte. Er fragte den Bauern: »Hatte der verstorbene Berger denn Verwandte?«
»Ein paar gibt es bestimmt noch.«
»Zufälligerweise einen Bruder?«
»Mit den Verwandtschaftsverhältnissen kenne ich mich nicht so genau aus. Es gibt noch einen Berger in Pantenburg. Ich weiß aber nicht, ob das der Bruder, ein Vetter oder sonst ein Verwandter ist.«
Der Mann gestern hatte leider nicht gesagt, wo er wohnte. Deswegen half ihm diese Antwort im Moment nicht weiter. Nikolaus wollte noch mehr wissen: »Hat die Frau denn noch Verwandte?«
»Also, Ihr könnt Fragen stellen!« Der Bauer wurde langsam ungeduldig. Auch seine Frau hatte schon mehrfach herübergeschaut. »Aber damit Ihr mich wieder arbeiten lasst: Nein. Sie war ganz jung Waise geworden.«
»Ihr habt recht, ich habe Euch schon zu lange
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