Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
viele Fragen und zu wenige Antworten. Nikolaus blickte auf das Bündel mit den Sachen, die er in seiner Kammer gefunden hatte. Wer hatte es ihm untergeschoben? War es die Sippe um Dunkel und Berger gewesen? Irgendwie passte da etwas nicht zusammen. Konnten Leute, die auf der einen Seite so dumm waren, sich mit dem verschwundenen Pferd des Toten erwischen zu lassen und sich wegen eines Kleides verplappert hatten, das gestohlen und bei der Ermordung eine Rolle gespielt hatte, auf der anderen Seite so eiskalt und berechnend eine falsche Fährte legen, um den Verdacht von sich abzulenken?
Beim ersten Mord wurde Christinas Messer hinterlassen, beim zweiten Wilhelms Schwert und beim dritten Nikolaus´ Tuch. Warum war er mit hineingezogen worden? Dass Christina von vielen Einheimischen gehasst wurde und der Verdacht deshalb auf sie gelenkt werden sollte, klang verständlich. Aber warum jetzt auch Nikolaus? War er dem wahren Mörder zu nahe gekommen?
Und wieder kam ihm Roden in den Sinn. Der Halunke wusste ganz bestimmt, dass Nikolaus etwas ahnte. Seit dem Zusammenprall in der Mühle, wo die verräterischen Listen fast den Besitzer gewechselt hatten, musste dem Großbauern klar sein, dass man ihm auf der Spur war. Konnte es eine Verbindung zum Wirt geben? Kleinz und seine Frau schienen doch prädestiniert dafür, Nikolaus die Beweise unterzuschieben. Andererseits – der Wirt hatte ihm doch den wichtigen Hinweis zu den nächtlichen Transporten gegeben. Warum sollte er das tun, wenn er mit Roden und Thies verbündet war? Oder war das nur ein Ablenkungsmanöver gewesen? Oder gab es jemanden aus dem Umfeld des Amtmanns, der angeheuert worden war, heimlich in Nikolaus Kammer einzudringen?
Er lehnte sich erschöpft zurück und schloss die Augen. Was sollte nur werden?
Der Hauptmann
Nikolaus musste eingeschlafen sein, denn als plötzlich die Tür zur Stube aufgerissen wurde, fiel er vor Schreck fast vom Stuhl. Schnell sprang er auf, um bereit zu sein, falls der Müller ihm wieder Prügel androhen sollte. Doch statt Reginus Rüth erschien der Hauptmann im Raum. Er hatte sein Schwert gezogen und sah alles andere als freundlich aus. Drohend richtete er seine Waffe auf den Eindringling und kam langsam näher.
»Eine Bewegung, und Ihr seid tot!«, warnte er barsch.
Die Warnung war überflüssig. Beim Anblick der stichhaltigen Argumente konnte Nikolaus noch nicht einmal mehr einen Finger rühren. Stocksteif stand er am Tisch und wartete mit schlotternden Knien auf die nächsten Schritte von Konrad Seidel.
»Warum habt Ihr Wilhelm und seine beiden Freunde umgebracht?«
Nikolaus´ Mund war trocken. Er versuchte zu sprechen, aber es erklang nur ein heiseres Krächzen. Er musste sich erst ein paarmal räuspern, bevor man ein Wort verstand. »Ich … ich … war das nicht.«
»Wollt Ihr etwa behaupten, das Tuch stamme nicht von Euch?«
»Das Tuch?« Also hatten die Leute schnell herausbekommen, dass es seins war. »Das gehört mir. Ja. Aber es wurde mir gestohlen.«
Seidel lachte hämisch auf. »Wer´s glaubt.«
»Doch, bestimmt! Und derjenige hat mir dafür dies hier hinterlassen.« Vorsichtig hob er seine Hand und zeigte mit bebendem Finger auf den Kleiderhaufen auf dem Tisch.
Der Hauptmann blickte genauer hin, konnte aber nichts erkennen. »Was ist das?«
»Wenn Ihr erlaubt, zeige ich es Euch.«
Seidel überlegte einen Moment und sagte dann: »Macht schon! Aber ganz langsam. Und ich will stets Eure Hände sehen, sonst könnt Ihr noch in dieser Stunde vor Euren Schöpfer treten.«
Nikolaus hob seine Hände, um zu zeigen, dass er keine Waffe hatte. Dann ging er langsam zu den Sachen hinüber und breitete Umhang und Kleid aus. Zum Schluss nahm er Wilhelms Ring aus der Tasche und legte ihn dazu. Langsam ging er rückwärts, sodass der Hauptmann die Fundstücke in Ruhe begutachten konnte.
Seidel nickte nur kurz. »Der Ring und der Umhang gehören Wilhelm. Nicht wahr?«
»Das vermute ich.«
»Und dies ist Christinas Kleid, das die Gisa Dunkel gestohlen haben soll.«
»Ganz genau.«
»Und wie kommt Ihr daran?«
Nikolaus zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es wirklich nicht. Als ich heute Nachmittag meine Sachen aus meiner Kammer bei Kleinz holen wollte, fand ich das Bündel mit den Sachen.«
»Und das soll ich Euch glauben?«
Was sollte Nikolaus darauf sagen? Er hätte es auch nicht geglaubt, wenn er an der Stelle des Hauptmanns gewesen wäre. Die ganze Situation sprach eindeutig gegen ihn. »Aber warum sollte ich Euch
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