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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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an. Das dunkle Haar war ganz offensichtlich gefärbt und das Gesicht von Schlafmangel verhärmt.
    Ich gab mich betrunken und lallte: »Du bist eine sehr schöne Frau. Ich glaube, ich liebe dich.«
    »Du kannst mich nach dem Frühstück lieben«, erwiderte sie, die Stimme rau vom Rauch. »Komm in einer Stunde wieder.«
    »Jede Minute wird mir wie ein Tag erscheinen«, behauptete ich und torkelte in die Richtung zurück, aus der ich gekommen war.
    Der Versuch, den Straßen und Gassen der Stadt fernzubleiben, schien der Mühe kaum wert zu sein. Ich zog mir die Kapuze über den Kopf und eilte über eine nach unten führende Treppe.
    Das Rote Viertel bot für sich genommen schon eine gewisse Sicherheit. Die Wege waren schmal, erreichten kaum die Ausmaße richtiger Gassen, und niemand legte großen Wert auf Blickkontakt. So früh am Morgen war kaum jemand unterwegs. Die wenigen Leute, denen ich begegnete, hatten entweder die ganze Nacht getrunken, wankten an mir vorbei und lagen schnarchend an den Häuserwänden; oder sie waren auf dem Weg zur Arbeit, mit entsprechend verdrießlichen Gesichtern. Von Moaradrids Soldaten war weit und breit nichts zu sehen, obwohl ich ihre Rufe hörte, nicht allzu weit entfernt. Vermutlich folgten sie noch immer dem Verlauf des Tänzerwegs.
    Ich eilte an zahlreichen Etablissements vorbei, jedes von ihnen schmuddeliger als das vorherige, und gab mir alle Mühe, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Die meisten Absteigen waren so schäbig, dass sie nicht einmal einen Namen hatten. Nur ein bisschen rote Farbe über dem Eingang oder eine entsprechend bemalte Holzlatte wiesen auf sie hin. Andere Lokale zeigten mehr Extravaganz. Blumenkästen und hängende Körbe schmückten die Rote Dame mit Blumen in allen nur erdenklichen Rotschattierungen. Die Sündige Kirsche war von oben bis unten in einem auffallenden Rubinrot gestrichen. Viele Schilder brachten nebulöse Erinnerungen an Zechtouren durch Muena Palaiya zurück.
    Ich ging weiter. So angenehm jene Erinnerungen auch sein mochten: Mindestens die Hälfte der Leute in den mir bekannten Lokalen wäre sofort bereit gewesen, mich für die in Aussicht gestellte Belohnung zu verraten. Und die andere Hälfte hätte es allein aus Spaß an der Sache getan.
    Als ich schon an meinem Orientierungssinn zu zweifeln begann, erreichte ich einen vertrauten kleinen Platz. Ein armseliger Orangenbaum wuchs in der Mitte und entbot mit seinen welkenden Blättern einen halbherzigen Gruß. Dahinter lag der Rotäugige Hund, leicht am Schild des Lokals zu erkennen, das einen wütend starrenden Hund zeigte. Darunter führte eine steile Treppe nach unten. Der Hund war ein Kellerlokal tief im Untergrund, was durchaus zum Charakter dieser Kaschemme passte. Als ich Muena Palaiya verlassen hatte, war er die mieseste und gefährlichste Spelunke in der ganzen Stadt gewesen, und es gab keinen Grund zu der Annahme, dass sich daran inzwischen etwas geändert haben sollte.
    Ein Wachtposten stand an der Tür, ein breitschultriger, dunkler Nordländer, der mir vage bekannt erschien. Als ich an ihm vorbeiwollte, streckte er einen muskulösen Arm aus und versperrte mir den Weg.
    »Ich möchte zu Mounteban«, erklärte ich. »Sag ihm, ein alter Freund möchte ihn sprechen.«
    »Mounteban hat nur alte Freunde«, erwiderte der Bursche philosophisch.
    »Dieser ist anders.«
    »Und einige seiner alten Freunde haben Namen«, fügte der Türsteher hinzu.
    »Dieser nicht.« Ich beschloss, ein Risiko einzugehen, indem ich meine Kapuze ein wenig hob. »Aber er wird dieses Gesicht erkennen. Vielleicht könntest du ihm ein Bild malen.«
    Ich dachte, er würde mich schlagen. Ganz offensichtlich erwog er diese Möglichkeit, aber dann sagte er: »Warte hier. Wenn du über diese Linie trittst …«, er zog die Hacke über den Boden, »… breche ich dir alle Finger, einen nach dem anderen.«
    »Ich benutze meine Finger recht häufig«, sagte ich. »Es dürfte also besser sein, wenn ich hier warte.«
    Aber der Kerl blieb so lange weg, dass ich mit dem Gedanken zu spielen begann, der Warnung keine Beachtung zu schenken und mich in den Laden zu schleichen. In der Nähe hörte ich Moaradrids Männer rufen, und ich bezweifelte, dass sie bei meinen Fingern aufhören würden. Eine Minute nach der anderen verstrich, und die Stimmen schienen immer näher zu kommen. Genau in dem Augenblick, als ich die Linie überschreiten wollte, erschien das Gesicht des Türstehers. »Mounteban ist bereit, dich zu empfangen«,

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