Im Schatten Der Wälder: Roman
beruhigen, sich vorbereiten, sich auf sein Ziel konzentrieren.
Als er wieder aufblickte, ging seine Beute bereits mit dem Becher in der Hand auf die Tür zu. Sein Gesicht brannte vor Scham. Beinahe hätte er sie verloren.
Mit gesenktem Kopf trat er aus der Schlange. Heute Abend also nicht. Disziplin, Kontrolle, Konzentration. Er musste sich beruhigen und sich die Erregung für danach aufsparen.
Er gewährte ihr eine weitere Nacht in Freiheit, einen weiteren Tag ihres Lebens. Und er konnte sich daran freuen, dass sie ihm, ohne es zu wissen, bereits in die Falle gegangen war.
Fiona überlegte, ob sie eine Voodoo-Puppe kaufen sollte. Wahrscheinlich könnte ihr einer von Sylvias Künstlern eine Puppe machen, die Kati Starr ähnlich sah. Es mochte ja kindisch sein, Nadeln hineinzustechen oder ihren Kopf gegen den Tisch zu schlagen, aber es hätte mit Sicherheit eine therapeutische Wirkung.
Simon schien Starrs jüngster Artikel nicht sonderlich zu beunruhigen. Wahrscheinlich hatte er recht. Wahrscheinlich. Aber es störte sie doch, dass die Reporterin behauptete, laut ihren Quellen suche das FBI nach einer »wichtigen Person« in der RSK-Zwei-Ermittlung.
Das hatte sie sich doch nicht aus den Fingern gesogen.
Jemand gab Informationen weiter, und sie vertraute der Quelle so sehr, dass sie sie zitierte und erneut nach Orcas kam.
Schon wieder rückte sie Fionas Namen in den Mittelpunkt des Interesses. Und obendrein brachte sie ihn in Zusammenhang mit Simon. Der wortkarge Künstler, der das urbane Flair in Seattle gegen das ruhige Strandhaus auf Orcas eingetauscht hatte.
Sie hatte sogar zusätzlich etwas über ihn geschrieben, über seine kreativen Holzarbeiten und seinen biologischen Ansatz.
Bla bla bla.
Es gab einiges, was sie Kati Starr gerne gesagt hätte, aber genau das wollte die Reporterin ja nur erreichen.
Die ständige Berichterstattung über sie brachte sie bei ihren Kunden in eine schwierige Lage. Sie konnte – und wollte – keine Fragen beantworten, die die Kunden zwangsläufig stellten.
Und weil die Fragen – und auch die Verrückten – in ihrem Blog auftauchten, musste sie den Kommentarbereich schließen.
Um sich abzulenken, konzentrierte sie sich auf ein neues Projekt. Sie ging zu Simon in die Werkstatt und wartete geduldig, bis er die Schleifmaschine ausschaltete.
»Was ist?«
»Kannst du das hier machen?«
Er schob die Schutzbrille hoch und studierte das Foto.
»Das ist ein Blumenkasten«, erklärte sie.
»Ich weiß, was es ist.«
»Es ist eigentlich Megs Blumenkasten. Ich habe sie gebeten, ihn zu fotografieren und mir das Bild zu schicken. Simon, ich brauche etwas zu tun.«
»Das sieht eher nach Arbeit für mich aus.«
»Ja, anfangs schon. Aber ich bepflanze sie. Wenn du mir vier machen könntest?« Da sie selbst in ihren Ohren jämmerlich klang, fuhr sie mit festerer Stimme fort: »Vielleicht willst du ja gar keine Blumenkästen, aber du musst zugeben, dass sie gut aussehen, und sie würden sich vorne am Haus gut machen. Man könnte sie auch zu Weihnachten dekorieren – oder nicht«, fügte sie hinzu, als er sie nur sprachlos anstarrte.
»Okay. Die Hochbeete an der Südseite des Hauses erwähne ich wohl besser gar nicht erst. Entschuldigung. Entschuldigung. Ich sehe ja, dass du auch ohne meine ausgefallenen Wünsche schon genug zu tun hast. Was ist das?«
Sie wies auf die Plane, unter der das Weinkabinett versteckt war.
»Das geht dich nichts an.«
»Gut. Dann gehe ich jetzt ein bisschen putzen, und daran bist ganz alleine du schuld.«
»Fiona.«
Sie blieb an der Tür stehen.
»Lass uns ein bisschen spazieren gehen.«
»Nein, ist schon gut. Du steckst mitten in der Arbeit, und mein Problem ist, dass ich nichts zu tun habe. Also suche ich mir etwas zu tun.«
»Dann gehe ich eben alleine spazieren, und du kannst hineingehen und schmollen.«
Sie stieß die Luft aus, dann trat sie zu ihm und schlang die Arme um ihn. »Ich hatte zwar vor zu schmollen, aber ich kann es noch aufschieben.« Sie hob den Kopf. »Ich bin halt einfach ruhelos. Ich bin daran gewöhnt, zu kommen und zu gehen, wann es mir gefällt. Mit den Hunden zu gehen oder spontan in den Ort zu fahren, um bei Sylvia oder Mai vorbeizuschauen. Ich habe zwar versprochen, nirgendwo alleine hinzugehen, aber mir war nicht klar, dass es mich wahnsinnig machen würde. Und deshalb gehe ich dir jetzt auf die Nerven. Das regt mich selber auf, wahrscheinlich sogar mehr als dich.«
»Das bezweifle ich«, erwiderte er und
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