Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
Vom Netzwerk:
und die Kartons sah, die ich die Treppe hinaufgeschleppt hatte.
    »Arbeitsgerät«, wiegelte ich ab.
    »Oh, verlegst du deine Redaktion jetzt hierher?«
    Kopfschüttelnd lehnte sie im Türrahmen und beobachtete, wie ich das Notebook startete, die Programme aufspielte, den Drucker anschloss und die Telefonabzweigung installierte.
    Es klappte auf Anhieb. Der Internetzugang stand.
    »Und hier ist eine Disk mit Spielen für Kinder bis fünfzehn. Gewaltfrei.«
    »Findest du das gut? Du bist wahrscheinlich nicht ewig hier.«
    »Kann sein. Aber dann ist das unsere Kommunikationsmöglichkeit, und Lisa kann kontrolliert spielen. Willst du anfangen?«
    »Womit?«
    »Wir suchen etwas. Erinnerst du dich?«
    Es wurde ein langer Abend vor demC omputer. Nur, was ich mire rhofft hatte, war in keiner uns bekannten Suchmaschine zu finden. Kein Archiv gab mehr her, als was ich schon wusste. Die Zeit schien diesen Teil der Geschichtschronik verschluckt zu haben.
    »Wie soll es weitergehen?«
    Gerda legte den Kopf zur Seite und überlegte. »Gehen wir ins Bett.«
    »Na prima«, brummte ich über diesen Vorschlag. »Versetz dich mal in diese Zeit. Jemand erlässt ein Dekret. So weit klar?« Ohne ihr Zeit zu lassen, sich das vorzustellen, entwickelte ich eine logische Gedankenkette. »Wie wurden diese Erlasse verfasst? Handschriftlich, mit einer Abschrift für den Erlasser. Es gab also nur zwei Dokumente. Was wir wissen ist, dass der Erlass 1803 im Februar ergangen ist, als das Heilige Römische Reich deutscher Nation unter einhunderteinunddreißig Landesfürsten neu geordnet wurde. Stimmt es bisher?«
    Das waren die Fakten, die wir im Internet gefunden hatten.
    »Kannst du dir vorstellen, dass jedes Einzelne dieser Dekrete in vielfacher Ausfertigung existiert?«
    Das war allerdings nicht vorstellbar. Die Dekrete mussten von Hand schönschriftlich gemalt, abgeschrieben und beurkundet werden.
    Bis hierher konnte sie folgen. »Worauf willst du hinaus?«
    »Es kann nur zwei, höchstens drei handschriftliche Versionen jedes Dokuments geben. Und wer hat die?«
    »Absender und Empfänger«, war die Logik, die erklärte, warum diese Dokumente in keine Datenbank einfließen konnten, wenn der oder die Inhaber das nicht wollten. »Aber es kann auch sein, dass die tot sind oder nicht wissen, dass es die Dokumente in ihrem Besitz gibt.«
    Ihr Argument, dass es die Dokumente vielleicht überhaupt nicht mehr geben könnte, ließ ich nicht gelten.
    »Dann wäre dein Vater nicht auf etwas gestoßen.«

11

    Am Montag versuchte ich mein Glück, telefonisch einen Termin mit dem Erzbischof zu bekommen. Als Anlass hatte ich mir die Geschichte des an der Stadtentwicklung interessierten Journalisten zurechtgelegt.
    Nein, der Erzbischof sei zurzeit auf Reisen, aber man könne mich gleich mit dem zuständigen Pater verbinden.
    Der Geistliche, der sich als »Pater Lutz« vorstellte, hörte sich mein Anliegen an und willigte ohne den von mir erwarteten Widerstand ein.
    »Selbstverständlich steht Ihnen unser Archiv zur Verfügung. Wenn Sie viel Zeit mitbringen, ist uns jeder willkommen, der sich dafür interessiert.«
    Er entschuldigte sich, dass die Originale nicht das Haus verlassen dürften, aber sie seien sonst frei zugänglich.
    Demnach hatte der einzige Fehltritt des Professors darin bestanden, dass er Bücher aus dem Ordinariat geschmuggelt hatte.
    Die Problemlosigkeit, einen Zugang zum kirchlichen Archiv zu erhalten, überraschte mich, stand sie doch im Gegensatz zu meiner Annahme, die sich auf Gersters Aussage stützte.
    Wir verabredeten uns nach dem Mittagsgebet.
 
    Vorher stattete ich dem Münsterplatz einen Besuch ab. An der verschlossenen Tür des dicken Wirtes prangte ein Schild »Ruhetag«.
    Ein nicht erklärbarer Instinkt trieb mich, einen Zugang in das Gebäude zu suchen. Auf der Rückseite war eine Tür angelehnt, die in die Küche führte. Sie war aufgeräumt, Töpfe und Pfannen glänzten an ihrem Platz, die Feuerstellen wiesen kaum Spuren von Benutzung auf. Es roch nach Reinigungs- und Desinfektionsmitteln.
    Durch die Anrichte betrat ich den Schankraum.
    »Hallo, ist hier jemand?«, machte ich mich bemerkbar.
    Von einem Ecktisch am Fenster kam ein Röcheln, ich sah aber niemanden. Schnell durchquerte ich den Raum und fand den Wirt zusammengekrümmt unter dem Tisch.
    Da ich so nicht an ihn herankam, zog ich das schwere Möbel ein Stück zur Seite.
    Seine sonst rote Gesichtsfarbe war einer Totenblässe gewichen, der Atem ging schwer und

Weitere Kostenlose Bücher