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Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
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... nur, dass die meisten meiner Kollegen Pächter sind, die an zwei Verwaltungsgesellschaften zahlen.«
    Er nahm sich die Zeitung, die neben mir lag, und sortierte die Seiten, die ich beim Lesen auseinandergenommen hatte.
    »Es muss doch jemand im Grundbuch eingetragen sein?«, versuchte ich sein Interesse zu mobilisieren, etwas mehr von sich zu geben.
    »Was schert mich das Grundbuch«, murrte er. »Ich bin froh, wenn ich da noch ’ne Weile drinstehe.«
    »Was könnte hinter diesem Otto für ein Geheimnis stecken?«
    Er stieß die Zeitung hochkant auf den Tisch, bis die Seiten wieder bündig waren, verschloss die Schnapsflasche und erhob sich. »Das einzige Geheimnis bei dem ist, wie er so alt werden konnte, ohne sich jemals zu waschen. Entschuldigen Sie mich. Muss noch eine Dusche reparieren.«
    Ich überlegte, ob es sich lohnte, der Geschichte als möglicher »Story« nachzugehen.
    Wir haben Urlaub, mahnte mein Kobold, aber eine kleine Nachforschung kann nicht schaden.
    Frau Gerster half mir, die Adresse des Professors zu suchen. Ich wollte den Hinterbliebenen einen Besuch abstatten. Außerdem würde ich versuchen, mit Otto und den Geschäftsleuten vom Münsterplatz ins Gespräch zu kommen.

3

    Der Wohnblock lag in der Südstadt. Es war eines dieser Gebäude, die um die Jahrhundertwende des vorigen Jahrhunderts als Zeichen wohlhabenden Bürgertums entstanden waren.
    Der Besitzer schien nicht viel Wert auf die Bausubstanz zu legen. Die Fassade war in einem jämmerlichen Zustand, der Eingang war mit Fahrrädern vollgestellt und roch muffig nach feuchtem Putz. Die Briefkästen quollenmit Werbung über und waren teilweise, wohl in Ermangelung eines Schlüssels, gewaltsam geöffnet worden.
    Die alten Holzstiegen knarrten unter meinen Schritten. Im zweiten Stock fand ich an einer mit bunten Butzenscheiben versehenen Wohnungstür das Schild »P. & M. Solvay«.
    Die Türglocke war unfachmännisch auf den Türrahmen geschraubt. Der Klingeldraht verschwand in einem kleinen Loch.
    Ein blonder Schopf erschien im Türspalt, der von einer Sperrkette begrenzt wurde.
    »Ist deine Mama da?«
    Die Tür wurde wieder geschlossen, und Kinderschritte entfernten sich.
    Es verging wohl mehr als eine Minute, bis eine ebenfalls blonde Frau, etwa Anfang dreißig, in einen schwarzen Pulli und schwarze Hosen gekleidet, öffnete.
    »Ja, bitte?«
    Ich stellte mich vor und kondolierte ihr.
    »Kommen Sie herein. Der Professor war mein Vater.«
    Sie führte mich in einen zwar altmodisch, doch gemütlich eingerichteten Raum mit hoher Stuckdecke. Als herausragendes Mobiliar glänzte ein schwarzer Konzertflügel.
    »Bitte ...« Mit einer Handbewegung wies sie mir einen Platz an.
    In der Tür erschien der Blondschopf. »Meine Tochter Lisa«, stellte sie das Kind vor.
    Es war das Mädchen, das ich zweimal mit Otto unter den Arkaden gesehen hatte.
    Diese unerwartete Konstellation irritierte mich einen Augenblick und hieß mich, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
    Frau Solvay, sie trug noch ihren Mädchennamen, machte einen seltsam gefassten Eindruck. Sie schien auch nicht geweint zu haben. Mit einem leeren Blick schaute sie an mir vorbei.
    »War es ein Unfall?«, versuchte ich eine Gesprächseröffnung.
    Sie zuckte mit den Schultern und schaute zum Fenster hinaus. »Das Schicksal meint es nicht gut mit uns ... Erst die Sache mit Lisas Vater, und jetzt das.«
    Es entstand eine lange Pause. Lisa schmiegte sich an ihre Mutter.
    »Ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Werde wohl wieder arbeiten müssen.«
    »War der Professor – ich meine, Ihr Vater – versichert? Ich meine, kann ich irgendwie helfen?« Mir fiel nichts Besseres ein, um einen Zugang zu ihr zu finden.
    »Ja, war er. Aber das deckt vielleicht die Schulden, die mir Lisas Vater hinterlassen hat.« Sie fixierte mich. Ihr Blick klarte auf. »Was wollen Sie? Was geht Sie das an?«
    Ich schob berufliches Interesse vor und erzählte von der Begegnung mit ihrem Vater und seiner Prophezeiung.
    Der Anflug eines zynischen Lächelns umspielte ihren Mund. »Seit dem Tod von Mutter hat mein Vater nur noch Feinde um sich gesehen. Mit jedem in der Stadt hat er sich angelegt, in seiner Vergangenheit gekramt, etwas gesucht, mit dem er anderen am Zeug flicken konnte. Vergessen Sie es. Alles fixe Ideen. Es ist besser, wenn Sie gehen.«
    Sie erhob sich und machte eine Handbewegung zur Tür.
    Auf dem Weg zur Haustür stellte ich die Frage, die mich eigentlich hergebracht hatte: »Hatte Ihr Vater etwas

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