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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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erschwerte ihr das Atmen. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. »Sie haben mir eine große Last von der Seele genommen. Ich hätte nicht gewusst, was ich den Kindern sagen soll, wenn man mich entlassen hätte. Ich fühle mich so tief mit ihnen verbunden.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Das weiß ich doch, Charmaine. Den Kindern geht es auch nicht anders. Und das weiß mein Vater ebenfalls.«
    »Das hoffe ich sehr, aber seit gestern bin ich mir da nicht mehr so sicher.«
    Paul runzelte die Stirn. »Seit gestern?«
    Sie berichtete ihm von der Reaktion der Mädchen auf die unerwartete Hochzeit, und Paul lächelte. »Yvette hat meine ganze Hochachtung. Ich habe meinem Vater in etwa dasselbe gesagt. Wie gut, dass er es noch von anderer Seite zu hören bekommt! Vermutlich war er beeindruckt?«
    »Das schon, aber es macht wohl keinen Unterschied mehr, nicht wahr? Was geschehen ist, ist geschehen.«
    »Da haben Sie leider recht. Trotzdem ist dieses Problem nur eines von vielen, die mir in dieser schrecklichen Woche widerfahren sind.«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihre Probleme genauso schnell lösen wie Sie die meinen. Aber leider kann ich Ihnen nur mein tiefstes Mitgefühl anbieten.«
    Sofort war Paul wie verwandelt. Seine Augen blitzten, und er grinste übermütig. »Passen Sie nur auf, ich nehme Sie beim Wort! Wie gern würde ich jetzt in Ihrem Mitgefühl baden und meine Probleme für eine Weile vergessen.«
    Sie wusste sehr genau, wohin solche Worte führten. Und erst recht seine Einladung, wenn sie ihr nachgab. Wenn sie seiner Einladung nachgab. Das war der Schlüssel. So ging das nun fast schon ein ganzes Jahr. Zu Beginn hatten ihr seine Annäherungsversuche Angst eingejagt, aber inzwischen war sie eher aufgeregt. Plötzlich wollte sie mehr, wollte wissen, dass er sich ehrlich zu ihr hingezogen fühlte, wollte wissen, wie sich sein Mund auf ihren Lippen anfühlte. Instinktiv ahnte sie, dass das kleine Lustgefühl, das bei ihrer ersten Begegnung im Garten aufgeflammt war, inzwischen zu etwas Neuem erblüht war. Und doch hatte er sie noch nicht geküsst. Und warum nicht? Als er es am Weihnachtstag tun wollte, hatte man sie gestört. Und als er aus Europa zurückgekehrt war, hatte die Unruhe wegen Colettes Siechtum ihr Leben bestimmt. Außerdem gab es da noch Espoir, seine zahllosen Verpflichtungen und seine ständigen Abwesenheiten. Heute waren sie seit ewigen Zeiten zum ersten Mal allein. Sie erwiderte sein betörendes Lächeln. Sollte er doch glauben, was er wollte. Sie wollte, dass er sie küsste, und zwar genau hier und jetzt. Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, wanderte sein Blick zu ihren Lippen.
    Paul hatte inzwischen so vielerlei Gefühle auf ihrem hübschen Gesicht gesehen – und doch konnte er nicht darin lesen. Seine Einladung schien sie nicht erschreckt zu haben, aber sie sagte nichts. Sie war so wunderschön, und er sehnte sich danach, sie zu lieben, sie langsam und süß zu lieben. Sein Katz-und-Maus-Spiel missfiel ihm, und er ärgerte sich über sich selbst. »Charmaine? Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?«
    Ihre Schüchternheit verschwand. »Ja, ich habe es gehört«, antwortete sie ruhig.
    »Und?«
    Er ließ ihre Hand los und umfasste ihre Wange. Dabei strich sein Daumen zart über ihre Lippen. Sie schloss die Augen. Als ihr der Atem versagte, stand sie auf und wandte ihm den Rücken zu.
    »Und?«, stieß er hervor und trat hinter sie.
    »Und …« Sie zauderte. »Ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich Ihnen helfen könnte.«
    Aha , dachte er, sie spielt nach neuen Regeln: Sei nicht beleidigt, aber gib auch nicht nach . Wieder einmal hatte er zu lange gezögert, und der träumerische Augenblick löste sich in nichts auf. Er fühlte sich getäuscht und lachte bedauernd. Dabei verfing sich sein Atem in ihrem Haar.
    Verlegen trat sie einen Schritt von ihm weg. Dann sammelte sie sich und sah ihm ins Gesicht. »Nun gut. Vielleicht könnten Sie mir ja einige Ihrer Probleme schildern …«
    »Einige?«, spottete er. »Und womit sollte ich Ihrer Meinung nach beginnen? Mit Agatha? Oder mit George? Oder doch mit John, dem größten Problem von allen? Ich fürchte, diese Kopfschmerzen können auch Sie mir nicht nehmen.«
    »Lassen Sie es mich doch zumindest versuchen.«
    Er prustete los. Doch als sie weiterhin mit verschränkten Armen vor ihm stand und ihn mit ernstem Blick ansah, trat er tatsächlich an den Schreibtisch und nahm die Papiere. »Nun gut, dies hier sind Rechnungen. Sie

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