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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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nur, was du angerichtet hast! Jetzt sind wir in den Außenbezirken und haben alle wichtigen Gebäude verpasst!«
    Sie schimpfte noch eine Weile, bevor sie sich für ein neues Thema erwärmte. »Es ist wirklich eine Schande, dass du Paul Duvoisin verpasst hast, Loretta. Ein feiner Mensch – aber auch ein Schwerenöter, wenn du weißt, was ich damit meine. Außerdem wirft er gern ein Auge auf die Ladys. Angeblich fällt der Apfel ja nicht weit vom Stamm. Was das angeht, so tritt er in die Fußstapfen seines Vaters …«
    »Caroline!«, fiel Harold ihr ins Wort.
    »Aber so ist es doch«, entgegnete sie sehr viel sanfter. Dennoch war sie verärgert, dass ihr Mann wagte, den Klatsch zu unterbinden, der doch unbedingt erzählt werden musste. »Stellt euch nur vor: So viele Jahre war der Mann Witwer – und dann heiratet er mir nichts, dir nichts ein Mädchen, das seine Tochter sein könnte! Wenn ich mir vorstelle, dass Colette …«
    »Caroline!« Ihr Mann explodierte. »Halt jetzt endlich den Mund!«
    »Aber Harold«, entrüstete sich Caroline angesichts dieses seltenen Wutausbruchs.
    Doch Harolds Zorn kühlte ebenso rasch ab, wie er aufgeflammt war, und er zerrte verlegen an seinem Kragen. »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich leise. »Aber meine Frau sollte keine Gerüchte verbreiten.«
    Caroline schnalzte mit der Zunge. »Das sind keine Gerüchte, mein lieber Mann, sondern Fakten.«
    Die restliche Fahrt über wurde geschwiegen. Charmaine überlegte, wie verschieden die beiden Schwestern doch waren. Außerdem kehrten ihre Gedanken immer wieder zu Colette Duvoisin zurück und suchten nach Antworten. War die junge Frau gern mit einem Mann verheiratet, der alt genug war, um ihr Vater zu sein? Welche Überraschungen und Erkenntnisse brachten wohl die nächsten Tage für sie?
    Als der Wagen vor dem Landhaus der Brownings hielt, erschien ein Mädchen von ungefähr fünfzehn Jahren. Sie war genau wie ihre Mutter ein wenig untersetzt, aber sie rannte mit einem strahlenden Lächeln auf den Wagen zu. »Tante Loretta? Onkel Joshua?«
    »Gwendolyn?« Loretta konnte es nicht fassen. »Mein Gott, Kind, wie groß du geworden bist!«
    Während sie einander umarmten, zog Harold Browning seine Frau beiseite und flüsterte hitzig auf sie ein. »Wenn ich nur noch eine einzige Silbe über Frederic und Colette von dir höre, kannst du augenblicklich deine Sachen packen. Das schwöre ich!« Carolines Kinn sank herab. »Oder willst du vielleicht, dass ich meine Stellung auf der Insel verliere? Dass man mich wie Clayton Jones davongejagt? Erinnerst du dich noch, wie es ihm ergangen ist?«
    Carolines Augen wurden so groß wie Untertassen. »Ja … aber nein … natürlich nicht.«
    »Oder wärst du lieber die neue Alma Banks? Dann hätten die Leute in der Stadt wahrlich etwas zu tratschen!«
    Carolines Gesichtsausdruck spiegelte ihr Entsetzen wider.
    »Nun gut.« Harold lächelte und nickte zufrieden. »Denk daran, bevor du beim nächsten Mal deine Zunge wetzt. Frederic Duvoisin ist vielleicht krank, aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass er nicht handlungsunfähig ist, wie jedermann zu glauben scheint. Außerdem habe ich genauso viel Respekt vor Colette wie vor ihrem Mann. Wenn die beiden nicht gewesen wären … Wer weiß, wo wir heute stünden? Das ist doch wahrlich Grund genug, um das Getratsche endlich einzustellen!«
    Caroline nickte beklommen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder in der Gewalt hatte und dann endlich ihre Besucher ins Haus bat.

2
Mittwoch, 14. September 1836
Les Charmantes
    Die Morgensonne schien in das Schlafzimmer, das sich Charmaine mit Gwendolyn Browning teilte. Sie öffnete die Augen, gähnte und räkelte sich wohlig in der leichten Brise, die durch die Fenster hereinwehte. Nur noch ein paar Stunden, dann hatte die karibische Sonne die Morgenkühle aufgezehrt. Im Augenblick war hier Sommer, aber wenn sie den Brownings und Gwendolyn glauben durfte, so waren die anderen Jahreszeiten nicht wirklich kühler. Nur ein wenig milder.
    Charmaine kroch aus dem schmalen Doppelbett und sah auf ihre neue Freundin hinunter. Ja, diese Bezeichnung hatte Gwendolyn verdient, denn das junge Mädchen sprudelte vor Einfällen, und ihre Fröhlichkeit war ansteckend.
    Gestern hatten sie die Stadt unsicher gemacht, und heute wollte ihr Gwendolyn die andere, sehr viel schönere Seite von Charmantes zeigen, worauf sie sich ganz besonders freute. Auf Mrs. Brownings Gesellschaft verzichtete sie gern, und sie war erleichtert,

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