Im Sturm: Thriller (German Edition)
einer Umstrukturierung der Produktion von Destillaten in der Lage. Meine Behörde ist der Ansicht, daß die Erzeugung militärisch wichtiger Treibstoffe um neun Prozent erhöht werden kann. Andererseits halten meine Analytiker alle existierenden Verbrauchseinschätzungen unter Gefechtsbedingungen für übertrieben optimistisch.« Ein letzter, schwacher Protest.
»Besorgen Sie uns nur den Treibstoff, Michail Eduardowitsch.« Der Verteidigungsminister lächelte kalt. »Wir passen schon auf, daß er vernünftig verwendet wird. Laut Schätzung meiner Experten werden wir unsere Angriffsziele binnen zwei Wochen erreicht haben, wenn nicht früher. Aber ich konzediere die Stärke der Nato-Armeen und gehe daher von dreißig Tagen aus. Es bleibt uns also immer noch mehr als genug Treibstoff.«
»Und wenn die Nato herausbekommt, was wir planen?« fragte der alte Petja.
»Sie wird nichts erfahren, denn wir bereiten bereits unsere maskirowka vor, unser Ablenkungsmanöver. Die Nato ist keine starke Allianz. Ihre Minister zanken sich um den Verteidigungsbeitrag ihrer Länder, die Bevölkerungen sind uneins und verweichlicht. Weil sie es noch immer nicht fertiggebracht hat, ihre Waffensysteme zu standardisieren, ist der Nachschub ein Chaos. Und ihr wichtigstes, stärkstes Mitglied trennt ein fünftausend Kilometer breiter Ozean von Europa. Die Sowjetunion hingegen ist von der westdeutschen Grenze nur eine Nachtfahrt mit dem Zug entfernt. Wenn alles versagt und unsere Absichten bekannt werden, können wir jederzeit halt machen, sagen, wir hielten Manöver ab, und zu Friedensbedingungen zurückkehren – und wären dann nicht schlimmer dran, als wenn wir nichts unternommen hätten. Zuzuschlagen brauchen wir nur, wenn alles bereit ist. Zurückziehen können wir uns immer.«
Alle wußten, daß das eine geschickte Lüge war, aber niemand hatte den Mut, sie anzuprangern. Wann hatte sich eine einmal mobilisierte Armee je zurückgezogen? Bromkowski schwafelte noch ein paar Minuten lang und zitierte Lenins Warnung vor einer Gefährdung der Heimat des Weltsozialismus, doch selbst darauf reagierte niemand. Daß dem Staat – oder eher der Partei und dem Politbüro – Gefahr drohte, lag auf der Hand. Die Alternative war Krieg.
Zehn Minuten später stimmte das Politbüro ab. Sergetow und die acht anderen Kandidaten waren nur Zuschauer. Das Ergebnis lautete elf zu zwei für den Krieg. Der Prozeß hatte begonnen.
DATUM – ZEIT 03/02 17:15 BLATT 01 SOWJETREPORT
BC – Soviet Report, Bjt, 2310·FL·
TASS bestätigt Feuer auf Ölfeld
RED: Für Nachmittagsausgabe SAMSTAG vorgezogen – FL.
Von Patrick Flynn – FC·
Korrespondent Moskau AP
MOSKAU (AP) – Die sowjetische Nachrichtenagentur TASS bestätigte heute, in Westsibirien habe sich ein »schwerer Brand« ereignet.
Das Parteiorgan Prawda meldete das Unglück und lobte die »heldenhaften Feuerwehrleute«, die durch pflichtbewußten Einsatz zahllose Menschenleben gerettet und weitere Schäden an einer naheliegenden Einrichtung verhindert hätten.
Dem Vernehmen nach brach der Brand durch »technisches Versagen« im automatischen Steuerungssystem der Raffinerie aus und verbreitete sich rasch, wurde aber von »den tapferen Feuerwehrleuten und mutigen Arbeitern, die ihnen heroisch zur Hilfe eilten, nicht ohne Opfer« bald gelöscht.
Obgleich in westlichen Berichten Zweifel angemeldet wurden, erloschen die Flammen offenbar rascher als erwartet. Im Westen werden nun Spekulationen über ein hochmodernes Löschsystem in der Anlage angestellt das es den Sowjets ermöglichte, den Brand unter Kontrolle zu bringen.
AB-BA 3-2 16:01 EST·FL·
+++ ENDE +++
3
Korrelation der Kräfte
Moskau
»Nach meiner Meinung hat man mich überhaupt nicht gefragt«, erklärte Generalstabschef Marschall Schawyrin. »Als man mich am Donnerstagabend rief, war die politische Entscheidung längst gefallen. Wie lange ist es her, daß der Verteidigungsminister mich um eine auf stichhaltigen Argumenten basierende Entscheidung gebeten hat?«
»Und was haben Sie gesagt?« fragte Marschall Roschkow, Oberbefehlshaber der Heerestruppen. Die erste Reaktion war ein grimmiges, ironisches Lächeln.
»Die Streitkräfte der Sowjetunion seien nach einer Vorbereitungszeit von vier Monaten in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen.«
»Vier Monate ...?« Roschkow starrte aus dem Fenster, drehte sich dann um. »Wir werden nicht bereit sein.«
»Die Feindseligkeiten beginnen am 15. Juni«, erwiderte Schawyrin. »Wir
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