Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
gestrigen Abend mit mehreren Tassen schwarzen Kaffees und einigen Aspirin so weit fit gemacht, dass sie ihm alles hatte erzählen können, was passiert war. Und wie es hatte geschehen können, dass auch er, Garrett, in dieser Geschichte steckte und sogar von der Polizei gesucht wurde. Verrückt. Total idiotisch. Das alles letztlich deshalb, weil sich Jenna mit diesem Matthew Willard, dessen Frau vor Jahren gekidnappt worden war, hatte einlassen müssen. Daraus waren ganz offensichtlich nichts als Probleme entstanden.
Er hatte auf dem Sofa gelegen und kein Auge zugetan und am Morgen beschlossen, gleich nach dem Aufstehen zur Polizei zu gehen und die Dinge richtigzustellen. Es hatte ihn knapp drei Wochen zuvor ganz spontan in die Provence gezogen, und wie es seine Art war, hatte er diesem Wunsch nachgegeben, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Er hielt nichts davon, sich an- oder abzumelden. Bei der Eventagentur hatte er sowieso aufhören wollen.
Er hatte mit der leitenden Ermittlerin, Detective Inspector Morgan, gesprochen. Sie war ziemlich erstaunt gewesen, dass er einfach so hereinspaziert kam, noch dazu am frühen Morgen. Sie hatte übernächtigt und gehetzt gewirkt und war während des Gesprächs immer wieder ans Telefon gerufen worden. Der Fall zehrte an ihren Nerven, das war spürbar. Nun gut, Garrett würde ihre Nerven ein wenig entlasten.
Er hatte zum Glück noch die Tickets. Er war mit dem Shuttle hinüber auf den Kontinent gefahren und auf demselben Weg zurück, und für beides hatte er die Belege in der Brieftasche. Im Portemonnaie befanden sich jede Menge Euros, die er noch nicht in britische Pfund hatte zurücktauschen können. Außerdem hatte er mehrere Quittungen von Mautstellen auf den französischen Autobahnen gefunden, die seinen Aufenthalt in Frankreich belegten. Falls die bleiche Polizistin sich nicht einfach von seiner tiefen, makellosen Sonnenbräune überzeugen ließ. So etwas bekam man nicht in England, jedenfalls nicht in diesem durchschnittlichen Sommer. Das sah schon sehr nach Mittelmeer aus, und zwar nach einem längeren Aufenthalt dort.
Er hatte den Eindruck, dass sie ihn höchstens noch schwach verdächtigte. Sie hatte ihm Löcher in den Bauch gefragt und bestimmt dabei versucht, sich ein Bild seines Charakters zu machen. War er die Sorte Mann, die ausrastete, weil die ehemalige Lebensgefährtin einen anderen hatte? Garrett wusste, dass er das ganz klar nicht war. Ihm stank die Sache zwischen Jenna und diesem Willard, aber das verursachte keine Kurzschlussreaktion in ihm. Jenna überfallen wollen und stattdessen aus Versehen Alexia erwischen? Mit dieser Version beleidigte sie ja fast schon seine Intelligenz!
Ob er Alexia kannte, hatte sie wissen wollen.
Jetzt, als er vor Jennas Haus stand und dem davonfahrenden Taxi hinterhersah, dachte er über sie nach. Über Alexia Reece. Er kannte sie flüchtig, aus Erzählungen von Jenna natürlich, und von einem gemeinsamen Abendessen einige Jahre zuvor. Alexia und Ken waren in Brighton gewesen und hatten ihn und Jenna besucht. Alexia war mit ihrem dritten Kind schwanger gewesen und hatte so deutlich unmittelbar vor der Niederkunft gestanden, dass Garrett es als Zumutung empfand, in diesem Zustand noch bei anderen Leuten einzufallen. Den ganzen Abend über hatte er gefürchtet, sie werde plötzlich Wehen bekommen und auf seinem Wohnzimmerteppich entbinden. Ken hatte die beiden bereits vorhandenen Kinder beschäftigt und dabei verklärt dreingeblickt. Er gehörte zu diesen modernen Vätern, von denen Garrett immer den Eindruck hatte, dass sie mit der Geburt ihrer Kinder zu Übermüttern mutierten; wenn man beobachtete, wie sie feuchte Augen beim Anblick ihrer Brut bekamen, konnte man meinen, dass sie sie am liebsten selbst stillen wollten. Ken war ein erstklassiges Exemplar dieser Gattung. Und Alexia …
Er hatte es am Vorabend zu Jenna gesagt, und er hatte es jetzt gegenüber Inspector Morgan wiederholt. Er war überzeugt, dass Alexia keineswegs einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Ihre Sicherungen waren durchgebrannt, und sie war ausgestiegen. Aus allem. Hatte eine Szenerie kreiert, die alle auf eine falsche Fährte locken musste, und dann das Weite gesucht.
Seltsamerweise hatte er schon damals, an jenem Abend in Brighton, gedacht, dass Alexia irgendwann austicken würde. Es war genau der Eindruck gewesen, den sie auf ihn machte. Eine Frau, die auf der Überholspur lebte, eine Kerze, die an beiden Enden brannte. Sie war damals noch
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