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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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vergreifen …?«
    Bestand da ein Unterschied? Joey war schließlich auch ein männliches Wesen. Aber McIntyres unverhohlenes Entsetzen brachte sie ein wenig aus dem Konzept.
    Â»Wie auch immer – Ihr werdet mir meinen Sohn zurückgeben, oder ich mache Euer widerwärtiges Geheimnis publik!«
    Ohne ein weiteres Wort, ohne sich noch einmal umzusehen, rauschte sie aus dem Zimmer und aus dem Haus, über die Veranda und die Stufen hinunter, wo Artemis auf sie wartete.
    Aber der Triumph schmeckte schal. Sie hätte nicht gedacht, dass es ihr dermaßen nahegehen würde, McIntyre am Boden zerstört zu sehen.
    *
    Â»Wenn Ihr mir diese Aussage gestattet, Dr. McIntyre: Ihr seht nicht gut aus.« D’Arcy Wentworth blickte ihn prüfend an. »Ihr wirkt fast, als wäre Euch ein Geist begegnet. Ist Euch nicht wohl?«
    Alistair zwang sich zu einem gequälten Lächeln und be mühte sich, seine Hand mit der gefüllten Teetasse ruhig zu halten. Sie saßen in dem kleinen Aufenthaltsraum im Lazarett, der sich an den Krankensaal anschloss. Selbst hier war der Geruch nach Essig noch schwach zu riechen. Wentworth , den er an diesem Nachmittag ablösen würde, hatte ihm gera de die letzten Neuzugänge und Behandlungen erläutert.
    Â»Doch, doch«, murmelte er. »Ich bin bloß ein wenig … überarbeitet.«
    Â»Das verstehe ich nur zu gut«, gab Wentworth zurück und griff nach seinem Rock, der an einem Haken neben der Tür hing. »In den vergangenen Wochen wusste ich selbst oft nicht, wo mir der Kopf steht. – Ihr solltet ein wenig kürzertreten.« Er streifte den Rock über und wandte sich zur Tür. »Habt Ihr noch irgendwelche Fragen? Nein? Nun, wenn Ihr mich dann entschuldigen wollt – vor der Abreise meiner Söhne muss ich noch einiges erledigen.« Wentworth verzog das Gesicht zu einem traurigen Lächeln. »Es bricht mir das Herz, die beiden gehen zu lassen, aber was bleibt mir anderes übrig? Hier in Neusüdwales bekommen sie nicht die Ausbildung, die für sie angemessen wäre.«
    Wentworth hatte ihm schon vor Wochen erzählt, dass er seine ältesten Söhne nach England schicken würde, um ­ihnen dort eine höhere Schulbildung zu ermöglichen.
    Alistair musste sich zwingen zu antworten. »Nun, dann … wünsche ich viel Glück«, sagte er, nur um überhaupt etwas erwidert zu haben. »Wann reisen Eure Söhne ab?«
    Â»Wir erwarten jeden Tag das Schiff. William und D’Arcy junior sitzen sozusagen auf gepackten Truhen. – Einen schönen Tag noch, Dr. McIntyre.«
    Alistair sah ihm nach, bis sich die Tür hinter ihm ge schloss en hatte. Erneut verkrampfte sich alles in ihm, und er ballte zitternd die Fäuste.
    Konnte es Wentworth gewesen sein? Konnte ihn D’Arcy Wentworth in jener vermaledeiten Nacht, die nun Alistairs Untergang heraufbeschwören konnte, gesehen haben? Den gutaussehenden Arzt hatte er als Ersten in Verdacht gehabt. Wentworth arbeitete im Lazarett, und er war mit Moira bekannt. Es wäre durchaus möglich. Aber nach ihrer kurzen Unterredung glaubte Alistair nicht mehr wirklich daran, dafür war Wentworth zu freundlich und ehrlich besorgt ge wesen. Genauso gut konnte es jeder andere, der Zutritt zum Lazarett gehabt hatte, gewesen sein – ein Pfleger, ein Arzt, ein Patient. Und es änderte absolut nichts an der Tatsache, dass alles, was Alistair hier erreicht hatte, erneut wegen seiner verderblichen Lust zu scheitern drohte.
    Nach Moiras Besuch am heutigen Vormittag und dem ersten entsetzlichen Schrecken hatte er sogar gespürt, wie eine Last sich löste. Endlich, nach all den langen Jahren des Versteckens und der Heimlichkeiten, war es heraus. Die Erleichterung hatte allerdings nur kurz angehalten. Nur bis ihm bewusst geworden war, was diese Entdeckung für ihn bedeutete. Die Angst, die seitdem in seinen Eingeweiden wühlte, war zu einem beständigen Druck in seinem Magen geworden. Jetzt, da Moira nicht mehr mit ihm verheiratet war, traute er ihr durchaus zu, ihre Drohung wahrzumachen und ihn anzuzeigen. Bei dem Gedanken daran stieg erneut ein würgendes Grauen in ihm auf, das ihm den Atem stocken ließ. Selbst wenn man ihm nicht wirklich etwas nachweisen konnte: Sobald auch nur der Hauch eines entsprechenden Verdachts aufkommen würde, würde er alles verlieren. Seinen Ruf, seine Praxis, womöglich

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