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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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ein bisschen gierig, was das betrifft.«
    »Ich glaube nicht, dass ich überhaupt aufstehen kann.«
    Dom schwieg eine Weile. »Dann sind wir am Ende«, sagte er schließlich mit einer Stimme, in der jede Wärme und überhaupt jeder Ausdruck fehlte. Seine Worte klangen dünn und schwach, es war die Stimme der Verzweiflung, die Stimme von gestern. Er schlurfte zum Kocher zurück und sah schweigend in den
Topf mit dem Wasser. Daneben standen zwei Zinnbecher und die Dose mit dem Instantkaffee. Die Becher waren innen total schwarz.
    »Wir brauchen Wasser. Dringend. Ich muss was trinken. Und mir meinen Kopf ansehen. Ich hab einen Rasierspiegel dabei.«
    »Mach mal langsam.«
    »Vielleicht kann ich die Wunde mit etwas heißem Wasser sterilisieren. «
    »Sch-sch, lass …«
    »Antiseptikum. Wir hatten doch so was in unserer Apotheke.«
    »Das ist alles weg. Wegen Phils Blasen.«
    »Verdammt.« Sein Gesicht verzerrte sich. Jeden Moment konnte er in Tränen ausbrechen.
    »Mach erstmal langsam, Kumpel. Trink deinen Kaffee. Versuch, einen klaren Kopf zu bekommen. Es ist nur eine Fleischwunde. Eine Beule. Sieht schlimmer aus, als es ist.«
    Versuchte Dom nur, ihn zu trösten, oder stimmte es wirklich? Das war schwer zu sagen, aber es beruhigte ihn doch ein wenig, denn er hatte ja nichts weiter an das er sich halten konnte, außer diesen vagen Aussagen.
    Dom goss heißes Wasser in einen Becher. »Lass uns erstmal was trinken. Dann überlegen wir, was wir als Nächstes tun können. «
     
    Sie brauchten eine halbe Stunde, um die südliche Seite des Hügels hinabzusteigen. Als sie es geschafft hatten, machten sie eine Pause, um wieder zu Atem zu kommen und ihre verschiedenen Schmerzen abklingen zu lassen. Schließlich blickten sie zu dem silbrig-grünen Blätterdach über ihnen, das sich in dem kalten Wind bewegte, der seit Kurzem über den Hügel blies.
    Außer den zwei Schlafsäcken, den Messern und den Taschenlampen hatten sie alles zurückgelassen. Drei Rucksäcke, einen Stapel verdreckter Klamotten, einen geleerten Erste-Hilfe-Kasten,
die leere Gasflasche und den Campingkocher, auf dem sie sich ihren letzten Becher bitteren Kaffee gekocht hatten. Alles war an ihrem Lagerplatz auf dem Hügel zurückgeblieben. An dem einsamen und trostlosen Ort, wo sie eigentlich schon ihr Ende gefunden haben sollten. Die Überbleibsel eines verloren gegangenen Trupps von Wanderern. Letzte Zeugnisse von vier Freunden, die eine Abkürzung durch den Wald genommen hatten.
    Nun standen sie auf dem dünnen Erdboden, der den felsigen Untergrund bedeckte, am Fuß des Hügels und starrten in die dunklen Tannen, die in dem weichen Licht beinahe feierlich wirkten und sie zu erwarten schienen. Weiter drinnen im dunklen kalten Urwald erhob sich eine Mauer aus Gestrüpp um die wenigen letzten Weiden, hinter denen sich viel höhere Tannen und Fichten nach oben reckten, die dort dominierten, wo die Erde tiefer war.
    Als sie in den Wald spähten und sich orientierten, um Richtung Südwesten weiterzugehen, bemerkten sie, wie uneben der Boden von hier ab war. Ein hügeliges Auf und Ab erwartete sie, über das sich eine Heerschar von Bäumen erstreckte, die nur dort zurückwichen, wo der felsige Untergrund zum Vorschein kam, den der Moosbewuchs glitschig machte. Es war ein Anblick, der Luke entmutigte, noch bevor sie überhaupt losgegangen waren. Sie würden einen weiteren Tag hier herumirren, geplagt von Schmerzen, die sie bei jedem Schritt überfielen, ja bei jeder Bewegung, die sie machten, so schlimm waren sie verletzt. Und heute würden sie noch langsamer vorankommen als in den Tagen zuvor. Luke schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Tatsächlich war er schon am Ende, bevor er überhaupt angefangen hatte, und das wusste er nur zu gut.
    Doms dilettantisch angebrachter Verband hatte sich von seinem Kopf gelöst und war heruntergefallen, kaum dass er ein paar Schritte gegangen war. Immerhin hatte er die Blutung zum
Stillstand gebracht. Die ganze Zeit während er bewusstlos gewesen war, hatte er Blut verloren. Die Schnittwunde verlief von der linken Augenbraue über seine Stirn bis unter seinen Haarschopf. Sie war rosa und lag offen da wie ein zweiter schräg verlaufender Mund. Er hatte seinen schmalen Rasierspiegel benutzt, um es sich anzusehen, und glaubte in der Wunde ein Stück freigelegten Knochen gesehen zu haben. Der Schnitt war mindestens zwölf Zentimeter lang und musste unbedingt so schnell wie möglich genäht werden.
    Mit dem letzten

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