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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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ihn nachdrücklich zurück. Mindestens fünfzig Meter legten sie in gemessenem Gehtempo zurück. Erst als die Silhouetten der Wachposten in der Dunkelheit verschwanden, nickten die Flüchtlinge einander vielsagend zu und setzten ihren Weg im Laufschritt fort.
    Während Tolik durch den Tunnel rannte, wurden Kindheitserinnerungen in ihm wach . A ls kleiner Junge hatte er es geliebt, in der Metro auf dem Sitz zu knien und durchs Fenster die schwarzen Stromkabel an der Tunnelwand zu betrachten. Durch die Bewegung des Zugs erwachten sie wie in einem Animationsfilm zum Leben und verwandelten sich in eine endlose, sich windende Schlange. Jetzt, da er durch den Tunnel lief, tauchte diese Schlange wieder auf. Wie damals in der Kindheit …
    Tolik drosselte erst wieder das Tempo, als er völlig außer Atem war und Seitenstechen bekam. Krabbe, der genauso heftig keuchte, deutete auf einen schummrigen Lichtfleck weiter vorn.
    »Die Krasnopresnenskaja .«
    Am Kontrollposten erwartete die Weggefährten das übliche Brimborium: ein grimmiger Wachposten, der aufs Gleis hinuntersprang, ratschende Gewehrverschlüsse und zackige Kommandos, die durch den Tunnel hallten. Doch die Passierscheine mit dem Emblem der Hanse erwiesen sich auch hier als perfekte Türöffner . A ls der Wachmann den magischen braunen Ring sah, verging er fast vor Liebenswürdigkeit, wünschte den Herrschaften einen guten Tag und lächelte ihnen sogar hinterher.
    An Glanz und Gediegenheit stand die Krasnopresnenskaja der Kiewskaja nicht nach, doch Tolik wurde das Gefühl nicht los, dass er sich an einem Militärstützpunkt befand. Patrouillen gab es hier mindestens doppelt so viele . A ußerdem sah man immer wieder Kämpfer, die eine völlig andere Uniform trugen.
    »Reguläre Soldaten«, flüsterte Tolik Krabbe zu und deutete mit einem respektvollen Kopfnicken auf groß gewachsene Kämpfer in grüner Tarnuniform.
    Die Soldaten trugen schwere, schusssichere Westen, und um ihre Schultern hingen Sturmgewehre mit Granatpistolen unter dem Schaft. Stahlhelme baumelten seitlich an ihren Gürteln. Mitten in der Bahnsteighalle stand ein überlanges Zelt mit dem Schriftzug »Kaserne« über dem Eingang.
    Die Übergänge zur Radiallinie waren zu Festungen ausgebaut, und die Grenzposten durch Armee-Einheiten verstärkt. Zivilisten gab es nur wenige an der Station.
    »Was ist denn hier l…«, begann Tolik und stockte, denn im nächsten Augenblick begriff er bereits, was hier los war.
    Die Übergänge von der Krasnopresnenskaja führten schließlich nicht zu einer x-beliebigen, sondern zur Roten Linie. Im Moment herrschte zwar ein leidlich stabiler Friede zwischen den alten Erzfeinden, doch es war unübersehbar, dass die Hanse jederzeit mit heimtückischen Aktionen der Kommunisten rechnete.
    Die Station befand sich im Kriegszustand. Die beiden Weggefährten wurden mehrfach angehalten und kontrolliert. Es schien wenig ratsam, sich hier länger als nötig aufzuhalten . A ußerdem durfte man Krabbe nicht aus den Augen lassen. Um zu verhindern, dass der Bandit wieder lange Finger bekam, führte Tolik ihn buchstäblich an der Hand. Er hatte keine Lust, schon wieder in einer stickigen Kammer zu landen.
    Als sie die Krasnopresnenskaja verließen, zog Krabbe dennoch eine Taschenlampe aus dem Ärmel, die er vor ein paar Minuten garantiert noch nicht gehabt hatte.
    »Gelernt ist gelernt«, kommentierte er und grinste triumphierend.
    Die Weggefährten passierten problemlos den nächsten Kontrollposten und gelangten in den Tunnel, der zur Belorusskaja führte. Tolik war zum ersten Mal an der Ringlinie unterwegs und sog begierig die neuen Eindrücke auf. Besonders fielen ihm die vielen Hinweise auf, die man überall, wo Platz war, an die Wand geschrieben hatte. Mal wurde man aufgefordert, Pass und Visum bereitzuhalten, mal darauf aufmerksam gemacht, dass man das Territorium der Hanse betrat, mal vor den Angriffen von Mutanten gewarnt.
    Besonders unheilvoll wirkte der Hinweis über einem Seitengang: »Achtung! Hier sind 24 Menschen verschollen.« Der Text war mit weißer Wandfarbe geschrieben, die Ziffern aber mit Kreide. Die Zahl wurde offenbar des Öfteren nach oben korrigiert. Tolik leuchtete mit der Taschenlampe in den Korridor. Es gab nichts Besonderes zu sehen. Trotzdem ging er lieber zügig daran vorbei. Er war nicht scharf darauf, Nummer 25 zu werden.
    Auch in den relativ sauberen und trockenen Tunneln der Ringlinie durfte man sich also nicht zu sicher fühlen. Oder waren die

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