Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
eigentliche Waffe ist die Meistbegünstigungsstellung. Das wissen die Chinesen, und wir wissen, dass sie es wissen. Wir haben auch noch die Möglichkeit des Boykotts, und ich meine, dass wir im Ernstfall guten Gewissens Gebrauch davon machen können. Gegen China haben wir diesen Knüppel noch nie aus dem Sack gezogen. Warum eigentlich nicht?«
Der Präsident zuckte mit den Achseln und war anscheinend peinlich berührt. »Vielleicht, weil sich noch keine günstige Gelegenheit geboten hat und weil die Mehrheit hier in der Stadt den Schmusekurs favorisiert. Okay, verständigen Sie sich darüber mit Scott Adler. Er hat alle Botschafter hinter sich.«
»Wer ist unser Mann in Peking?«
»Carl Hitch. Hat im auswärtigen Dienst Karriere gemacht und ist jetzt Ende Fünfzig. Soll sehr gut sein, wird aber bald in den Ruhestand treten. Der jetzige Posten wird sein letzter sein.«
»Wohl ein Dankeschön für all die Jahre treuer Dienste.«
Ryan nickte. »So ungefähr. Ich bin allerdings nicht sicher. Das Auswärtige war nie meine Sache.« Noch weniger als die CIA, dachte er.
Das ist ein netteres Büro, dachte Bart Mancuso. Und die Schulterklappen auf seiner weißen Uniformjacke waren ein bisschen schwerer geworden mit den vier Sternen statt der zwei, die er bislang als COMSUBPAC getragen hatte. Das war aber auch schon alles. Sein ehemaliger Vorgesetzter Admiral Dave Seaton war zum Admiralstabschef befördert geworden, worauf der Präsident (oder irgendjemand in seiner Nähe) beschlossen hatte, dass er, Mancuso, der neue Oberbefehlshaber der Pazifikflotte sein sollte. Und darum saß er nun in demselben Büro, das früher einmal Chester Nimitz geleitet hatte und nach ihm noch einige andere tüchtige – mitunter brillante – Marineoffiziere. Von seinem Plebe Summer, dem ersten Studienjahr an der Marineakademie in Annapolis, hatte er bis hierher einen weiten Weg zurückgelegt, nicht zu vergessen all die Jahre zuvor, in denen er das Kommando auf der USS Dallas geführt hatte, unter anderem bei zwei Missionen, über die er nach wie vor zum Stillschweigen verpflichtet war. Und dass er und der derzeit amtierende Präsident für kurze Zeit Schiffskameraden gewesen waren, hatte seiner Karriere letztlich auch nicht geschadet.
Mit dem neuen Job war ihm auch ein neuer, vornehmer Wohnsitz zugeteilt worden, zudem eine kleine Mannschaft aus Adjutanten und Seeleuten, die sich um sein Wohlergehen und um das seiner Frau kümmerten – die beiden gemeinsamen Söhne besuchten ein College –, dazu mehrere Limousinen plus Chauffeure und bewaffnete Bodyguards, weil seltsamerweise Leute frei herumliefen, die Admiräle nicht leiden konnten. In seiner neuen Funktion war Mancuso nun Verteidigungsminister Anthony Bretano direkt unterstellt. Im Gegenzug erhielt Mancuso eine Menge neuer Vergünstigungen. Er hatte von jetzt an unmittelbar Zugang zu sämtlichen geheimdienstlichen Informationen, auch zu denen, die am besten gehütet waren, nämlich zu Quellen und Methoden, das heißt, er konnte erfahren, woher die Informationen kamen und wie sie beschafft wurden. Als Amerikas Oberbefehlshaber über ein Viertel der Erdoberfläche musste er schließlich über alles Bescheid wissen, um seinem Minister gute Ratschläge geben zu können, der seinerseits den Präsidenten über die Ansichten, Intentionen und Wünsche des CINCPACs (des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte) unterrichten würde.
Der Pazifik machte seinem Namen Ehre. Alles friedlich da unten, dachte Mancuso nach der Lektüre seiner Tagesvorlage. Das war natürlich beileibe nicht immer der Fall gewesen. Erst kürzlich hatte er einen ziemlich ernsten Konflikt mit den Japanern auszutragen gehabt – das Wort ›Krieg‹ war in zivilisierten Diskursen mittlerweile verpönt. Dabei waren zwei seiner Atom-Unterseeboote verloren gegangen, aufgrund von Täuschung und Betrug, wie Mancuso urteilte, obwohl neutrale Beobachter wahrscheinlich geurteilt hätten, dass sich der Feind taktisch sehr clever und geschickt verhalten hatte.
Bisher waren ihm immer nur Position und Aktivitäten seiner Unterseeboot-Flottillen gemeldet worden, jetzt kamen auch die jeweiligen Berichte der Flugzeugträger, Zerstörer, Kreuzer und Versorgungsschiffe hinzu, auch die der Stützpunkte von Marines, Army und Air Force, die ihm als Oberkommandierendem am Einsatzort unterstellt waren. Dies bedeutete, dass sein allmorgendliches Aktenstudium bis zur dritten Tasse Kaffee dauerte, und als er die geleert hatte, blickte er
Weitere Kostenlose Bücher