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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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ein weißes Hemd und ein offenes dunkelgraues Sakko trug. Sein Schlips war in gedämpften Herbstfarben gehalten, er war einfach ein ganz anderer. Er hatte sich sogar das Petruskreuz aus dem Ohr genommen und durch einen winzigen Diamanten ersetzt.
    Der Abteilungsleiter kam mit rotem Gesicht atemlos ins Zimmer gestürzt.
    »Der Fahrstuhl geht nicht«, stöhnte er und fuhr sich mit den Händen über die Oberschenkel.
    Roy Hansen stand in der Tür, die Sekretärin des Polizeipräsidenten hatte sich freundlich seiner angenommen. Er ließ seinen Blick über die Versammelten wandern, und das Händeschütteln wurde im Gewirr der Stühle so lang und kompliziert, daß Billy T. sich vorsichtshalber an dieser peinlichen Runde nicht beteiligte. Er setzte sich, nickte dem Witwer zu und fragte auch nicht, wo Per Volter bleibe.
    Der kam fünf Minuten zu spät. Seine Kleidung sah aus, als habe er darin geschlafen. Was vermutlich auch der Fall war; der Gestank von altem Schweiß vermischte sich mit einer unverkennbaren Alkoholfahne, die versuchsweise mit Pfefferminzzahnpasta übertönt worden war. Sein Blick flackerte, und er hob die Hand zu einem kollektiven Gruß, statt die Hände zu schütteln, die ihm zögernd hingestreckt wurden. Seinen Vater würdigte er keines Blickes.
    »Ich komme zu spät«, murmelte er und ließ sich in einen Stuhl fallen, demonstrativ und mit dem Rücken zu seinem Vater. »Tut mir leid.«
    Der Polizeipräsident erhob sich, ohne so recht zu wissen, was er sagen sollte. Zu einer Besprechung über die genauen Umstände des Mordes an einer Ehefrau und Mutter konnte er ja nicht gut willkommen heißen. Er starrte Roy Hansen an, dessen Blick seinerseits am Rücken seines Sohnes klebte; es war ein dermaßen nackter und verzweifelter Blick, daß der Polizeipräsident sofort den Mut verlor und am liebsten die ganze Unterredung abgesagt hätte.
    »Die Besprechung wird sicher ziemlich unangenehm«, sagte er dann endlich. »Was ich zutiefst bedauere. Aber ich – und meine Mitarbeiter – gehen davon aus, daß Sie lieber aus erster Hand über den Stand unserer Ermittlungen informiert werden möchten.«
    »Wir wissen ja wohl noch weniger als die unten auf der Straße«, fiel Per Volter ihm laut ins Wort.
    »Wie bitte?«
    Der Polizeipräsident faßte sich an die Schulter und starrte den Jungen an.
    »Unten auf der Straße?«
    »Ja, die Journalisten. Das war der reine Spießrutenlauf für mich. Meinen Sie vielleicht, ich laß mich im Moment besonders gern fotografieren?«
    Der Polizeipräsident musterte einen Punkt vor seinen Schuhspitzen und schluckte einige Male.
    »Ich kann das alles nur bedauern. Es sollte niemand von unserem Termin erfahren. Tut mir leid.«
    »Ewig tut irgendwem irgendwas leid!«
    Per Volter schob seinen Stuhl zurück und hing wie ein trotziger Halbwüchsiger mit dem Hintern auf der äußersten Kante, während seine Schultern die Rückenlehne berührten und seine Beine ins Zimmer hineinragten. Er hieb mit der Faust gegen die Wand. Dann schlug er die Hände vors Gesicht.
    Roy Hansen räusperte sich. Jetzt war er graubleich, und seine Augen wirkten bedrohlich feucht. Die anderen Männer im Zimmer saßen mucksmäuschenstill da, nur Billy T. wagte es, Vater und Sohn anzusehen.
    »Per«, sagte Roy Hansen leise. »Du kannst doch …«
    »Quatsch mich nicht an«, brüllte Per Volter. »Hab ich dir das nicht gesagt? Hab ich nicht gesagt, daß ich nie wieder mit dir reden will?«
    Wieder schlug er die Hände vors Gesicht.
    Der Überwachungschef war knallrot angelaufen. Er machte sich an einer Zigarette zu schaffen, schaffte es jedoch nicht, sie anzuzünden, und starrte auf sein eines Knie. Der Abteilungsleiter hatte den Mund aufgerissen, ohne das selbst zu bemerken, erst als ein Speicheltropfen aus seinem Mundwinkel lief, klappte er den Mund wieder zu und wischte sich schnell mit dem Ärmel über das Kinn.
    Der Polizeipräsident schaute nachdenklich aus dem Fenster und schien nach einem möglichen Fluchtweg zu suchen.
    »Per Volter!«
    Das war Billy T.s Stimme. Tief und eindringlich.
    »Schauen Sie mich an!«
    Der Junge auf der anderen Seite des Tisches wiegte sich jetzt nicht mehr hin und her, hatte aber noch immer die Hände vors Gesicht geschlagen.
    »Schauen Sie mich an!« brüllte Billy T. und schlug mit der Faust so heftig auf den Teakholztisch, daß die Fensterscheiben klirrten.
    Der Junge fuhr zusammen und ließ die Hände sinken.
    »Wir wissen, wie dreckig es Ihnen geht. Alle hier in diesem

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