Im Zeichen des Zorro
ihn vielleicht auch ein wenig mögen.
Und der Mann in ihm kann schließlich auch noch erwachen. Mir war,
als hätte ich ihn heute Abend schon einmal aufblitzen sehen, als wäre
er eifersüchtig gewesen wegen des Hauptmanns. Wenn du ihn eifersüchtig
machen kannst …«
Senorita Lolita brach in Tränen
aus, doch das stürmische Schluchzen ebbte schon bald ab und sie
trocknete die Augen.
»Ich — ich werde
mein Bestes versuchen, ihn zu mögen«, sagte sie. »Aber
ich kann mich einfach nicht dazu durchringen zu versprechen, seine Frau zu
werden, noch nicht.«
Sie eilte wieder zurück
in ihr Zimmer und rief nach der Indianerin, die ihr als Zofe diente. Bald
schon lag das Haus im Dunkel, wie auch alles Land darum herum, nur unten
bei den Adobehütten brannten noch Feuer, an denen die Indianer sich
wilde Geschichten von den Vorfällen der Nacht erzählten, und ein
jeder versuchte, seine Lüge zur größten zu machen. Aus der
Kammer von Don Carlos Pulido und seiner Frau drang ein sanftes Schnarchen.
Doch Senorita Lolita schlief
nicht. Sie hielt das Gesicht in eine Hand gestützt, schaute durch ein
Fenster auf die entfernten Feuer, und ihr Kopf war voller Gedanken an
Senor Zorro.
Sie erinnerte sich an die
Eleganz, mit der er sich verbeugte, an die Musik seiner tiefen Stimme,
daran, wie sie seine Lippen auf ihrer Hand gespürte hatte.
»Ich wünschte, er
wäre kein Bandit.« Sie seufzte. »Wie eine Frau einen
solchen Mann doch lieben könnte!«
12
EIN BESUCH
Kurz nach Sonnenaufgang des
folgenden Tages herrschte auf der Plaza von Reina de los Angeles
erheblicher Aufruhr. Sargento Pedro Gonzales war mit zwanzig Männern
dort, die meisten von ihnen in der örtlichen Garnison stationiert,
und sie bereiteten sich auf die Jagd nach Senor Zorro vor.
Die Stimme des dicken
Feldwebels dröhnte über den Lärm hinweg, als die Männer
Sättel justierten, Zaumzeug inspizierten und ihre Wasserflaschen und
kargen Vorräte kontrollierten. Sargento Gonzales nämlich hatte
angeordnet, dass sein Trupp mit leichtem Gepäck auszuziehen und so
weit als möglich von dem zu leben habe, was das Land hergäbe. Er
hatte den Befehl seines Hauptmanns ernstgenommen. Er verfolgte Senor Zorro
und hatte nicht vor zurückzukehren, bevor er ihn nicht gefasst hätte
— oder aber in dem Versuch, ihn zu verhaften, umgekommen wäre.
»Ich werde ihm das Fell
abziehen und es an das Garnisonstor nageln, mi amigo«, erklärte
er dem Wirt. »Dann schnappe ich mir die Belohnung des Gouverneurs
und zahle meine Zeche bei dir.«
»Geben die Heiligen,
dass Ihr recht habt«, sagte der Wirt.
»Womit, Narr? Dass ich
dich bezahlen werde? Hast du vielleicht Angst, dass dir ein paar läppische
Münzen durch die Lappen gehen?«
»Ich wollte sagen, ich
bete darum, dass Euer Versuch, den Mann zu ergreifen, von Erfolg gekrönt
sein möge«, log der Wirt schlagfertig.
Capitán Ramón
war nicht aufgestanden, um der Abreise beizuwohnen, da ihn wegen seiner
Verwundung ein leichtes Fieber befallen hatte, aber die Bewohner des Ortes
drängten sich um Sargento Gonzales und seine Männer. Sie bestürmten
sie mit einer Vielzahl von Fragen, und der Feldwebel sah sich im
Mittelpunkt des Interesses.
»Der Fluch von
Capistrano wird schon sehr bald gebannt sein!«, prahlte er lauthals.
»Pedro Gonzales ist ihm auf den Fersen! Ha! Wenn ich dem Kerl erst
Auge in Auge gegenüberstehe —«
In diesem Moment öffnete
sich die Eingangstür von Don Diego Vegas Haus und der junge Herr
selbst kam zum Vorschein, was die örtliche Bevölkerung ein wenig
erstaunte, da es noch so früh am Morgen war. Sargento Gonzales ließ
ein Bündel, mit dem er gerade beschäftigt war, fallen, stemmte
die Hände in die Hüften und betrachtete den Freund mit plötzlicher
Neugier.
»Ihr habt nicht
geschlafen«, rief er.
»Gewiss habe ich das!«,
verteidigte sich Don Diego.
»Und seid schon so früh
wieder auf den Beinen? Wenn mir das mal nicht eine geheimnisvolle Teufelei
ist, die nach einer Erklärung förmlich schreit.«
»Ihr macht genug Lärm,
um die Toten aufzuwecken«, sagte Don Diego.
»Das ließ sich
kaum vermeiden, caballero, wir handeln nämlich auf Befehl.«
»Und wäre es denn
nicht möglich gewesen, die Vorbereitungen in der Garnison zu treffen,
anstatt hier auf der Plaza? Oder wart Ihr vielleicht der Ansicht, dort würden
Euch nicht genügend Leute
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