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Im Zeichen des Zorro

Im Zeichen des Zorro

Titel: Im Zeichen des Zorro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johnston McCulley
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entblößtem Rücken aufspritzen.
    Er wandte das Gesicht ab,
     denn er konnte den Anblick nicht ertragen. Aber daran, wie die Peitsche
     die Luft durchschnitt, konnte er die Zahl der Hiebe erkennen, und er
     wusste, dass dem stolzen alten Fray Felipe nicht der geringste
     Schmerzenslaut über die Lippen käme, ja dass er ohne zu schreien
     sterben würde.
    Er hörte die Indianer
     lachen und drehte sich wieder um, um festzustellen, dass der Vollzug der
     Strafe beendet war.
    »Die Summe muss binnen
     zwei Tagen zurückerstattet sein, andernfalls erhältst du weitere
     fünfzehn Hiebe«, erklärte der magistrado.
    Fray Felipe wurde losgebunden
     und er fiel am Pfahl zu Boden. Die Menge zerstreute sich langsam. Zwei
     frailes, die von San Gabriel her mitgekommen waren, halfen ihrem Bruder
     auf die Beine und führten ihn unter dem Gejohle der Indianer
     beiseite.
    Don Diego Vega kehrte in sein
     Haus zurück.
    »Schick Bernardo zu mir«,
     wies er den despensero an.
    Der Hausverwalter biss sich
     auf die Lippen, um sich das Grinsen zu verkneifen, und tat wie ihm geheißen.
     Bernardo war ein taubstummer Indianerdiener, dem Don Diego eine besondere
     Aufgabe zugewiesen hatte. Keine Minute später betrat er den Salon und
     verbeugte sich vor seinem Herrn.
    »Bernardo, du bist ein
     Juwel«, sagte Don Diego. »Du kannst weder hören noch
     sprechen, kannst nicht schreiben und lesen und hast nicht Verstand genug,
     deine Wünsche durch Zeichensprache zu äußern. Du bist der
     einzige Mensch auf der Welt, zu dem ich sprechen kann, ohne dass mir bei
     der Antwort die Ohren abfallen. Von dir kommt nicht alle naselang ein Ha!
     nach dem anderen.«
    Bernardo wackelte mit dem
     Kopf, als habe er verstanden. So tat er es jedes Mal, wenn Don Diegos
     Lippen aufhörten, sich zu bewegen.
    »In stürmischen
     Zeiten leben wir, Bernardo«, fuhr Don Diego fort. »Man findet
     einfach keinen Ort zur Muße und Kontemplation mehr. Sogar vorgestern
     Nacht, als ich bei Fray Felipe war, pochte ein fetter Feldwebel an die Tür.
     Als zart fühlender Mensch hat man es wahrlich nicht leicht. Und dass
     sie den armen, alten Fray Felipe ausgepeitscht haben … Wir wollen
     nur hoffen, Bernardo, dass dieser Senor Zorro, der all jene bestraft, die
     Unrecht tun, von dieser Sache erfährt und zur Tat schreitet.«
    Wieder wackelte Bernardo mit
     dem Kopf.
    »Was mich allerdings
     angeht, ich sitze ganz schön in der Patsche«, fuhr Don Diego
     fort. »Mein Vater trug mir auf, auf Brautschau zu gehen, aber die
     Senorita, auf die meine Wahl fiel, will nichts von mir wissen. Nicht mehr
     lang, und mein Vater wird mir die Ohren langziehen. Bernardo, es ist an
     der Zeit, dass ich Reina de los Angeles für ein paar Tage verlasse.
     Ich werde meines Vaters Hacienda besuchen, ihm beichten, dass ich noch
     keine Braut habe, und ihn um ein wenig Geduld bitten. Und dort, inmitten
     der Hügel, die sich hinter seinem Haus in weiten Wellen dahinziehen,
     will ich hoffen, es wird mir vergönnt sein, einen Ort zu finden, an
     dem ich einen vollen Tag lang Ruhe finden und den Rat der Poeten suchen
     kann, ohne von Straßenräubern und Feldwebeln und ungerechten
     magistrados belästigt zu werden. Und du, Bernardo, wirst mich natürlich
     begleiten. Mit dir kann ich reden, ohne dass du mir die Worte im Mund
     herumdrehst.«
    Bernardo wackelte wieder mit
     dem Kopf. Er ahnte, was folgen würde. Don Diego hatte die Gewohnheit,
     lange Zeit auf diese Weise mit ihm zu sprechen, und jedes Mal schloss sich
     eine Reise daran an. Das gefiel Bernardo, denn er verehrte Don Diego, und
     er besuchte gerne die Hacienda von Don Diegos Vater, auf der man ihn immer
     mit Güte behandelte.
    Der despensero hatte im
     Nebenzimmer gelauscht und alles mitangehört, und so gab er jetzt
     Befehl, Don Diegos Pferd zu satteln, er selbst machte dem Herrn des Hauses
     eine Flasche mit Wein und Wasser fertig.
    Binnen Kurzem machte Don
     Diego sich, gefolgt von Bernardo, der auf einem Maultier wenig hinter ihm
     ritt, auf den Weg. Sie ritten über die Landstraße und holten
     schon bald eine kleine carreta ein, die von zwei Franziskanern zu Fuß
     flankiert wurde und in deren Innerem Fray Felipe saß und versuchte,
     nicht vor Schmerz zu wimmern.
    Als sie anhielt, stieg Don
     Diego neben der carreta ab. Er trat näher und umfasste Fray Felipes Hände
     mit den seinen.
    »Mein armer Freund«,
     sagte er.
    »Es ist nicht mehr als
     eine weitere Ungerechtigkeit«, erwiderte Fray Felipe.

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