Im Zeichen des Zorro
»Seit
zwanzig Jahren müssen wir Missionsangehörigen das nun schon
erdulden, und es wird immer schlimmer. Der heilige Junipero Serra hat
seinen Fuß in dieses Land gesetzt, als andere das nicht wagten, und
bei San Diego de Alcalá errichtete er die erste Missionsstation,
der eine ganze Kette folgen sollte, und auf diese Weise schenkte er der
Welt ein Imperium. Der Erfolg war unser Fehler. Wir verrichteten die
Arbeit, andere aber ernten die Früchte.«
Don Diego nickte, und sein
Gegenüber fuhr fort: »Sie fingen an, uns die Ländereien
der Missionen wegzunehmen, Land, das wir bestellt haben, Land, das Wüste
war und das meine Brüder in blühende Landschaften und Gärten
verwandelt haben. Sie beraubten uns unserer weltlichen Güter. Und
damit nicht zufrieden, verfolgen sie uns nun auch noch. Das Reich der
Missionen ist dem Untergang geweiht, caballero. Die Zeit ist nicht mehr
fern, da die Dächer der Missionsstationen einstürzen und die Wände
bröckeln werden. Eines Tages werden die Menschen vor den Ruinen
stehen und sich fragen, wie so etwas geschehen konnte. Aber uns bleibt
nichts, als das zu erdulden. Das ist eine unserer Ordensregeln. Als ich
auf der Plaza von Reina de los Angeles die Peitsche nahm und einen der Männer
schlug, vergaß ich mich einen Moment lang. Es ist unser Schicksal,
Leid zu erdulden.«
»Manchmal«, sann
Don Diego, »wünschte ich, ich wäre ein Mann der Tat.«
»Ihr gebt Mitleid, mein
Freund, und das ist Euer Gewicht in Edelsteinen wert. Und fehlgeleitete
Taten sind schlimmer als gar keine. Wohin reitet Ihr?«
»Zur Hacienda meines
Vaters, mi amigo. Ich muss ihn um Vergebung und Geduld bitten. Er hat mir
aufgetragen, eine Braut zu suchen, aber das erweist sich als keine leichte
Aufgabe.«
»Für einen Vega
sollte das nicht schwer sein. Jedes Mädchen wäre stolz, diesen
Namen zu führen.«
»Ich hatte gehofft,
Senorita Lolita Pulido zu heiraten, in sie nämlich habe ich mich
verliebt.«
»Eine würdige
Senorita! Auch ihr Vater sah sich ungerechter Verfolgung ausgesetzt. Wenn
seine Familie mit der euren vereint ist, wird niemand es mehr wagen, die
Hand gegen ihn zu erheben.«
»Das ist alles recht
und schön, fray, und selbstverständlich die reine Wahrheit. Aber
die Senorita will nichts von mir wissen«, klagte Don Diego sein
Leid. »Es scheint, ich bin zu wenig männlich und verwegen.«
»Womöglich ist sie
ein bisschen wählerisch. Oder aber sie spielt nur die Kokette, in der
Hoffnung, Euch anzustacheln, Euer Blut in Wallung zu bringen. Die Mädchen
lieben es, die Männer zu quälen. Das ist ihr Vorrecht.«
»Ich ließ sie in
mein Haus im Ort blicken, erwähnte meinen großen Reichtum, erklärte
mich bereit, ihr eine neue Kutsche zu kaufen«, berichtete Don Diego.
»Ließt Ihr sie in
Euer Herz blicken, erwähntet Ihr Eure Liebe, erklärtet Ihr Euch
bereit, ihr ein vollkommener Gatte zu sein?«
Don Diego blickte ihn verständnislos
an, dann zwinkerte er hektisch und kratzte sich am Kinn, wie er es oft
tat, wenn ihn etwas verblüffte.
»Was für eine
vollkommen idiotische Idee!«, rief er nach einer Weile aus.
»Probiert es aus,
caballero. Es könnte zu ganz außerordentlichen Ergebnissen führen.«
22
SCHNELLE REUE
Die Mönche zogen den
Karren wieder an, Fray Felipe hob segnend die Hand, und Don Diego Vega bog
in den anderen Weg ein, dicht gefolgt vom taubstummen Bernardo auf dem
Maultier.
Unten im Ort stand in der
Taverne der Talg- und Lederhändler im Mittelpunkt des Interesses. Der
dicke Wirt war unermüdlich damit beschäftigt, seinen Gast mit
Wein zu versorgen, denn der Händler war dabei, einen Teil der Summe,
um die er Fray Felipe betrogen hatte, zu verprassen. Der magistrado
verprasste den Rest.
Die ganze Wirtsstube dröhnte
vor Lachen, als einer erzählte, wie der ausgepeitschte Fray Felipe
herumgelegen war und wie das Blut aus seinem alten Rücken spritzte,
als die Peitsche niederfuhr.
»Aber nicht einen
einzigen Mucks hat er gemacht!«, brüllte der Talg- und Lederhändler.
»Er ist schon ein mutiger alter Kojote! Aber letzten Monat erst, da
haben wir in San Fernando einen ausgepeitscht, der hat lauthals um Gnade
gewinselt, allerdings haben ein paar Leute gemeint, er wäre krank und
schwach gewesen, und vielleicht stimmt das ja sogar. Schon ein zäher
Haufen, diese frailes. Aber es gibt nichts Schöneres, als
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