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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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deine Mutter liebt dich. Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.« Sie hatte zwar eine seltsame Art, es zu zeigen, aber trotzdem.
    »Sie ist nicht einmal zu meiner Geburtstagsfeier gekommen. Sie hat gesagt, sie könnte sich das Flugticket nicht leisten, also habe ich ihr Geld geschickt, aber sie ist trotzdem nicht gekommen.«
    »Ich weiß, Schatz. Es tut mir so leid.«
    Annie Laurie hatte die Arme um Cassandras Taille gelegt und weinte wieder. »Wieso will mich meine Mutter nicht?«, flüsterte sie, als sie Atem schöpfte.
    Cassandras Brust wurde so eng, dass sie kaum noch Luft bekam. »Ach, Liebes«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass sie dich nicht will.«
    »Sie kommt mich nie besuchen, nie ruft sie an oder schreibt mir. Mütter müssen sich doch um ihre Kinder kümmern.«
    »Ja, Süße, das stimmt, aber ich glaube … na ja, wir können nicht immer wissen oder verstehen, wieso sich manche Leute so verhalten, wie sie es tun. Kann sein, dass du es nie erfahren wirst oder erst wenn du einmal erwachsen bist, wenn du sie treffen und es herausfinden kannst. Aber für den Augenblick sollst du eines nicht vergessen, okay?« Sie tätschelte Annie Lauries Kopf und zog sie an einem ihrer Zöpfe.
    Sie spürte, wie Annie Laurie nickte. »Du bist nicht der Grund, weshalb deine Mutter fortgegangen ist, und es ist auch nicht deine Schuld, dass sie nicht kommt. Es liegt nicht an dir. Sondern es hat nur etwas mit ihr zu tun. Du hast nichts falsch gemacht. Schatz, du verdienst eine Mutter, die dich liebt
und sich um dich kümmert, aber manchmal funktionieren die Dinge eben nicht so, wie sie sollten. Was du nicht vergessen darfst, alle anderen Menschen lieben dich und du liegst ihnen am Herzen. Dein Daddy, deine Großmutter, May und Walton, Chester, Skeeter, Harry Jack, all deine Tanten, Onkel und Cousins und Cousinen, deine Freundin Elizabeth und ich.«
    Es war stockdunkel um sie, doch das Zirpen der Grillen und Zikaden war so tröstlich, dass sie sich nicht fürchtete. Der Duft der Wildzwiebeln erinnerte sie an zu Hause, und sie spürte in sich eine höchst eigentümliche Mischung aus Frieden und Sehnsucht.
    »Ich will dir noch was sagen«, fuhr Cassandra schließlich fort. »Etwas, was ich auch erst weiß, seit ich Nichten und Neffen habe. Man begreift erst, wie sehr man als Kind geliebt wurde, wenn man auf der anderen Seite steht. Du ahnst nicht, wie groß diese Liebe ist, Schatz, wie viel davon vorhanden ist. Ich wünschte so sehr, du wüsstest es, Annie Laurie, aber ich sage dir - ich sehe es jeden Tag. Ich sehe es, wenn May ›Morgen, Goldstück‹ sagt und dir zum Frühstück macht, was du haben willst. Ich höre es, wenn Walton Amapola summt, während ihr Checkers spielt, wenn Doris dich ermahnt, dich mit Sonnencreme einzuschmieren und nicht zu weit vom Haus wegzugehen. Und wenn Harry Jack ›Komm, setz dich eine Weile zu mir, Kupferköpfchen‹ zu dir sagt. Chester hat immer Cheerwine-Limonade auf Lager, nur weil du sie so gern trinkst, sonst aber keiner. Und Skeeter lässt dich beim Rummikub gewinnen und spießt beim Angeln deinen Köder auf. Keine Widerrede, ich habe es selbst gesehen. Und dein Daddy, wenn er sagt, du sollst dich nicht zu weit über die Reling beugen, wenn er dich ›Sonnenschein‹ nennt oder versucht, deine Sommersprossen zu zählen. Alles das, Annie Laurie, ist wie die Spitze des Eisbergs. Man kann es vielleicht nicht sehen, aber darunter befinden sich all die kleinen Dinge, die in Wahrheit riesige Berge von Liebe sind.«

    Annie Laurie kicherte. »Berge der Liebe.«
    Na also, dachte Cassandra. Kichern ist ein gutes Zeichen. »Ich weiß, dass das sülzig klingt, aber es ist wahr.«
    Annie Laurie setzte sich auf und lehnte sich wieder gegen den Grabstein. »Hattest du eine nette Mutter?«
    Cassandra dachte darüber nach. Obwohl sie niemals irgendwo hingegangen war, hatte es Zeiten gegeben, in denen ihre Mutter ebenso weit fort gewesen war wie die von Annie Laurie. Aber es hatte auch andere Zeiten gegeben, mehr gute als schlechte. Und selbst jetzt war sie immer da, wenn Cassandra sie brauchte, diese Stimme in ihrem Kopf, die ihr sagte, was sie tun sollte. Und genauso wie damals, als ihre Mutter noch gelebt hatte, hörte Cassandra manchmal darauf und manchmal nicht. Sie lächelte über Annie Lauries Kopf hinweg und sah zu den Sternen hinauf. Der große, helle direkt über ihr, das musste sie sein. Marvelle Moon, die noch immer über sie wachte. »Ja«, sagte sie schließlich.

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