In den Armen des Feindes
ihre innere Stimme hören sollen, die ihr schon in dem Augenblick, in dem Gregory sie dort im Wald am Rande des Weizenfelds küsste, gesagt hatte, dass mit ihrem Jugendfreund etwas nicht stimmte. Sie hatte diese Warnung ignoriert und blind an einer Treue festgehalten, die völlig unangebracht gewesen war. "Dieser junge Mann könnte noch am Leben sein, wenn ich heute nicht fortgelaufen wäre."
"Wenigstens stimmen wir darin überein." Er griff nach ihrer Hand. "Euer Platz ist auf Beaumont, wo Ihr sicher seid. Ihr hättet die Burg gar nicht erst verlassen dürfen. Mir ist es ausnehmend wichtig, dass Ihr mir Euer Wort drauf gebt, nicht noch einmal die Flucht zu wagen."
"Wie kann ich Euch solch ein Versprechen geben, wo ich nicht weiß, was die Zukunft bringen wird?" Rosalind starrte in die Flammen und sehnte sich nach den klaren Vorstellungen, die sie in ihrer Jugend besessen hatte, den Überzeugungen, die sie für unerschütterlich gehalten hatte. Nun wusste sie nicht, wem sie noch trauen konnte. "Ich schwöre Euch, nie mehr freiwillig mit Gregory zu gehen. Doch wie kann ich Euch zusagen, auf Beaumont zu bleiben, wenn Euer König vielleicht beschließt, mich von dort zu verjagen? Und was Euch betrifft, so werdet Ihr andere Kriege zu gewinnen und andere Burgen zu erobern haben. Was kümmert es Euch noch, ob ich auf Beaumont bleibe, wenn Ihr schon lange fort seid und ich unter der Herrschaft irgendeines schottischen Herrn lebe, den Euer König auf meine Burg eingeladen hat?"
Malcolm hörte sich alles in Ruhe an und wünschte sich, er könnte ihre Ängste genauso leicht beruhigen, wie er Kriegsmanöver durchführte. Halb fürchtete er sich selbst vor den Plänen, die sein König mit Beaumont hatte. Je mehr er sich zu Rosalind hingezogen fühlte, desto größer wurde seine Sorge um sie. Wenn Robert the Bruce ihm Beaumont nicht geben wollte, konnte er sich eine andere Burg erobern, doch was würde aus Rosalind, wenn er nicht mehr da war?
Der Gedanke, dieses starrköpfige Mädchen sich selbst überlassen zu müssen, erschreckte ihn mehr, als es das Schwert irgendeines Feindes getan hätte. Ihre Jugend und ihre Leidenschaft waren Stärken, mit denen man rechnen musste, aber zum Teufel, sie hatte nicht die Lebenserfahrung, die sie die Vorsicht lehren würde. Oder die Geduld.
"Ihr sagtet, Ihr würdet nicht noch einmal mit diesem milchgesichtigen Lümmel davonlaufen." Der Teufel sollte ihn holen! "Hat er Euch wehgetan?"
Wenn der Schuft sie verletzt hatte, würde Malcolm ihm persönlich den Hals umdrehen, sobald Rosalinds sanfter Blick nicht länger über ihn wachte.
"Nein." Der Blick ihrer grauen Augen umwölkte sich. "Er schlug mich nicht. Aber ich entdeckte eine ganz neue Seite an ihm, die mich entsetzlich traurig machte."
"Das tut mir Leid." Er wusste, dass seine Worte völlig unzulänglich waren für das, was immer auch zwischen den beiden geschehen war. Malcolm hatte sich selbst nie für einen Menschen gehalten, der genau wusste, was in anderen vor sich ging, doch er kannte Rosalind bereits gut genug, um den Schmerz in ihren Augen zu erkennen. "Er ist kein guter Mann."
Malcolm wünschte sich, er könnte zu sich selbst sagen, dass er anders war als Evandale. Immerhin hatte er Rosalind lang genug fortziehen lassen, damit sie herausfand, was sie wirklich wollte. Allerdings fürchtete er nun, dass er diese Nacht nicht durchstehen würde, ohne sie noch einmal anzufassen.
Die kleinen Kratzer auf ihren Wangen schienen nach seinen Fingern zu rufen, als würden sie seine Hilfe benötigen, um ihr Brennen zu mildern. Er spürte, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als mit dem Daumen über die flammend roten Schrammen zu streichen.
"Wie ist das passiert?" In ihm stieg der heiße Wunsch auf, dem Mann etwas anzutun, der ihr Leid zugefügt hatte.
"Als wir Beaumont verließen, ritten wir sehr schnell durch die Wälder." Sie schloss die Augen, während Malcolms Hand von der Wange fort und über ihr Haar strich. "Ich fürchte, wir streiften einige Zweige."
"Er ist ein rücksichtsloser Idiot." Malcolm richtete sich auf und zog sie an sich.
Willig kam sie zu ihm, doch er versuchte nicht, sie zu küssen. Eigentlich wollte er ihr nur Trost bieten und sie beruhigen. Zumindest redete er sich das ein. Er selbst fühlte sich alles andere als ruhig, da der Rosenduft ihres Haares und der sanfte Seufzer, der über ihre Lippen kam, ihn an all die anderen Arten einer Umarmung denken ließen. Lieber hätte er sie in solch einer Umarmung
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