In den Armen des Schotten
dunklen, eisigen See gestiegen, um den wasserdichten Beutel herauszuholen, schnell wieder herauszukrabbeln und sich wieder anzuziehen.
Sie hätte ihn heute Morgen wirklich nicht aufziehen sollen.
Es gab noch andere Spuren, die ins Loch und wieder hinausführten. Megan ging zu ihnen hin, wobei sie einen großen Bogen um die Felskante machte. Neben einem halb verspeisten Fisch blieb sie stehen. Also hatte sie tatsächlich Recht gehabt: irgendein … Wesen hatte hier gefischt. Und es war schwer gewesen. Die Abdrücke im Schnee waren tief, zwei bis zweieinhalb Meter lang und ungefähr einen Meter breit, und wenn sie nicht alles täuschte, dann sahen ein paar der Abdrücke aus, als würden sie von einem Schwanz stammen. Sie hockte sich hin und berührte den Schnee an einer Stelle, wo ein Flügel über ihn hinweggestrichen zu sein schien. Dann kam sie wieder hoch und folgte der Spur, die vom Loch wegführte.
»Komm her!«, brüllte Jack.
Sie drehte sich um und sah, dass er auf halbem Weg hin zum Schlitten mit den Armen voll Kiefernzweigen von ihrem Nachtlager stehen geblieben war. Hatte er ihr etwa gerade einen Befehl erteilt?
»Wie bitte?«, rief sie zurück.
»Ich kann es jetzt nicht gebrauchen, dass du spazieren gehst und dich verläufst. Komm her, und hilf mir!«
Sie stemmte die Hände in die Hüften. Plötzlich war sie regelrecht froh, ihn heute Morgen geärgert zu haben. »Ich verlaufe mich nie!«, brüllte sie. »Und es gefällt mir nicht besonders, wenn man mir Befehle zuschreit.«
Er ließ die Kiefernzweige fallen. »Na gut«, sagte er, und seine Stimme wurde gefährlich leise – genau wie es bei ihrem Vater der Fall war, wenn er mit seiner Geduld fast am Ende war. Egal wie leise ihr Vater sprach, in seiner Stimme lag irgendwie eine übertriebene Distanz, genau wie bei Jack jetzt. »Würdest du bitte herkommen und mir dabei helfen, den Schlitten frei zu bekommen?«
Megan musterte die Spuren, die auf den See hinausführten, tat einen tiefen Seufzer und stapfte wieder zum Schneemobil zurück. Er war wütend wegen des Schlittens, nicht ihretwegen, und jetzt war nicht der Moment, um es auf die Spitze zu treiben. Davon abgesehen war es auch in ihrem Sinne, den Schlitten wieder frei zu bekommen, denn je früher sie nach Hause kamen, desto eher konnte sie mit Kenzie über das Wesen sprechen, das sie gesehen hatte.
Doch irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft würde sie herausfinden müssen, was passierte, wenn ein Pazifist voller Selbstbeherrschung explodierte. Er konnte es gern bis in alle Ewigkeit leugnen, aber Jack Stone war ein Krieger, und wenn Krieger explodierten … Deshalb fand eine kluge Frau besser heraus, was passierte, wenn sie zu weit ging, ehe sie einen Krieger heiratete.
»Haben wir etwas, womit wir das Eis aufmeißeln können?«, fragte sie. Sie hielt es für besser, die Spannungen etwas zu lockern, indem sie Kooperationsbereitschaft zeigte.
Gütiger Himmel, sie verwandelte sich gerade in ihre Mutter!
Er zog seine Jacke aus, krempelte die Ärmel hoch – obwohl es wahrscheinlich an die zehn Grad minus waren – und zog dann ein kleines Beil aus dem Gürtel. Er ließ sich auf die Knie sinken und begann, das Eis entlang der Trittbretter zu zerschlagen.
»Sehr schön. Haben wir noch ein Beil, das ich benutzen kann? War da nicht eins in deiner Satteltasche und eins im wasserdichten Beutel?«
»Ich hacke, du hältst nach Flugzeugen Ausschau.«
Unglaublich. Ein ganzer Satz. Seufzend ließ sie sich auf die Kiefernzweige fallen. Da ihm der Sinn eher nach zuhören, denn nach reden zu stehen schien, beschloss Megan, das Thema anzuschneiden, wie sie überhaupt erst in diesen ganzen Schlamassel geraten waren.
»Äh … was wir da gestern Abend gesehen haben …«, begann sie vorsichtig.
Er hörte auf zu hacken.
»Ich denke, das sollten wir lieber für uns behalten«, meinte sie.
Er hockte immer noch auf den Knien, richtete aber den Oberkörper auf. »Warum?«
»Nun ja … erstens würde uns sowieso keiner glauben.«
»Und zweitens?«
»Wenn man uns glaubt, würde wahrscheinlich die ganze Stadt Angst bekommen. Und wenn Menschen Angst haben, tun sie manchmal dumme Sachen.«
»Was zum Beispiel?«
Megan seufzte. »Zum Beispiel könnten sie beschließen, es zu jagen und zu erlegen.«
»Es«, wiederholte er. »Was genau ist es, Megan?«
Sie zog die Schultern hoch. »Woher soll ich das wissen? Ich habe genau das Gleiche wie du gesehen, und ich schwöre dir, dass ich noch nie zuvor
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